Kommentar: Bauern werden bejubelt, Klimaaktivisten verteufelt – hören wir auf, mit zweierlei Maß zu messen!

Es ist schon erstaunlich: Innerhalb weniger Stunden erreicht ein Video der HASEPOST, das die ersten zum Bauernprotest in Osnabrück eintreffenden Traktoren zeigt, rund 1.000 Likes auf Facebook. Die Bauern werden von der Gesellschaft wie Helden gefeiert, es gibt viel Zuspruch. Dass durch den Protest und die Blockaden Menschen zu spät zur Arbeit und Kinder nach der Schule nicht nach Hause gekommen sind, Kitas sowie Altenheime nicht mit Essen beliefert werfen konnten – geschenkt! Aber wenn Klimaaktivisten – gern abfällig als Klimakleber oder Klimaterroristen bezeichnet – eine Straße blockieren, ist die Kacke ordentlich am Dampfen. Selbst wenn sich nur 30 Radler zu einer Protestfahrt über den Osnabrücker Wallring aufmachen, gibt es Spott und böse Worte.

Ein Kommentar von Dominik Lapp

Es ist frustrierend zu beobachten, wie die Gesellschaft und auch die Medien mit zweierlei Maß messen, wenn es um Proteste von Klimaaktivisten und Bauern geht. Während Bauern für einen blockierten Osnabrücker Wallring gefeiert und als starke Verfechter ihrer Anliegen betrachtet werden, verteufelt man Klimaaktivisten und stempelt sie als arbeitslose Störenfriede ab – und seien es nur 30 Menschen auf Fahrrädern, die radelnd auf der Straße demonstrieren. Da kocht sofort die Wut in den Menschen hoch. Dabei hängen Landwirtschaft und Klima so eng beieinander.

Es scheint, als ob die Akzeptanz von Protesten stark von der jeweiligen Agenda abhängt. Bauern, die für ihre Existenzgrundlagen auf die Straße gehen, werden als Helden angesehen, die für ihre Rechte kämpfen. Im Gegensatz dazu werden Klimaaktivisten, die sich gegen Umweltzerstörung und Klimawandel einsetzen, nicht selten mit Unverständnis oder gar Ablehnung konfrontiert, insbesondere wenn sie zu drastischen Maßnahmen wie Straßenblockaden greifen.

Dabei ist es wichtig zu erkennen, dass beide Gruppen legitime Anliegen haben und dass es notwendig ist, einen ausgewogenen Dialog zu fördern. Die Unterscheidung zwischen guten und schlechten Protesten sollte vermieden werden, um sicherzustellen, dass alle Stimmen gehört werden und dass der gemeinsame Einsatz für eine nachhaltige Zukunft nicht durch Vorurteile behindert wird. Nur durch einen fairen Dialog können wir Herausforderungen erfolgreich bewältigen.

Es steht außer Frage, dass Bauern einen entscheidenden Beitrag zur Nahrungsmittelproduktion leisten und ihre Sorge um die Zukunft der Landwirtschaft verständlich ist. Das Motto „Ohne Landwirtschaft keine Lebensmittel“ unterstreicht die essenzielle Rolle, die die Landwirtschaft für unsere Versorgung spielt. Allerdings ist es gleichermaßen wichtig zu betonen, dass der Klimawandel eine existenzielle Bedrohung für die Landwirtschaft darstellt – nicht unsere Bundesregierung. Alle Bürgerinnen und Bürger müssen den Gürtel enger schnallen, somit also auch die Landwirte.

Die zunehmende Veränderung des Klimas bringt aber extremere Wetterbedingungen mit sich, die bereits jetzt die Bauern belasten. Sei es durch Dürren, die Ernteausfälle verursachen, oder durch aktuelle Herausforderungen wie Hochwasser, die ebenfalls erhebliche Schäden anrichten. Wenn sich diese Klimaveränderungen fortsetzen, könnte dies die Landwirtschaft zunehmender beeinträchtigen und die Lebensmittelproduktion gefährden als die Streichung des Entlastungsbeitrags von 21,48 Cent pro Liter Agrardiesel.

Es ist unerlässlich, dass wir nicht nur die Anliegen der Bauern in Bezug auf ihre Existenzgrundlagen anerkennen, sondern auch den drängenden Bedarf, Maßnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen. Beide Themen gehen uns Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen an. Also hören wir endlich auf, mit zweierlei Maß zu messen!

Kommentar Bauernprotest
Foto: Dominik Lapp

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Dominik Lapp
Dominik Lapp
Dominik Lapp ist seit Oktober 2023 Redaktionsleiter der HASEPOST. Der ausgebildete Journalist und Verlagskaufmann mit Zusatzqualifikation als Medienberater, Social-Media- und Eventmanager war zuvor unter anderem als freier Reporter für die Osnabrücker Nachrichten, die Neue Osnabrücker Zeitung und das Meller Kreisblatt sowie als Redakteur beim Stadtmagazin The New Insider und als freier Autor für verschiedene Kultur-Fachmagazine tätig. Seine größte Leidenschaft gilt dem Theater, insbesondere dem Musical und der Oper, worüber er auch regelmäßig auf kulturfeder.de berichtet.

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