Gemeinschaft und Redekunst – die Toastmasters in Osnabrück

Frank Beckert redet bei einem Treffen der Toastmasters. Die Aufnahme entstand vor der Corona-Pademie. / Foto: Frank Beckert

Redegewandtheit ist nicht jedem von Natur gegeben, doch sie lässt sich erlernen. Die Toastmasters fördern die Kunst des Redens seit den 1920ern und haben mehr als 16.800 Clubs auf der ganzen Welt. Zur Zeit wird ein weiterer Verein in Osnabrück aufgebaut. 

Auch wenn es nach dem TV-Duell von Donald Trump und Joe Biden unwahrscheinlich erscheint: Die USA haben eine lange Tradition der zivilisierten Debattenkultur und der rhetorischen Schulung. In Highschools und Colleges treffen sich regelmäßig Debattierclubs, um Diskussionen als sportlichen Wettkampf abzuhalten und die Redegewandtheit der Mitglieder zu trainieren. Die Toastmasters-Vereine entstanden in den 1920ern aus Rhetorikclubs für fortgeschrittene Highschool-Schüler und sind seit 1932 in Kalifornien als Non-Profit Organisation eingetragen. Das Ziel der Toastmasters ist die Förderung der Kunst des öffentlichen Redens, der effektiven Kommunikation und der Menschenführung. Inzwischen hat sich die Idee auf der ganzen Welt verbreitet, es gibt mehr als 16.800 Clubs in 143 Ländern mit insgesamt 358.000 Mitgliedern. Auch in Osnabrück entsteht zur Zeit ein Verein namens “Osnaspeak Toastmasters”.

Corona war auch für die Toastmasters ein Problem

Frank Beckert ist Mitglied des Münsteraner Toastmasters-Clubs und seit einigen Monaten damit beschäftigt, den Osnabrücker Verein aufzubauen. Schon im Januar fand ein Treffen in der Lagerhalle statt, doch dann tauchte das Coronavirus in Deutschland auf: „Corona kam für uns sehr ungelegen. Wir waren im Januar schon zu siebt und wollten zum Jahresende den Osnabrücker Club gründen, wofür es mindestens 20 Mitglieder bräuchte. Aber wir ließen uns nicht unterkriegen und haben online weiter gemacht. Das hatte durchaus seine Vorteile, es konnten Menschen aus entfernten Ländern, zum Beispiel Ungarn und Namibia, an unseren Treffen teilnehmen,“ erzählt Beckert im Gespräch mit der Hasepost. Mithilfe der Software Zoom wurden alle zwei Wochen Treffen abgehalten und Kontakte gepflegt. Die Toastmasters sind ohnehin viel im Internet aktiv. Die Mitglieder können online auf Kurse, Übungsaufgaben und Tipps zur Verbesserung der Rhetorik zugreifen.

Was passiert bei den Treffen?

Die Abende folgen, egal ob online oder offline, immer einem festen Programm und werden jedes mal von einem anderen Mitglied, dem sogenannten Toastmaster, moderiert. Zu Beginn werden kurze und lange Reden über verschiedenste Themen gehalten. Nach einer Pause folgt dann das wertschätzende Bewerten der Beiträge, die Redner sollen möglichst konstruktive Kritik erhalten. „Wir können nur dann etwas lernen, wenn man uns auf unsere Fehler hinweist,“ erzählt Frank Beckert. „als ich anfing, war ich beispielsweise der Füllwortkönig und sagte ständig „ähm“ und „äh“, durch das Feedback der Anderen konnte ich das überwinden. Üben ist wichtig, denn das Reden lernt man nur durchs tun.“ Die Treffen enden locker mit dem Sammeln guter Zitate und dem spielen von Spielen wie Memory.

Gemeinschaft und Redekunst - die Toastmasters in Osnabrück
Mitglieder und Gäste beim Treffen der Toastmasters. Die Aufnahme entstand vor der Corona-Pandemie. / Foto: Frank Beckert.

Wie meistert man die Kunst des Redens?

Die Toastmasters üben sich nicht nur bei ihren Treffen in der Rhetorik. Auf ihrer Internet-Lernplattform finden sich zahlreiche Kurse, bei denen die Mitglieder aus verschiedenen Pfaden wählen können. Es gibt beispielsweise einen Pfad, der das Halten humorvoller Reden lehrt und aus 15 Übungsaufgaben besteht. Aufgaben können zum Beispiel das Erstellen einer Powerpoint-Präsentation oder das Halten einer Rede über ein wissenschaftliches Thema, über das man zuvor nichts wusste, sein. Die Beiträge dürfen fast alle Themen behandeln, nur Politik und Religion werden meist vermieden. Aber warum sollte man Zeit und Energie in seine Redegewandtheit investieren? „Rhetorik ist wichtig, da wir in einer Welt leben, in der es immer mehr darauf ankommt, zu kommunizieren. Viele Menschen wollen mehr aus ihrer Kommunikation machen, wir sehen einen Bedarf von jung bis alt. Zu uns kommen unter anderem Rentner, Firmengründer und Studenten. Die Gäste, die zum ersten Mal zu unseren Treffen kommen, sind oft beeindruckt und denken, dass sie das nie selber könnten. Aber dann lernen sie und machen schnell Fortschritte. Sie werden selbstsicherer und nutzen ihre Potentiale, sie wachsen, lernen und oft eröffnen sich neue Perspektiven. Ich selbst bin dank der Toastmasters freiberuflicher Trauerredner geworden, das hätte ich früher für unmöglich gehalten,“ erzähl Beckert.

Treffen am 8. Oktober in der Lagerhalle

Am 8. Oktober soll wieder ein Treffen in der Lagerhalle stattfinden. Diesmal wird es ein Hybridmeeting, das gleichzeitig auch online stattfinden. Im Raum dürfen sich maximal neun Menschen aufhalten, die übrigen werden digital dazugeschaltet, dafür wurden extra eine Kamera und ein Raummikrofon angeschafft. Gäste sind bei den Veranstaltungen willkommen und dürfen sich ein Bild vom Club machen, wer Mitglied werden möchte, muss zehn Euro im Monat zahlen. Treffen finden an jedem zweiten und vierten Donnerstag des Monats statt. Der gemeinnützige Verein investiert den Mitgliedsbeitrag unter anderem in die Raummiete, die Technik und die Lernplattform. Die Mitgliedschaft gilt für sechs Monate, danach kann problemlos gekündigt werden. “Wir suchen keine Rhetorikexperten, sondern Menschen wie Du und ich, die Probleme mit dem Reden haben und ihre Fähigkeiten verbessern möchten. Wir sind allerdings kein Deutschkurs, wer zu uns kommt, sollte die deutsche Sprache halbwegs beherrschen,” erklärt Beckert abschließend. Weitere Informationen finden Sie auf der Website des Vereins.


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Lukas Brockfeld
Lukas Brockfeld
Lukas Brockfeld ist seit dem Sommer 2019, erst als Praktikant und inzwischen als fester Mitarbeiter, für die Redaktion der HASEPOST unterwegs.

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