Die geplante Verpackungssteuer („Döner-Steuer“) in Osnabrück stößt bei den Schaustellern der Region auf massive Kritik. Bernhard Kracke junior, Vorsitzender des Schaustellerverbandes Weser-Ems, hält die Einführung einer Verpackungssteuer für Volksfeste und Weihnachtsmärkte für praktisch nicht umsetzbar – und warnt vor erheblichen wirtschaftlichen und strukturellen Folgen.
Im Gespräch auf dem Osnabrücker Weihnachtsmarkt macht Kracke gegenüber der HASEPOST deutlich, dass die Zielrichtung der Steuer an der Realität der Schausteller vorbeigehe. Kracke sieht einen von der Politik gewünschten Umstieg auf vom Kunden selbst mitgebrachte Behälter besonders kritisch „Für stationäre Betriebe sei das möglicherweise schon schwierig, „aber es ist für uns mehr oder weniger unmöglich“.
Aber auch ein ausgeweitetes Pfandsystem, wie sie schon seit geraumer Zeit auf Initiative der Schausteller für Glühweintassen eingeführt wurde, hält Kracke für nicht geeignet, zu unterschiedlich sind die Portionsgrößen und Anforderungen an Teller, Schalen und Behältnissen, um diese mit einer normierten „Einheitsverpackung“ abzudecken.
Kracke erklärte, dass Vertreter der Lokalpolitik im Vorfeld der Entscheidung für die Verpackungssteuer nicht mit dem Schaustellerverband gesprochen haben. Das deckt sich mit Aussagen des SPD-Oberbürgermeisterkandidaten Robert Alferink, der gegenüber der HASEPOST erklärt hatte, erst im kommenden Jahr in den Dialog mit betroffenen Unternehmen gehen zu wollen
Ab 2027 mit der Tupperdose auf den Osnabrücker Weihnachtsmarkt?
Ein zentrales Argument sieht der Vertreter der Schausteller in der Zusammensetzung des Publikums. Auf den Osnabrücker Weihnachtsmarkt kommen zahlreiche Besucher von außerhalb. „Wir sehen die vielen Busse, die quer durch Deutschland kommen, sogar von Holland und von überall“, so Kracke. Diese Gäste würden morgens ankommen, einkaufen, essen, trinken und weiterziehen. „Von diesen Menschen kann man nicht verlangen, dass die sich Tupperdosen oder ähnliches mitbringen.“

Für Geschirrspülmaschinen fehlt der Platz in den Weihnachtsmarktbuden
Auch auf Seiten der Schausteller selbst seien Mehrweg- oder Spülsysteme kaum realisierbar. Kracke verweist auf die beengten Verhältnisse: „Mir gegenüber steht zum Beispiel ein Schmalzkuchenstand auf einer Fläche von vielleicht 3 Meter mal 2,50 Meter, da ist eine Fritteuse drin, da ist eine Backecke drin.“ Für zusätzliche Spülstationen gebe es schlicht keinen Raum, so Kracke.
Es wird teuer für Familien, wenn die Pommes 70 Cent mehr kostet
Die finanziellen Folgen wären erheblich. „Wir müssten ja im Schnitt fast einen Euro auf eine Portion draufschlagen für eine Pommes alleine“, rechnet Kracke vor. „Die 3,50 kostet und man müsste jetzt sagen, da kommen jetzt 50 Cent Verpackung. Also die Schale und 20 Cent wäre die Gabel.“
Für Kracke wird der Weihnachtsmarktbesuch mit einer Verpackungssteuer auch für Familien immer unattraktiver. „Gerade die Familien, die nicht so viel Geld haben“, seien betroffen. Kracke rechnet vor, dass sich der Weihnachtsmarktbesuch mit Bratwurst, und ein paar Süßigkeiten nach den derzeit vorliegenden Plänen dann schnell um die 10 Euro verteuern würde
Nachhaltigkeit ist bei den Osnabrücker Schaustellern bereits etabliert
Den Vorwurf mangelnder Umweltstandards weist Kracke zurück. Die Pappen, die für Bratwurst, Mutzenmandeln und Co. verwendet werden, „das sind leicht verrottbare Pappen“, beschichtet ist da schon lange nichts mehr. Plastikstrohhalme seien längst verschwunden, die Beleuchtung ist vollständig auf LED umgestellt. Für Glühweintassen, die den größten Teil der Behältnisse ausmachen, gibt es ein Pfand- und Reinigungssystem – das dafür auch gut funktioniert, weil die Größe von 0,2 Liter standardisiert ist. Auch die Müllentsorgung werde von den Schaustellern getragen: „Das zahlen wir über unsere Standgelder.“ Und auch was an Ware angeliefert wird, kommt zumeist in wiederverwendbaren Körben und Behältern.
Erster Weihnachtsmarkt mit Steuer-Aufschlag in Deutschland?
Besonders alarmierend ist für Kracke der mögliche Imageschaden. „Wir wären ja bundesweit der erste Weihnachtsmarkt, der so was hätte“, warnt er. Besucher könnten ausweichen: „Die würden sich dann Weihnachtsmärkte suchen.“ Gleichzeitig drohe zusätzliche Bürokratie: „Wir haben schon so viele Dokumentationspflichten… das ist ja wieder ein Bürokratiemonster mehr.“
Für den Vertreter der Schausteller aus der Region ist die Forderung eindeutig: „Wir gehen ganz stark davon aus, dass wir eine Ausnahme erhalten. Dass wir da ausgenommen werden, wünschen wir nicht, das fordern wir sogar.“
Warum das Vorbild Tübingen beim Weihnachtsmarkt Osnabrück nicht funktioniert
Die Ratsfraktionen von SPD und Grünen, die in Osnabrück die Verpackungssteuer in der letzte Ratssitzung des Jahres auf den Weg gebracht haben, wollen eine Umsetzung nach dem Vorbild des schwäbischen Tübingen.
Dort gibt es tatsächlich eine Ausnahme von der Verpackungssteuer für Schausteller die maßgeschneidert für die dortigen Weihnachtsmarktbuden ist. Wer nicht mehr als an 10 Tagen am Jahr auf Märkten, Festen (wie dem Weihnachtsmarkt) Speisen oder Gtränke verkauft, wird von der Verpackungssteuer ausgenommen. Allerdings dauert der Weihnachtsmarkt in der schwäbischen Universitätsstadt auch nur bis zu sieben Tage – der Osnabrücker Weihnachtsmarkt beginnt bereits Ende November und endet kurz vor Heiligabend. Und anders als in Tübingen, sind es vor allem Schausteller, die in Osnabrück auf dem Weihnachtsmarkt präsent sind, und die verkaufen grundsätzlich an mehr als nur 10 Tagen im Jahr ihre Getränke und Speisen.
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