Chefärztin der Geriatrie vom Klinikum Osnabrück gibt Tipps für den Umgang mit starker Hitze

Viel trinken, pralle Sonne vermeiden, Anstrengungen auf den frühen Morgen oder späten Abend verlegen: Besonders ältere Menschen sollten, wie die Geriatrie-Chefärztin Dr. Anja Kwetkat vom Klinikum Osnabrück rät, darauf achten, sich an diese und weitere Regeln für den Umgang mit hohen Temperaturen zu halten.

„Große Hitze und langanhaltende hohe Temperaturen sind eine körperliche Belastung für alle Menschen – aber für Ältere können sie ein ernsthaftes Gesundheitsrisiko darstellen“, sagt Kwetkat. Nach den Worten der Fachärztin für Innere Medizin, die sich unter anderem auf Altersmedizin spezialisiert hat, verspüren Menschen mit steigendem Lebensalter weniger Durst. „Der Körper spielt älteren Menschen quasi einen Streich, indem bei ihnen das Durstempfinden nachlässt“, so Kwetkat. „Auch bei Hitze bleibt das typische Gefühl oft aus, etwas trinken zu müssen, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen. Dadurch besteht die Gefahr, dass ältere Menschen dehydrieren – also austrocknen.“ Durch Flüssigkeitsmangel kann sich eine schon bestehende Einschränkung der Nierenfunktion verschlechtern oder sich im schlimmsten Fall sogar ein akutes Nierenversagen entwickeln.

Vorsicht vor Überhitzung

„Ein weiteres Problem ist Überhitzung. Ältere Menschen schwitzen weniger, so dass ihnen bei Hitze der natürliche Abkühlmechanismus durch das Schwitzen fehlt. Das verstärkt sich noch, wenn nicht genug getrunken wird“, verdeutlicht die Chefärztin der Klinik für Geriatrie und Palliativmedizin. Es können sich Hitzeerschöpfung oder sogar ein Hitzschlag – also ein lebensbedrohliches Ansteigen der Körpertemperatur – oder auch gefährliche Störungen des Herzkreislaufsystems entwickeln.

Wie Kwetkat sagt, sind das abnehmende Durstgefühl und nachlassende Schwitzen „altersnormale“ Veränderungen, die mit steigender Anzahl von Lebensjahren jeden Menschen betreffen. „Die Empfehlung gilt für jeden älteren Menschen, besonders auf den Flüssigkeitshaushalt zu achten. Bei Hitze gilt das natürlich auch für junge Leute“, so die Medizinerin. „Unter den Älteren sind außerdem viele Vorerkrankte. Besonders Menschen mit Herzschwäche und hohem Blutdruck sollten bei Hitze vorsichtig sein und körperliche Belastungen unbedingt vermeiden. Wer Medikamente zur Regulierung seines Wasserhaushalts einnimmt, muss es gegebenenfalls mit dem Haus- oder Facharzt abstimmen, ob die Dosierung der Präparate bei länger anhaltenden hohen Temperaturen geändert werden muss.“

Vor allem auf Alleinlebende achten

Die Gefahren für ältere Menschen durch Hitze sind nicht von der Hand zu weisen: Wie unter anderem das Robert Koch-Institut ausgewertet hat, führen hohe Außentemperaturen in den Sommermonaten regelmäßig zu deutlich erhöhten Sterberaten, insbesondere in höheren Altersgruppen. Die Ursachen der Todesfälle reichen von Hitzschlag bis hin zu komplexeren Konstellationen, etwa bei vorbestehenden Herz-Kreislauf- oder Lungenerkrankungen. Im Sommer 2022, dem viertwärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881, wurde laut Robert Koch-Institut eine hitzebedingte Übersterblichkeit von rund 4.500 Sterbefällen verzeichnet (2018, im zweitwärmsten Sommer: 8.700, besonders ausgeprägt in der Gruppe der über 85-Jährigen).

„Bei Hitze richtet sich oftmals viel Medieninteresse auf die Bedingungen für die Menschen in den Altenheimen“, sagt Kwetkat. „Natürlich ist es dort warm und es ist im höchsten Grad unangenehm für die Menschen, dass sie oft nicht ohne weiteres nach draußen können. Aber sie sind versorgt und es wird bestmöglich darauf geachtet, dass sie ausreichend trinken.“ Sie sorge sich mehr um die vielen alleinlebenden älteren Menschen, insbesondere diejenigen, die von Mehrfacherkrankungen oder geriatrischen Syndromen wie kognitiven Einschränkungen betroffen sind. „In Deutschland gibt es alleine 1,8 Millionen Demenzerkrankte. Auch die Anzahl der Menschen mit anderen Alterserkrankungen geht in die Millionen.“ Laut statistischem Bundesamt werden fast drei Viertel der Pflegebedürftigen ab 80 Jahren zu Hause versorgt, mehr als die Hälfte von ihnen überwiegend durch Angehörige.

Besser ein Mal mehr auf Trinken hinweisen

Nach den Worten von Kwetkat kommen viele Menschen, die von einer Altersdemenz betroffen sind, mit geübten Abläufen in der gewohnten Umgebung gut zurecht. „Mehr oder weniger natürlich. Viele halten sich strikt an Abläufe, die sie schon immer so machen – sie trinken beispielsweise eine Tasse Kaffee zum Frühstück oder machen Einkäufe am frühen Nachmittag, aber es gelingt ihnen dann nicht, sich aufgrund der Hitze kurzfristig umzustellen, also zum Beispiel mehr zu trinken oder wegen der Temperaturen Einkauf und Spaziergang auf eine andere Tageszeit zu verschieben. Das ist besonders kritisch, wenn diese Menschen ohnehin nur wenig trinken“, macht Kwetkat deutlich. „Wer Angehörige betreut, sollte bei Hitze lieber einmal mehr als zu wenig daran erinnern, dass sie ans Trinken denken – auch wenn mir natürlich klar ist, dass die Älteren das nicht immer gerne hören.“

Wie die Ärztin berichtet, kommt es nicht selten vor, dass Ältere nicht viel trinken wollen, um nicht nachts die Toilette aufsuchen zu müssen. „Nächtlicher Harndrang lässt sich vermeiden, indem der Großteil der täglichen Flüssigkeitsmenge bis 16 Uhr getrunken wird“, so die Ärztin. „Wer es schlecht abschätzen kann, ob er auf eine ausreichende Flüssigkeitsmenge kommt – mindestens 1,5 Liter pro Tag – zieht davon Kaffee und andere Getränke ab, die er regelmäßig zum Beispiel zu den Mahlzeiten zu sich nimmt und füllt den Rest in eine Wasserflasche mit ,Eichstrich‘ – dann ist es überschaubar“, so Kwetkat.

Obst und Gemüse mit hohem Wasseranteil empfohlen

Wie die 55-Jährige rät, ist Mineralwasser bei Hitze eine gute Wahl. „Jedenfalls besser kein Leitungswasser oder nur Tee/Kaffee, denn auch der Salz- beziehungsweise Mineralhaushalt ist wichtig. Wer kein sprudelndes Wasser mag, nimmt stilles. Mit Geschmack sind Fruchtschorlen empfehlenswert.“ Zur Ernährung empfiehlt Kwetkat eine frische eiweißreiche Kost. „Alle Arten von Gemüse und Obst mit einem hohen Wasseranteil wie zum Beispiel auch Wassermelone sind ein guter Tipp – und für den Eiweißanteil beispielsweise ein Tomaten-Mozzarella-Salat.“

Ältere Menschen sollten jede Anstrengung bei Hitze vermeiden. „Der Spaziergang sollte am besten am kühleren Morgen oder spät abends gemacht werden und den Weg in den Supermarkt für die schwereren Einkäufe sollten, wenn es geht, Angehörige während der Hitzeperiode übernehmen“, so Kwetkat. „Auch die Wohnung sollte so kühl wie möglich gehalten werden – nur nachts oder am frühen Morgen lüften, Jalousien herunterlassen und zur Abkühlung ist Verdunstungskälte ungemein wirkungsvoll. Es können auch kühle Fuß- oder Armbäder gemacht und dann aufs vollständige Abtrocknen verzichtet werden – dann kühlt die Verdunstung ebenfalls noch nach.“

Frühsymptome beachten

Wichtig: Wenn sich Symptome wie Schwindel, Kurzatmigkeit, erhöhte Temperatur, Sehstörungen oder sogar eine Ohnmacht einstellen, ist Hilfe nötig. Ein Hitzschlag ist ein medizinscher Notfall. Gute Tipps zum Umgang mit Hitze für Ältere gibt es nach den Infos von Kwetkat im Internet bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).


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