Ein Sturm zieht auf – nicht nur auf der Bühne, sondern auch in den Herzen der Figuren. Das Theater Osnabrück wagt mit Richard Wagners „Der Fliegende Holländer“ eine beeindruckende Gratwanderung zwischen Grusel, Romantik und mythischer Wucht. Regisseur Dennis Krauß, der auch für Bühne und Kostüme verantwortlich ist, verwandelt die Oper in ein atmosphärisches Gesamtkunstwerk von düsterer Schönheit.
Ein Ölgemälde in Bewegung
Krauß entwirft eine Bühne, die wirkt wie ein lebendig gewordenes Gemälde. Rot und Blau dominieren das Bild. Auf der Drehbühne erhebt sich eine halbrunde Felskonstruktion, die sich immer wieder wandelt: mal zerklüftete Küste, mal das schwankende Deck eines Geisterschiffs. Alles scheint in Bewegung, als würde das Meer selbst atmen.

Starke Stimmen, feine Nuancen
Krauß liest den „Fliegenden Holländer“ als romantische Horrorstory. Der Holländer, von Martin-Jan Nijhof mit intensiver Präsenz und großartiger Stimme gestaltet, erscheint wie ein Untoter: blasses Gesicht, rot umrandete Augen, ein Körper, gezeichnet von Jahren auf dem Meer. Sein blutrotes Kostüm kontrastiert scharf mit dem tiefblauen Ensemble – Sinnbild seines ewigen Fluchs.
Susann Vent-Wunderlich gestaltet Senta mit leuchtendem Sopran, Dominic Barberi verleiht Daland eine erdig-warme Bassfarbe und Kwonsoo Jeon als Erik zeigt eine berührende Zerrissenheit, während Florian Wugk (Steuermann) und Nadia Steinhardt (Mary) das Ensemble überzeugend abrunden.

Ein Meer aus Klang
Der neue Generalmusikdirektor Christopher Lichtenstein hat das Osnabrücker Symphonieorchester sorgfältig auf Wagners Klangwelt vorbereitet. In der besuchten Vorstellung führt Kapellmeister Benjamin Huth das Orchester mit feiner Hand, balanciert Dramatik und Stille präzise aus.
Auch der Chor unter der Leitung von Sierd Quarré beeindruckt durch Kraft und Präzision. Die Choreografin Gal Fefferman verleiht dem Ensemble durch stakkatoartige Bewegungen zusätzliche Spannung – stark wie die ganze Oper.
