Morgen-Kommentar: Osnabrück muss sich locker machen

Jede Krise produziert ihre eigenen Bilder. Lastwagen mit Leichen in New York und Bergamo, weinende Pflegekräfte, Balkonklatscher, Maskenträger, leere Tische und Stühle vor den Gaststätten – das sind ein paar der prägenden Eindrücke, die für die Corona-Zeit stehen.

Ein Kommentar von Wolfgang Niemeyer

Meine persönlichen Favoriten habe ich in Osnabrück ausgemacht: die Plexiglasscheibe vor dem Garten des Altenheims am Ledenhof, die es den Bewohnern ermöglichen soll, mit ihren Angehörigen in persönlichen Kontakt zu treten. Und den einsamen Wachmann im Eingangsbereich des E-Centers in Eversburg, der Tag für Tag neben einem Tisch mit Desinfektionsmittel steht, das aber so gut wie niemand benutzen will.

Jede Krise produziert ihre eigenen Gewinner und Verlierer. Profiteure mögen im Moment die Supermärkte sein, die Hersteller von Plexiglasscheiben und Schutzmasken. Bei der Produktion von Klopapier weisen die Zahlen schon wieder steil nach unten. Die Leidtragenden sind alle anderen, wirklich alle. Das werden wir in den nächsten Wochen und Monaten noch schmerzlich zu spüren bekommen. Deshalb wird es höchste Zeit für durchgreifende Lockerungen. Es reicht nicht mehr, die Öffnung von Spielplätzen als originäres Ergebnis einer Konferenz zwischen Ministerpräsidenten und Bundesregierung zu präsentieren. Und sich im Nachgang süffisant über die Frage zu streiten, ob die Deutschen dieses Jahr besser in Bayern oder in Norddeutschland Urlaub machen sollten. Jetzt sind konkrete Entscheidungen gefragt, die das Leben der Menschen wieder erleichtern und verbessern. Jetzt muss gehandelt werden, damit die oben erwähnten traurigen Bilder durch eine optimistische neue Grundstimmung abgelöst werden können.

Ich möchte in Osnabrück endlich mal wieder lachende Gesichter sehen, ich möchte mit meinen Freunden einen Kaffee oder ein Bier trinken, ohne ein Bußgeld zu riskieren. Oberbürgermeister Griesert und Landrätin Kebschull haben Stadt und Landkreis ordentlich durch die Krise geführt. Die Bürger sind ihnen gefolgt, haben über einen langen Zeitraum vorbildliche Disziplin bewiesen. Es ist an der Zeit, die ersten Schritte zurück zur Normalität zu gehen. Ob das eine neue Normalität sein wird vermag niemand vorauszusagen. Das wird die Zukunft zeigen. Frau Kebschull und Herr Griesert sollten den Bürgern aber unverzüglich die Möglichkeit geben, ihre Zukunft wieder in die eigenen Hände zu nehmen und eigenverantwortlich zu gestalten. Osnabrück muss sich locker machen. Am besten schon morgen!

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Wolfgang Niemeyer
Wolfgang Niemeyer
Wolfgang Niemeyer ist freier Autor der HASEPOST und ein Kenner der Hasestadt. Bei uns schreibt er ganz privat aber immer meinungsstark und gut für kontroverse Diskussionen. Musikalisch kennt man ihn (nicht nur) zwischen Rosenplatz und Westerberg als "der Niemeyer" von "Niemeyer & Konsorten".

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