Mösers Meinung: Über die Unsichtbarkeit der Osnabrücker Sozialdemokratie

Unser wohl ältester Mitarbeiter meldet sich zurück! Unsere Leserinnen und Leser lieben ihn oder sie lehnen ihn und seine Ansichten oft auch vehement ab. Genau wie sein historisches Vorbild macht “unser Justus” aus seiner liberal-konservativen Weltanschauung keinen Hehl, und das schon seit mehr als 100(!) Kolumnen, die bereits seit 2015 exklusiv bei der HASEPOST erscheinen.

Guten Abend,

Verteidigungsminister Boris Pistorius nimmt im Beliebtheitsranking der Bundespolitiker regelmäßig den Spitzenplatz ein. Es ist noch gar nicht lange her, da war er Osnabrücker Oberbürgermeister. Und seine SPD teilte sich mit der CDU abwechselnd eine komfortable Mehrheit im Osnabrücker Stadtrat. Osnabrück war die selbsternannte ‘Stadt der goldenen Mitte’ und zu Beginn des neuen Jahrtausends sogar die Stadt mit den glücklichsten Bürgern in Deutschland. Diese Zeiten sind augenscheinlich vorbei. Die einst so stolze Osnabrücker Sozialdemokratie rutschte unter ihrem Spitzenkandidaten Frank Henning von knapp unter 35% der Wählerstimmen bei der Kommunalwahl 2006 auf nur noch 23% im Jahr 2021. Seitdem hat sich die SPD in unserer Stadt quasi unsichtbar gemacht. Spitzenkandidat Frank Henning konzentriert sich nach seiner schweren Niederlage bei der Oberbürgermeisterwahl auf seine Arbeit als Landtagsabgeordneter. Heiko Panzer und Susanne Hambürger dos Reis lenken nun die Geschicke der hiesigen SPD, die entgegen dem Niedersachsentrend in Osnabrück nur noch ein Anhängsel der Grünen zu sein scheint. Doch statt dem offensichtlichen Niedergang entgegenzusteuern wird nun erst recht auf eine gewisse Abgrenzung zu den Grünen verzichtet. Ganz im Gegenteil: ob es um die Zerstörung des Einzelhandels durch eine desaströse Verkehrspolitik geht, um die Eskapaden des Stadtbaurats Frank Otte z.B. bei der Reisebusaffäre am Flughafen Münster-Osnabrück, um den Abbau von Parkplätzen und damit die Absenkung der Wohn- und Lebensqualität in Osnabrück – die SPD trägt sämtliche Verrücktheiten ihres großen grünen Koalitionspartners mit und versucht sogar noch, die bürgerfeindlichen Maßnahmen der Ratsmehrheit zu verteidigen. Eigenes Profil? Fehlanzeige! Es scheint den sozialdemokratischen Ratsmitgliedern in Osnabrück lediglich um weitere Teilhabe an der Macht zu gehen. Die Einbringung von klassischen sozialdemokratischen Positionen in die Kommunalpolitik findet ehrlicherweise überhaupt nicht mehr statt, wahrscheinlich weil der grüne Partner im Rat im Bewusstsein seiner eigenen Stärke kaltlächelnd über diese hinweggehen würde. Statt sich um die Verbesserung der Lebensbedingungen der arbeitenden Bevölkerung zu kümmern, wird die Pagenstecherstraße mit legoartigen Betonpollern zugepflanzt, wird die Mobilität und damit auch ein Stück persönlicher Freiheit der Bürger immer weiter erschwert. Es werden Programme zur Lastenradförderung aufgelegt, der Neubau von Wohnungen und die Unterstützung von Selbständigen und Firmen hingegen sträflich vernachlässigt. Die SPD stimmt voller Inbrunst für einen Radentscheid, der auf rein ideologischen Annahmen basiert und die chronisch klamme Stadtkasse mit 100 Millionen Euro belasten soll. Sie verliert aber kein Wort über die vielen neuen Arbeitslosen, die als Folge der grün-roten Verbotspolitik vor den Trümmern ihrer Existenz und ihrer Lebensplanung stehen. Sie folgt mit Begeisterung den Grünen, die ihre zweifelhaften Kernthemen in Osnabrück ohne jeglichen Widerstand und mit viel Steuergeld (das im Grunde gar nicht vorhanden ist) verwirklichen dürfen. Die geplanten Maßnahmen können noch so unfundiert und infantil sein – die SPD schweigt und stimmt zu. Ich hoffe, daß diese unverantwortliche Haltung den Osnabrücker Sozialdemokraten bei der nächsten Kommunalwahl nicht vor die Füße fällt. Es wäre schade, wenn diese traditionsreiche Partei endgültig in der Versenkung verschwindet. Auch in Osnabrück brauchen wir eine starke Sozialdemokratie, die selbstbewusst und intelligent für die Interessen der Bürger kämpft. Von diesem Anspruch ist bei der SPD Osnabrück im Jahr 2023 kaum noch etwas zu spüren. Sie wird mit jedem Tag unsichtbarer und scheint es nicht einmal zu merken.

Ihr

Justus Möser

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Justus Möser
Justus Möser
Justus ist unser "ältester Mitarbeiter", seit 1720 wandelt er durch unsere Stadt - wobei er inzwischen eher "geistert". Sein Vertreter in der Gegenwart ist unser Autor Wolfgang Niemeyer, der sich in dieser Kolumne regelmäßig darüber Gedanken macht „was würde Möser dazu meinen“?

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