Seit dem 1. Oktober hat der Schutzprozess gegen sexualisierte Gewalt im Bistum Osnabrück eine neue Unabhängige Beauftragte: Die Kirchenrechtlerin Anne Mülhöfer.
Das ist die neue Unabhängige Beauftragte
Die 47-Jährige Anne Mülhöfer stammt aus Wolken bei Koblenz und hat Theologie und Kirchenrecht in Vallendar, Sankt Augustin, Rom und Münster studiert. Nach Tätigkeiten im europäischen Ausland und einer längeren Familienphase war sie zuletzt Referentin in der Unabhängigen Aufarbeitungskommission im Bistum Rottenburg-Stuttgart. Ihr erklärtes Ziel sei „den Umgang der Kirche mit Fällen sexualisierter Gewalt nachhaltig zu verbessern“.

Neue Ordnung, neue Strukturen
Mit der neuen Ordnung des diözesanen Schutzprozesses setzt das Bistum Osnabrück auf dauerhafte Strukturen. Neben der Unabhängigen Beauftragten gibt es künftig auch eine fest verankerte Ombudsperson. „Wichtig ist, dass deren sachliche und fachliche Unabhängigkeit festgeschrieben ist“, betont die Juristin Barbara Havliza als Sprecherin der Monitoring-Gruppe. Neu eingerichtet wird zudem eine „Gruppe Erinnerungskultur“, die Formen des öffentlichen und internen Gedenkens an das Leid Betroffener entwickeln und dauerhaft verankern soll.

Ein neuer Ort für Nähe und Offenheit
Die Geschäftsstelle des Schutzprozesses hat nun ihren Platz mitten in der Osnabrücker Fußgängerzone gefunden – in der Krahnstraße 32/33, fernab der Bischöflichen Verwaltung. In den großzügigen Räumen sollen alle, die ein Anliegen haben, unkompliziert Unterstützung finden. Unterstützt wird die Arbeit künftig von Dr. Simon Haupt, der als wissenschaftlicher Referent sowohl die Unabhängige Beauftragte als auch den Ombudsmann begleitet.
Hintergrund: Der Schutzprozess seit 2019
Der Schutzprozess wurde 2019 gestartet, um Maßnahmen zur Aufarbeitung und Prävention sexualisierter Gewalt im Bistum Osnabrück zu bündeln und zu optimieren. Von Anfang an waren Betroffene und externe Fachleute beteiligt. Bischof Dominicus betont in einem Pressegespräch am Donnerstagmorgen (9. Oktober): „Betroffene sollen geschützt, Täter straf- und kirchenrechtlich belangt werden. Es soll nichts mehr verschleiert werden.“

Ein wichtiger Meilenstein war die Studie der Universität Osnabrück, die bis heute zentrale Grundlage für die Aufarbeitung und Verbesserung des Schutzprozesses ist. Seit 2022 gibt es zudem eine Ombudsperson, die die Unterstützung für Betroffene deutlich verbessert haben soll.
Prävention: Lernen gegen das Wegsehen
Die Präventionsstelle des Bistums organisiert jährlich rund 100 Schulungen. Mehrere Tausend haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitende in Kitas, Schulen und Kirchengemeinden werden dort fortgebildet, um Übergriffe zu verhindern und sensibel zu handeln.

Bischof Dominicus sieht den Schutzprozess als dauerhafte Aufgabe
Bischof Dominicus sieht den Schutzprozess als dauerhafte Aufgabe: Ziel sei es, „das Erreichte zu verstetigen und gezielt weiterzuentwickeln“. Er dankt Betroffenen und Fachleuten, deren Engagement „mit schmerzhaften Erkenntnissen, kritischen Auseinandersetzungen und gemeinsamen Lernprozessen verbunden“ sei.
Auch an den neu konstituierten Betroffenenrat Nord richtet er seinen Dank: „Ich selbst habe mich als Bischof eingereiht in eine Reihe von Lernenden. Ich bin außerordentlich dankbar, dass der Schutzprozess initiiert wurde. Wir müssen uns da als Bistum Osnabrück vor anderen Bistümern nicht verstecken.“
Warum Namen nicht veröffentlicht werden
Auf die Frage, warum das Bistum Osnabrück die Namen von mehr als 120 beschuldigten Geistlichen nicht veröffentlicht, obwohl das Bistum Aachen 53 Namen bekanntgab, verweist der Bischof auf rechtliche Unterschiede: „In Aachen handelte es sich ausschließlich um bereits Verstorbene, und man hat dort jetzt große rechtliche Probleme mit deren Familien.“ Barbara Havliza ergänzt: „Es gilt die Unschuldsvermutung, solange die Schuld nicht bewiesen ist.“
Ein Prozess, der weitergehen soll
Mit der neuen Unabhängigen Beauftragten, neuen Strukturen und neuen Räumen will das Bistum Osnabrück den Weg offen, lernbereit und mit dem erklärten Ziel, Betroffene zu schützen und Verantwortung zu übernehmen, weitergehen. Dabei bleibt die Hoffnung, dass das alles mehr als nur ein Lippenbekenntnis ist und Täter künftig auch konsequent angezeigt und nicht mehr nur kirchenintern versetzt werden. „Betroffene sollen geschützt, Täter straf- und kirchenrechtlich belangt werden. Es soll nichts mehr verschleiert werden“, hat der Bischof versprochen. Ob dieses Versprechen hält, wird sich nicht an Worten, sondern an Taten messen lassen.

