Mösers Meinung: Über die unendliche Traurigkeit der Osnabrücker Verkehrswende

Unser wohl ältester Mitarbeiter meldet sich zurück! Unsere Leserinnen und Leser lieben ihn oder sie lehnen ihn und seine Ansichten oft auch vehement ab. Genau wie sein historisches Vorbild macht “unser Justus” aus seiner liberal-konservativen Weltanschauung keinen Hehl, und das schon seit mehr als 100(!) Kolumnen, die bereits seit 2015 exklusiv bei der HASEPOST erscheinen.

Guten Abend,

ich würde an dieser Stelle gerne einen flammenden Appell an die Mitglieder des Osnabrücker Stadtrats richten: Bitte stimmen Sie bei der nächsten Ratssitzung nicht für die geplanten Kürzungen im öffentlichen Personennahverkehr. Bitte zeigen Sie Haltung und stellen Sie dem Vorstand der Stadtwerke keinen Freifahrtschein für finanzielle Mißwirtschaft und Blauäugigkeit aus. Bitte geben Sie den Bürgern dieser schönen Stadt nicht das Gefühl, daß wieder einmal der brave Steuerzahler für die Großmannssucht und das Geltungsbedürfnis von unfähigen Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes herhalten muß. Stimmen Sie gegen die Kürzungen und geben Sie damit den Osnabrücker Bürgern das gute Gefühl, daß sich der Stadtrat seiner Verantwortung für das Gemeinwohl bewusst ist. Solch einen flammenden Appell würde ich gerne an die Ratsmitglieder richten. Ich weiß allerdings, daß dieser Appell vergebliche Liebesmüh wäre. Denn die Ratsmehrheit aus Grünen und SPD hat wohl schon vorab entschieden, dem Wunsch des Stadtwerkevorstands nachzukommen und den ÖPNV in Osnabrück einem weiteren Kahlschlag zu unterziehen. Jene Grünen und Sozialdemokraten, die den Bürgern seit vielen Jahren die Mär von der unbedingt notwendigen Verkehrswende erzählen und doch immer wieder alles tun, um eine erfolgreiche Verkehrswende zu unterbinden. Denn eine der wichtigsten Maßnahmen hierfür wäre ein attraktiver und verlässlicher Busverkehr. Doch in den Führungsetagen von Rat und Verwaltung der Stadt Osnabrück setzt man ohne Rücksicht auf Verluste und gewappnet mit dem notwendigen ideologischen Rüstzeug, sprich der angeblich drohenden Klimakatastrophe, einseitig nur noch auf das Fahrrad.

Die Verkehrswende in Osnabrück ist nichts anderes als ein wirres Sammelsurium von unkoordinierten und wirkungslosen Maßnahmen, die vornehmlich den Bürger erziehen sollen und die Teilnahme am Straßenverkehr zwischen Nahne und Haste zu einem surrealen Alptraum machen. Das gilt für alle Verkehrsteilnehmer, für die Fahrradfahrer genauso wie für Autofahrer und Fußgänger. Wobei die Fußgänger das schwächste Glied in der Nahrungskette sind und bei allen großspurig verkündeten Zukunftsmaßnahmen keinerlei Beachtung finden. Ganz im Gegenteil wird ihnen der wenige Raum in der Innenstadt, der eigentlich als Fußgängerzone deklariert ist, permanent durch rücksichtslose Kampfradler streitig gemacht. Natürlich mit schützender Hand von Stadtbaurat und Verwaltung sowie grünroter Ratsmehrheit, die sich lieber dem Bau von kaum genutzten Fahrradparkhäusern widmen und die Fußgänger einfach ihrem Schicksal überlassen. Eine erfolgreiche Verkehrswende bedeutet nicht das inflationäre Aufstellen von Betonsteinen auf ehemaligen Autoparkplätzen. Es bedeutet auch nicht die völlige Toleranz gegenüber der aggressiven Inanspruchnahme von jedwedem öffentlichen Raum durch den Radverkehr. Auch nicht die kontinuierliche Reduzierung des ÖPNV. Aber die Entscheidungsträger in Rat und Verwaltung folgen trotzdem mit einer beängstigenden Verbissenheit und Arroganz ihrer ideologischen Agenda, die unverdrossen auf den Radverkehr als einzig seligmachendes Fortbewegungsmittel setzt. Und so senkt sich immer mehr eine unendliche Traurigkeit über die Osnabrücker Verkehrswende. Denn sie wird nicht funktionieren, weil ihre Hauptakteure blind gegenüber der Verkehrswirklichkeit sind und sich die daraus folgende Verblendung nicht eingestehen wollen. Der nächste Grabstein für eine erfolgreiche Verkehrswende wird am kommenden Dienstag im Osnabrücker Stadtrat gesetzt. Während die Stadtverwaltung für die Verhüllung von ehemaligen Kaufhäusern und ein ideologisch verbrämtes sog. Bürgerfest hunderttausende von Euros locker macht, ist für die Beförderung von Bürgern offensichtlich kein Geld mehr da. Das verstehe wer will. Ich kann das nicht verstehen!

Ihr

Justus Möser

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Justus Möser
Justus Möser
Justus ist unser "ältester Mitarbeiter", seit 1720 wandelt er durch unsere Stadt - wobei er inzwischen eher "geistert". Sein Vertreter in der Gegenwart ist unser Autor Wolfgang Niemeyer, der sich in dieser Kolumne regelmäßig darüber Gedanken macht „was würde Möser dazu meinen“?

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