Die überraschende Abwahl des langjährigen Zoo-Präsidenten Reinhard Sliwka und die unerwartetere Neuwahl von Dr. E.h. Fritz Brickwedde bei der Jahreshauptversammlung der Zoogesellschaft im Sommer 2019 gilt allgemein als Beginn des Rosenkriegs, der schließlich zum jüngst gerichtlich geklärten Ende der Karriere des Zoo-Geschäftsführers Andreas Busemann auf dem Schölerberg führte. Doch stimmen die bislang bekannten Hintergründe?
Ein zweiseitiges PDF mit dem Titel „Fakten“, das unserer Redaktion in der vergangenen Nacht von Andreas Busemann zugesendet wurde, wirft nun ein neues Licht auf diesen Abend im August vor sechs Jahren – und die Wochen davor. Es könnte das bislang fehlende Puzzlestück sein, das bereits bekannte Fakten und Aussagen der Beteiligten sinnvoll miteinander verbindet und zu einer neuen Interpretation führt.
50 Neumitglieder machten den Weg frei für Fritz Brickwedde
Nach Darstellung von Andreas Busemann habe sich Dr. E.h. Fritz Brickwedde im Sommer 2019 – im Vorfeld der Abwahl des langjährigen Zoopräsidenten Reinhard Sliwka – selbst für die Neuwahl als Zoopräsident vorgeschlagen. Busemann sollte dafür „die Voraussetzungen“ schaffen. Diese wurden schließlich geschaffen, in Form von rund 50 vorübergehend eingetretenen Neumitgliedern der Zoogesellschaft, die sämtlich in Verbindung zu einem Geschäftspartner des Zoos standen.
Dr. Brickwedde weist diese Darstellung als „völlig absurd“ zurück. Er habe „von der Aktion mit den jungen Türken nichts gewusst“. Dies bestätigt auch Busemann: Wie die Abwahl organisiert wurde, habe Brickwedde erst im Anschluss als „Ideengeber“ erfahren.
Erst eine Pressemitteilung von Busemann an einen großen Verteiler
„Es wird Zeit, mich zu wehren“ – so überschrieb Busemann ein weiteres PDF, das er wenige Stunden vor der Übersendung des „Fakten“-Dokuments an einen größeren Verteiler verschickt hatte. Darin wiederholt er seine Sicht auf die Konflikte der vergangenen Jahre, beginnend mit dem eskalierenden Streit mit dem Aufsichtsrat bis hin zur Kritik am inzwischen erheblichen finanziellen Engagement der Stadt Osnabrück für den Zoo – soweit ist alles bekannt.
Auch eine private Beziehung zwischen Dr. Brickwedde und der späteren Frau Busemann wird kurz thematisiert, steht aber nicht in direkter Beziehung zu den Vorkommnissen rund um den Sommer 2019.
Aber auch die Abwahl des langjährigen Zoo-Präsidenten thematisiert Busemann in dem „Es wird Zeit, mich zu wehren“ Dokument. Bemerkenswert ist ein Satz in dem mit Datum 16.09.2025 datierten Papier, der so bislang nicht öffentlich war: „Herr Dr. Brickwedde, seinerzeit Vorsitzender des Zoo-Beirates, machte mir nach längeren Diskussionen den Vorschlag, eine Opposition gegen Herrn Sliwka aufzubauen und erklärte sich bereit, bei einer Abwahl von Herrn Sliwka als Zoopräsident zur Verfügung zu stehen. Entsprechende Schriftwechsel liegen vor.“
In einer ersten Reaktion übermittelte Dr. Brickwedde unserer Redaktion daraufhin eine offenbar bereits vorbereitete Erklärung. Rückblickend auf den Sommer 2019 heißt es:
„In den Monaten vor der Mitgliederversammlung, in der Zoopräsident Reinhard Sliwka keine Mehrheit erhielt, habe ich als Beiratsvorsitzender mehrere gemeinsame Gespräche als Mediator mit Präsident und Geschäftsführer geführt. Mein Ziel war es, beide im Amt zu halten.
Im Sommerurlaub informierte mich Herr Busemann telefonisch darüber, dass er mit einem schlechten Ergebnis bei der Wiederwahl des Präsidenten rechne. Es könne sein, dass R. Sliwka die Wahl dann nicht annehmen würde. Ob ich in diesem Fall zur Verfügung stehen würde – sei es auch nur für eine Übergangszeit. Nach einer Bedenkzeit habe ich zugestimmt.“
„Streitschlichter“: Was die ursprüngliche Rolle Brickweddes angeht, sind sich alle einig
Daraufhin lag der Ball wieder bei Andreas Busemann. Auf Nachfrage unserer Redaktion schickte er dann also das oben bereits erwähnte, schlicht mit „Fakten“ überschriebene PDF. Darin decken sich viele seiner Erinnerungen mit Brickweddes Darstellung: So betont auch Busemann, Brickwedde habe als „Mediator“ mehrere Gespräche geführt. Zudem schildert er, wie er Brickwedde gebeten habe, als „Ombudsmann“ zwischen Aufsichtsrat und Geschäftsführung zu vermitteln, um sich selbst stärker dem Tagesgeschäft widmen zu können.
Eine telefonische Rückfrage beim damaligen Zoo-Präsidenten Reinhard Sliwka bestätigte Brickweddes ursprünglich angedachte Rolle als Vermittler und Streitschlichter.
Es wäre „eine praktikable Lösung und damit einen Versuch wert gewesen“, schreibt Busemann über diesen Rettungsversuch des angespannten Verhältnisses zwischen ihm und dem Aufsichtsrat. Nach Schilderung von Reinhard Sliwka war dieses Verhältnis bereits lange vor dem Sommer 2019 gestört – nicht nur zwischen Sliwka und Busemann, sondern auch zwischen dem Geschäftsführer und weiteren Mitgliedern des Kontrollgremiums.
Wollte Brickwedde mehr sein, als nur Vermittler im Streit zwischen Busemann und dem Aufsichtsrat?
Neu ist hingegen Busemanns Aussage, dass Brickwedde nicht lediglich als Mediator oder Ombudsmann habe agieren wollen, sondern selbst aktiv die Abwahl von Reinhard Sliwka vorgeschlagen habe – ohne Gegenkandidat. Busemann solle dafür die Voraussetzungen schaffen.
Wäre dann die Abwahl erfolgt, sei Brickwedde für eine Kandidatur bereit.

Die in Dritter Person geschriebene Formulierung „Herr Busemann solle die Voraussetzungen schaffen“ ist dabei womöglich entscheidend. Ein paar Zeilen weiter schreibt Busemann über diese entscheidenden Wochen im Sommer 2019: „Von den Details, also auch von Absprachen mit Unternehmern, wusste Herr Brickwedde nichts.“
Die Schaffung von „Voraussetzungen“ an Busemann deligiert: Kenntnis von Details kann abgestritten werden?
Das stimmt auch mit einer von Dr. Brickwedde in einer am 26. Juni 2025 von unserer Redaktion veröffentlichten Stellungnahme überein, in der er bedteuert, dass er keine Kenntnis von den Details der Aktion hatte, die zur Abwahl Sliwkas und der anschließenden Wahl seiner eigenen Person führten.

HASEPOST berichtete bereits im August 2019, dass rund 50 Neumitglieder ihre Mitgliedschaft in der Zoogesellschaft als Geschenk ihres Chefs erhalten hatten – einem türkischstämmigen Unternehmer, der dem Zoo und Andreas Busemann eng verbunden war. Obwohl einige dieser Neumitglieder nach Angaben von Teilnehmern der Versammlung sprachlich kaum folgen konnten, stellten sie am Ende die Stimmenmehrheit für Brickwedde – und gegen Sliwka.
Das deckt sich mit einer weiteren Passage in Busemanns „Fakten“-PDF, in der er schrieb: „Von den Details, also auch von Absprachen mit Unternehmern, wusste Herr Brickwedde nichts.“
Unschlüssig bleibt jedoch die Diskrepanz zwischen Busemanns Darstellung – er habe die Voraussetzungen für die Abwahl schaffen sollen – und Brickweddes wiederholter Aussage, er sei von seiner eigenen Wahl zum Zoo-Präsidenten „überrascht“ gewesen.

Brickwedde zur Abwahl Sliwkas: „Ich hätte das nicht für möglich gehalten“
Auch in einer an diesem Donnerstag abgegebenen Erklärung gegenüber unserer Redaktion wiederholt Dr. Fritz Brickwedde seine „Überraschung“ über die Wahl zum Zoo-Präsidenten. Er erklärte wörtlich:
„Noch am 1.8.2019 – also kurz vor der Mitgliederversammlung – habe ich an Andreas Busemann und Reinhard Sliwka geschrieben: ‚Im Interesse unseres wunderbaren Zoos muss die Eskalation zwischen Euch umgehend beendet werden. Ich empfinde mich als Mediator, um zwischen Personen, Organen und Auffassungen zu vermitteln. Ich ergreife auch nicht einseitig Partei.*
Mein Ziel war es, Präsident und Geschäftsführer im Amt zu halten.
