Mösers Meinung – zum Thema “Autoverkehr und ideologische Verblendung”

Guten Abend,

ich hoffe, Sie sind in diesen schweren Zeiten nicht allzu sehr auf das Auto angewiesen.
Falls das doch der Fall sein sollte, und falls Sie zu allem Unglück auch noch in Osnabrück wohnen, werden die Zeiten für Sie noch härter, als sie es ohnehin schon befürchtet haben. Denn Autofahrer haben in unserer geliebten Hasemetropole momentan keinen leichten Stand. Obwohl die Spritpreise in den Keller wandern, obwohl die meisten Baustellen geräumt sind, obwohl alles so schön und harmonisch seinen Gang nehmen könnte, entzündet sich in der Osnabrücker Lokalpolitik regelmäßig am Thema „Verkehr“ ein neuer Streit. Als ob unsere Lokalpolitiker nichts wichtigeres zu tun hätten. Es fehlt nach wie vor ein Plan B für den Neumarkt. Denn die Firma, die seit Monaten vollmundig die zeitnahe Fertigstellung des neuen Shoppingcenters verspricht, tut sich mit konkreten Taten dann doch eher schwer. Es wird viel geredet und versprochen, aber angeblich muß noch irgendeine furchtbar bedeutsame Bauzeichnung geändert und eine Fassade neu geplant werden. Währenddessen staut sich der Verkehr rund um den Wall und auf den großen Zufahrtsstraßen, vor allem in den Morgen- und späten Nachmittagsstunden. Stillstand allerorten auf Osnabrücks Straßen, vielleicht auch ein Sinnbild für die großen Projekte, mit denen unsere Stadt aus der Mittelmäßigkeit hervortreten möchte. Man ist versucht, unseren Politikern zuzurufen: „Seid doch zufrieden mit dem, was da ist. Macht das Beste aus den vorhandenen Möglichkeiten und lebt nicht ständig in irgendwelchen Wolkenkuckucksheimen!“

Denn unzweifelhaft hat Osnabrück in den vergangenen Jahren einen gewaltigen Sprung nach vorn gemacht. Der Abzug der britischen Soldaten wurde vergleichsweise gut weggesteckt, rund um den Hafen und vor allem am Fuße des Westerberges sind attraktive Gewerbeimmobilien entstanden. Und es wurde zusätzlicher Wohnraum entwickelt, zum Beispiel in der Dodesheide und am Heger Holz, weil private Investoren die ehemaligen Soldatenwohnungen in moderne Appartements umgerüstet haben. Diese Entwicklungen sind aber nicht oder nur zu einem geringen Teil auf politische Initiativen zurückzuführen. Die Politik verliert sich leider allzu oft im Tagesgeschäft und sucht dann in den wenigen ruhigen Minuten händeringend nach den großen Themen, mit denen man sich bei der Bevölkerung profilieren kann. Aber warum muß es immer das Thema „Verkehr“ sein? Jetzt zaubert die SPD-Fraktion ein paar unausgegorene Vorschläge aus dem Hut, mit denen man dem Westerberg doch noch eine Umgehungsstraße verpassen will. Und man verweist auf den Lückenschluss der A33 mit der A1, allerdings ein Projekt, mit dem die Lokalpolitik herzlich wenig am Hut hat und daß ausschließlich in der Verantwortung des Bundes liegt. Diese Dinge sollen von der ideologischen Verblendung ablenken, mit der zum Beispiel an der unsinnigen Sperrung des Neumarktes festgehalten wird.

Mösers Meinung Autofahrer

Man fragt sich, welche Beweggründe unsere Lokalpolitiker antreiben, um sich für Dinge einzusetzen, die sich bei genauerer Betrachtung als ausgemachter Unsinn erweisen. Ich habe den Eindruck, daß der Osnabrücker Verkehr eine Art Fetisch für einige unserer Politiker ist. An ihm können sie sich reiben, an ihm können sie sich erregen, von ihm kommen sie einfach nicht los. Möglicherweise bedeutet die Osnabrücker Verkehrspolitik für sie auch sowas wie Existenzberechtigung, Daseinsvorsorge und -sicherung, ein Spielzeug, von dem man sich nicht trennen mag. Denn überall da, wo die großen Visionen fehlen, wo Kleingeist, Missgunst und die mißtrauische Beäugung des anderen vorherrschen, da kann nichts Bahnbrechendes, nichts wirklich Innovatives gedeihen. Da wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen, da herrscht in vielen Fällen die blanke Unvernunft. Ob das alles im Interesse der Bürger ist, erscheint zweitrangig. Als viel wichtiger wird die Erwähnung in der regionalen Presse bewertet, am besten mehrmals täglich, der Hauch von Bedeutung, den sich einige unserer Lokalpolitiker anmaßen zu haben, die fünf Minuten Ruhm, die ihnen nach eigenem Selbstverständnis selbstverständlich zustehen.

Anspruch und Wirklichkeit klaffen allerdings weit auseinander. Es wird wenig bis gar nichts geleistet, es wird viel geredet und wenig getan. Der Leidtragende bei einem solchen Verhalten ist immer der Bürger. Er darf den ganzen Spaß bezahlen, die Selbstverwirklichungstrips, die individuellen Profilierungsversuche auf, im wahrsten Sinne des Wortes, Kosten der Allgemeinheit. Angesichts der ganzen Krisen und Katastrophen, die im Moment auf Deutschland und damit eben auch auf Osnabrück zurollen, steht uns da mit Sicherheit noch einiges an Zumutungen bevor. Der sinnlose Streit um die beste Verkehrspolitik ist erst der Anfang. Es wird sich an Nichtigkeiten gerieben, weil die wirklich wichtigen Dinge offensichtlich nicht bewältigt werden können. Wir haben die Fassung zu bewahren und uns ruhig zu verhalten. Das wird von einem braven Osnabrücker schließlich erwartet, das ist die erste Bürgerpflicht, das scheint mittlerweile unsere vordringlichste Aufgabe zu sein. Doch wie sagt der Volksmund so schön: der Krug geht solange zum Brunnen, bis er bricht. Denkt mal drüber nach! Ich werde jetzt erstmal vom Rosenplatz zum Rubbenbruchsee fahren und ein wenig mit meinem Hund spazieren gehen. Entfernung: ca. 6 Kilometer, geschätzte Fahrzeit: 30 Minuten. Und ich wünsche allen Hasepost-Lesern ein spannendes Wochenende. Genießt das Winterwetter und nehmt Euch Zeit für das, was wirklich wichtig ist in diesem Leben!

Liebe Grüße

Justus Möser

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Justus Möser
Justus Möser
Justus ist unser "ältester Mitarbeiter", seit 1720 wandelt er durch unsere Stadt - wobei er inzwischen eher "geistert". Sein Vertreter in der Gegenwart ist unser Autor Wolfgang Niemeyer, der sich in dieser Kolumne regelmäßig darüber Gedanken macht „was würde Möser dazu meinen“?

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