Als letzte der größeren Parteien hat am vergangenen Wochenende die SPD Niedersachsen die Listenplätze zur vorgezogenen Landtagswahl im Oktober festgelegt.
Für den im Osnabrücker Osten antretenden Frank Henning, der auch den Vorsitz der SPD Stadtratsfraktion inne hat, bedeutet die Landesliste erneut: Kämpfen.

Wie bereits bei der Landtagswahl vor knapp fünf Jahren, geht Henning mit einem eher mittelmäßigen Listenplatz 43 von 100 ins Rennen – 2013 hoben ihn seine Genossen nur unmerklich höher auf Platz 41.
Um über die Landesliste in den Landtag zu gelangen, hätte Henning 2013 mindestens auf Platz 23 gesetzt sein müssen – er schaffte es allerdings über sein Direktmandat.

Deutlich komfortabler sieht es da für den scheidenden Landesinnenminister Boris Pistorius aus. Pistorius war 2013 überhaupt nicht zur Wahl angetreten und wurde erst nach dem Wahlerfolg der rot/grünen Koalition vom Oberbürgermeisterposten ins Ministeramt befördert. Dieses Jahr darf sich Pistorius mit Platz 5 gut abgesichert fühlen, ebenso wie seine Lebenspartnerin Doris Schröder-Köpf, die erst 2009 in die SPD eintrat und für den Oktober einen als sicher geltenden Listenplatz erhielt (2013: 12, 2017: 14).

Frank Hennings Wahlkreis ist nicht auf SPD abonniert

Obwohl Frank Henning als “Titelverteidiger” im Wahlkreis Osnabrück-Ost antritt, ist der von Sutthausen über den Schinkel bis Lüstringen und Voxtrup reichende Wahlkreis keine “sichere Bank” mehr für die Osnabrücker Sozialdemokratie.
2008 konnte die CDU-Kandidatin Anette Meyer zu Strohen hier über die SPD-Kandidatin Alice Graschtat mit einem Erststimmen-Vorsprung von 4,5% (41,8% vs. 37,3%) obsiegen, während der Sieg von Frank Henning 2013 mit einer Differenz von 1,4% (40,3% vs. 38,9%) bei den Erststimmen schon ein deutlich engeres Rennen war.

Im Jahr 2016 konnte Meyer zu Strohen über ihren Listenplatz als Nachrückerin die Riege der Osnabrücker Landtagsabgeordneten wieder verstärken. Auch 2017 ist die CDU-Frau mit einem Listenplatz 19 wieder gut platziert. Mit Platz 11 sicherten die Landesdelegierten bereits im Mai auch Burkhard Jasper ab, der für die CDU im Wahlkreis Osnabrück-West gegen Boris Pistorius antreten wird.

Auch FDP und Grüne mit schwierigen Listenplätzen

Die Zahl der im zukünftigen Landtag vertretenen Osnabrücker könnte dramatisch knapper werden als bisher. Volker Bajus, der seit 2013 für die Grünen Sitz und Stimme im Landesparlament hat, konnte seinerzeit mit einem Listenplatz 12 relativ sicher sein in den Landtag einzuziehen, was auch gelang. Für die kommende Landtagswahl setzten ihn seine Parteifreunde nur noch auf Platz 14, was angesichts der aus Sicht der Grünen dramatisch einbrechenden Prognosen und dem wahrscheinlichen Einzug der AfD in den Landtag, der für eine Knappheit an Sitzen führen wird, nur schwer reichen dürfte.

Niedersächsischer Landtag
Hier wollen sie alle hin: Niedersächsischer Landtag Foto: dts)

Noch drastischer sieht es bei der Osnabrücker FDP aus, die Gabriela König 2013 noch mit einem höchst komfortablen Listenplatz 3 ins Rennen schickte. Für ihre politischen Nachfolger wird es mit Platz 22 (Tanja Josefa Figlus) und 72 (Moritz Gallenkamp) deutlich schwieriger bis unmöglich werden Osnabrück in Hannover zu vertreten.

Rechenspiele: Wie viele Osnabrücker bekommen das Ticket für den Landtag?

Sollte kein Erdrutsch sowohl Grüne wie auch FDP deutlich in die zweistelligen Zustimmungswerte katapultieren, wären die beiden kleineren Parteien zukünftig ohne Osnabrücker Vertretung in Hannover. Für den Fall, dass Frank Henning den Wahlkreis Ost wieder an Anette Meyer zu Strohen abgibt, wird aller Voraussicht nach auch die Sozialdemokratie nur noch mit Boris Pistorius die drittgrößte Stadt Niedersachsen vertreten, ergänzt von zwei CDU-Politikern, die es direkt oder über ihre relativ komfortablen Listenplätze schaffen können.
Boris Pistorius kann bei einer ab 24. September möglichen Großen Koalition in Berlin allerdings schon vor der Landtagswahl “abgängig” werden, denn als Mitglied des Kompetenzteams von Martin Schulz werden ihm starke Ambitionen auf einen Ministerposten in Berlin nachgesagt – selbst wenn die SPD im neuen Bundeskabinett nur Juniorpartner werden sollte und der eigentlich von ihm angestrebte Posten des Innenministers an die Union gehen sollte.

Es bleiben die Landtagskandidaten an den linken und rechten Extremrändern der politischen Landkarte. Für die Linkspartei bestehen zumindest theoretisch Aussichten für Heidi Reichinnek (Listenplatz 9) Osnabrück zu im Landtag zu vertreten.
Während die Linke allerdings erneut an der 5%-Hürde zu scheitern droht (aktuelle Prognose: 4%), sind die Chancen für Christopher Jahn (Listenplatz 13) ungefähr gleich groß wie für den Grünen Volker Bajus (Listenplatz 14) – Grüne und AfD liegen zusammen mit der FDP nach aktueller Prognose in Niedersachsen jeweils auf 8%.

 

Kommentar: „Falsches Quotendenken bei den kleinen Parteien“