Seltsam: Warum bei der Osnabrücker Mobilitäts-App auch Elektrobusse CO2 emittieren

“Die Hauptfunktion der App soll doch garnicht das Routing sein. Viel mehr ist es eine Vereinfachung zur Wahl des passenden Verkehrsmittels”, lautete ein bei X (vormals Twitter) veröffentlichter Kommentar, der einen in der vergangenen Woche veröffentlichten Artikel kritisierte.*

Doch stimmen die von der App angestellten Vergleiche auch, zum Beispiel bei der Auswahl von Verkehrsmitteln unter Berücksichtigung der jeweiligen CO2-Werte?

Bei Stauumfahrung scheiterte die OS.mobil App bereits

Unsere Redaktion konnte bereits nachweisen, dass die im Rahmen eines millionenschweren Förderprogramms durch die Bundesregierung angeschaffte Osnabrücker Mobilitäts-App nach ihrer Einführung Ende April bereits beim ersten großen Stau in einer ihrer Kernfunktionen scheiterte.

Wenn die OS.mobil App schon nicht helfen kann Staus zu umfahren, wie sieht es dann also mit der Berechnung der CO2-Werte aus? Eine Funktion, die es den Osnabrückerinnen und Osnabrückern laut Eigenwerbung im Appstore ermöglichen soll Wege “nachhaltig zu planen”.

Laut App fahren nur Fahrräder CO2-frei durch Osnabrück

Schaut man sich ein paar Verbindungen in der App an, fällt schnell auf: Auch für Fahrten auf den seit Jahren mit Elektrobussen der Stadtwerke gefahrenen Metrobuslinien werden erstaunlich hohe CO2-Werte angegeben.
Einzig das Fahrrad, das Lieblingsfortbewegungsmittel des scheidenden Stadtbaurats Frank Otte, der maßgeblich die Installation des „umweltsensitiven Verkehrsmanagements“ (UMV) vorangetrieben hat, fährt laut App immer CO2-frei. Und das unabhängig davon, ob es Omas altes Hollandrad ist oder ein aus Taiwan per Luftfracht importiertes E-Bike, das im heimischen Keller im billigsten Discountertarif mit dreckigem Kohlestrom geladen wird.

Elektrobusse der Stadtwerke angeblich schlechter als PKW

Die Osnabrücker Stadtwerke hingegen betreiben ihre E-Busflotte mit in der Region produziertem “Grünstrom” – und dennoch soll zum Beispiel eine Fahrt mit der Linie M2 vom Landwehrviertel** zum Neumarkt für einen Schadstoffausstoß von stolzen 537 Gramm CO2 sorgen – pro Fahrgast. Die Fahrt mit dem PKW, der bis zu fünf Personen befördern kann, ist mit 1.000 Gramm hingegen geradezu ein ‘CO2-Schnäppchen’ – glaubt man der App.

Von seltenen Ausnahmen bei Betriebsstörungen abgesehen: Auf der Metrobuslinie zwischen Landwehrviertel** und dem Neumarkt produzieren die dort grundsätzlich eingesetzten Elektrobusse lokal überhaupt keinen Kohlenstoffdioxid und auch die Stromproduktion selbst erfolgt aus eigenen regenerativen Quellen der Stadtwerke in der Region – grüner geht nicht.

Mobilitäts-App differenziert nicht nach Elektro- oder Dieselbus

Wir haben bei der Stadtverwaltung nachgefragt, wie es kommen kann, dass emissionsfreie Busverbindungen in der Mobilitäts-App mit offensichtlich falschen Angaben versehen werden. Die Antwort lautet im Kern “wir machen es uns halt einfach”: “Bei Bussen wird derzeit grundsätzlich mit 83 g/km gerechnet. Das basiert auf einer Mischkalkulation, die näherungsweise dem Verhältnis der Busse in Osnabrück entspricht. Eine Differenzierung zwischen verschiedenen Buslinien wird nicht vorgenommen.”

Ergänzung: Seltsame Routenplanung an der Realität vorbei

Bei den Recherchen zu diesem Artikel fiel auf, dass eine grundsätzliche Navigation nach “Point of Interests” (POI) nicht möglich ist – siehe dazu ganz unten noch mehr.
Vor allem aber auch machte die Testroute von der Quebecallee zum Neumarkt, so wie sie die App berechnete, keinen Sinn. Statt den Fahrgast direkt bis zur gleichnamigen Haltestelle Neumarkt zu leiten, wurde empfohlen bereits am Kamp den Bus zu verlassen um dann nochmals vier Minuten Fußweg zu absolvieren.

Screenshot: OS.mobil App
Screenshot: OS.mobil App

* in einer ersten Version dieses Artikels wurde der o.a. Kommentar Facebook zugeordnet, wir haben dies nach einem Nutzerhinweis korrigiert.

** eine Angabe “Landwehrviertel” als Ziel oder Startpunkt ist in der App übrigens nicht möglich, man muss schon ganz genau eine Straßenadresse wissen. Auch andere POI (Point of Interest), zum Beispiel Ämter, Discotheken etc, sind in der App – anders als bei den ohnehin auf allen Mobiltelefonen installierten Apps von Google bzw. Apple – nicht hinterlegt. Eine Nachfrage unserer Redaktion, warum POI fehlen, wurde nicht beantwortet.


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Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann gründete die HASEPOST 2014, basierend auf dem unter dem Titel "I-love-OS" seit 2011 erschienenen Tumbler-Blog. Die Ursprungsidee reicht auf das bereits 1996 gestartete Projekt "Loewenpudel.de" zurück. Direkte Durchwahl per Telefon: 0541/385984-11

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