Mösers Meinung: Über die Rücksichtslosigkeit der Osnabrücker Radfahrer

Unser wohl ältester Mitarbeiter meldet sich zurück! Unsere Leserinnen und Leser lieben ihn oder sie lehnen ihn und seine Ansichten oft auch vehement ab. Genau wie sein historisches Vorbild macht “unser Justus” aus seiner liberal-konservativen Weltanschauung keinen Hehl, und das schon seit mehr als 100(!) Kolumnen, die bereits seit 2015 exklusiv bei der HASEPOST erscheinen.

Guten Abend,

an schönen Sommertagen ist im Bereich der Osnabrücker Innenstadt eine vermehrte Aktivität von Fahrradfahrern zu verzeichnen. Zeitgleich machen sich dann auch viele Fußgänger auf den Weg dorthin, um ein wenig zu flanieren. Autofahrer spielen in der Innenstadt bis auf den Lieferverkehr kaum noch eine Rolle; zudem gibt es mit Ausnahme der teuren Parkhäuser keine Möglichkeit mehr, sein Auto irgendwo abzustellen. So bleiben die Radfahrer und die Fußgänger unter sich. Beim Aufeinandertreffen dieser beiden Gruppen lässt sich wunderbar beobachten, wie sich das Recht des Stärkeren durchsetzt. Zum Beispiel rund um die Gaststätte ‘Grüner Jäger’ und die angrenzende Katharinenkirche. Hier treffen die Fußgängerzonen Redlingerstraße, Osterberger Reihe, An der Katharinenkirche und Am Ledenhof aufeinander. Besonders am Wochenende bevölkern zahlreiche Familien und Besucher der ansässigen Außengastronomie das Areal. An Vielfalt und Aufenthaltsqualität ist dieser Bereich in Osnabrück einzigartig. Und er ist wie angemerkt vor geraumer Zeit zur Fußgängerzone deklariert worden. Auf Anweisung des städtischen Bauamtes werden Fahrräder geduldet, laut Straßenverkehrsordnung hat allerdings der Fußgängerverkehr absoluten Vorrang. An diese Regelung hält sich absolut kein Fahrradfahrer. Mit einer Rücksichtslosigkeit, die an vorsätzliche versuchte Körperverletzung grenzt, wird durch die Menschenmengen geprescht. Der ein oder andere Radfahrer nutzt dabei auch gerne mal die Fahrradklingel, um anzuzeigen: Platz da, hier komme ich! Fußgänger werden mit wenigen Zentimetern Abstand passiert, wenn sie es nicht schaffen, rechtzeitig einen gewissen Sicherheitsabstand zwischen sich und den vorbeirasenden Fahrrädern herzustellen. Wohl sei dem Fußgänger, der sich beim Aufenthalt in der Innenstadt dieser permanenten Gefahr bewusst ist und ihr vorbeugend ausweichen kann. Sonst wird es lebensgefährlich. Das Schöne daran: bei dem Versuch, besonders rücksichtslose Radfahrer zur Rede zu stellen, bekommt man unflätige Schimpfwörter an den Kopf geworfen oder wird im Extremfall auch gerne mal mit dem Einsatz körperlicher Gewalt bedroht.

Woher kommt diese Rücksichtslosigkeit der Osnabrücker Radfahrer? Woher nehmen sie die Arroganz und das Sendungsbewusstsein, die Interessen der Fußgänger geflissentlich zu ignorieren? Bei der Antwort auf diese Frage landet man unweigerlich bei der Lokalpolitik, namentlich bei der Ratsmehrheit aus Grünen und SPD, bei Stadtbaurat Frank Otte (dem Godfather der lokalen Fahrradaktivisten), aber leider auch bei der Opposition im Osnabrücker Stadtrat. Seit Jahren wird in Osnabrück eine ideologisch getriebene Verkehrspolitik durchgedrückt, die das Automobil verteufelt und das Fahrrad vergöttert. Viele Millionen Euros aus der chronisch klammen Stadtkasse wurden für diesen Wahn zum Fenster hinausgeworfen. Für die Vernichtung von Parkplätzen, für die Erstellung von Luxusradwegen, für völlig unsinnige Fahrradzählmaschinen, für einen aberwitzig teuren Radentscheid in Höhe von mehr als 100 Millionen Euro, der in vergleichbar großen Kommunen auf entschiedene Ablehnung gestoßen ist. Wahrscheinlich kann man den Radfahrern ihre Rücksichtslosigkeit im Straßenverkehr gar nicht übelnehmen. Wenn man solche hartgesottenen Ideologen wie den Osnabrücker Stadtbaurat an seiner Seite weiß, dann kann man schon mal übermütig werden. Einer selbsternannten Friedensstadt gereicht diese Entwicklung allerdings nicht zum Vorteil. Es wird höchste Zeit, daß die Lokalpolitik ihr Verhalten überdenkt und in diesem Bereich gegensteuert. Es wird höchste Zeit für die Wiederherstellung der Verkehrsgerechtigkeit. Für alle Verkehrsteilnehmer. Vielleicht lässt sich dann auch die Rücksichtslosigkeit der Fahrradfahrer ein wenig mindern. Zumindest den Fußgängern wäre das zu wünschen!

Ihr

Justus Möser

Ihr

Justus Möser

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Justus Möser
Justus Möser
Justus ist unser "ältester Mitarbeiter", seit 1720 wandelt er durch unsere Stadt - wobei er inzwischen eher "geistert". Sein Vertreter in der Gegenwart ist unser Autor Wolfgang Niemeyer, der sich in dieser Kolumne regelmäßig darüber Gedanken macht „was würde Möser dazu meinen“?

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