Es sind beunruhigende Entwicklungen, die sich derzeit beim E-Scooter-Anbieter Dott (ehemals TIER) in der Franz-Lenz-Straße in Osnabrück abzeichnen. Interne Informationen, die unserer Redaktion vorliegen, sowie eine Stellungnahme des Unternehmens werfen ein kritisches Licht auf das Vorgehen in einer Phase umfassender Umstrukturierungen.
Unter dem Radar der Öffentlichkeit
Die Entscheidung steht fest: „Wir werden unser Warehouse in Osnabrück zu Ende Juni dieses Jahres schließen“, bestätigte Pressesprecherin Luisa Lindenthal auf Anfrage der HASEPOST. „Wir werden ein internes Team weiterhin in der Region beschäftigen, was Aufgaben auf der Straße erledigen kann.“
Bereits vor dieser Mitteilung war der Belegschaft jedoch aufgefallen, dass zentrale betriebliche Aufgaben zunehmend von externen Dienstleistern übernommen wurden – ohne jegliche vorherige Kommunikation. Schnell kam der Verdacht auf, dass durch diese schleichende Verlagerung von Aufgaben bewusst Tatsachen geschaffen werden sollen. Das mögliche Ziel? Betriebsbedingte Kündigungen rechtlich abzusichern, ohne dass ein tatsächlicher Auftragsrückgang oder eine vollständige Standortschließung vorliegt. Beides wäre Voraussetzung für solche Kündigungen.
Will sich Dott seiner sozialen Verantwortung entziehen?
Besonders betroffen von der Neuausrichtung sind die unbefristet beschäftigten Mitarbeitenden in Osnabrück, die teils seit über fünf Jahren zum Unternehmenserfolg beitragen. In den letzten Wochen sei ihnen laut interner Berichte mehrfach versichert worden, dass trotz externer Auftragsvergabe keine Entlassungen geplant seien. Diese Aussagen haben sich nun als trügerisch erwiesen.
Der Eindruck drängt sich auf, dass Dott sich seiner sozialen Verantwortung entzieht. Die Entscheidung zur Schließung des Standorts im Osnabrücker Hasepark fällt nicht nur überraschend, sie wird auch von einem eklatanten Mangel an Transparenz und Kommunikation begleitet. „Das Team wurde heute über die Schließung unseres Warehouses in Osnabrück informiert und alle gesetzlichen Kündigungs- und Ankündigungsfristen werden bei diesem Prozess selbstverständlich eingehalten“, teilte das Unternehmen unserer Redaktion am Montag (26. Mai) mit.

Outsourcing mit Folgen
Was für das Unternehmen betriebswirtschaftlich sinnvoll erscheinen mag, zeigt vor Ort bereits deutliche Folgen. Externe Kräfte übernehmen nun Aufgaben, die vormals qualifizierte festangestellte Mitarbeitende erledigten – laut Insidern allerdings mit spürbarem Qualitätsverlust. So wird berichtet, dass das bisher selbstverständliche Umpositionieren falsch abgestellter E-Scooter oder die Pflege des Stadtbilds nun kaum noch stattfindet. Ordnung und Verantwortung im täglichen Betrieb scheinen keine Rolle mehr zu spielen.
In der Stellungnahme betont Dott hingegen: „Die Service- und Sicherheitsstandards bleiben stets hoch und anspruchsvoll.“ Ziel sei es, „durch die Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Partnern noch agiler zu werden und dadurch einen verbesserten Service anbieten zu können.“ Doch aus Sicht der Osnabrücker Belegschaft steht dem eine spürbare Verschlechterung gegenüber – sowohl in puncto Betriebssicherheit als auch in der Wahrnehmung des Unternehmens in der Stadt.
Zunehmende Sorge bereitet so auch die Art und Weise, wie mit Gefahrgut – konkret den E-Scooter-Batterien – umgegangen wird. Interne Beobachtungen deuten darauf hin, dass die Transporte nicht den gesetzlichen Vorgaben für den Umgang mit gefährlichen Gütern, die so genannten ADR-Vorschriften unterliegen, entsprechen. So sollen Subunternehmen einfache Dieseltransporter aus dem Paketdienstbereich zur Beförderung der Lithium-Batterien nutzen – ohne gesonderte Sicherung oder Kennzeichnung. Laut Insidern ein ernsthaftes Risiko für die Verkehrssicherheit.
Widersprüche zwischen Worten und Taten
„Unsere Teams arbeiten eng mit diesen externen Partnern zusammen, um die Einhaltung der Standards und einen optimalen Service zu gewährleisten“, heißt es von Unternehmensseite. Doch aus Sicht der Betroffenen passt dieses Bild nicht zu dem, was sich derzeit in Osnabrück abspielt. Die von Dott propagierte neue Strategie scheint vor allem auf Kosten der Belegschaft und der Servicequalität zu gehen.
Luisa Lindenthal versichert: „Die soziale Verantwortung gegenüber unseren Mitarbeitenden, insbesondere denjenigen, die schon lange bei uns beschäftigt sind, hat für uns Priorität.“ In der Praxis erleben Mitarbeitende jedoch einen tiefgreifenden Vertrauensverlust – nicht zuletzt aufgrund gebrochener Zusagen, fehlender Perspektiven und mangelnder Einbindung in die strategische Neuausrichtung.
Ein Standort mit Zukunft – oder ein leiser Rückzug?
Offiziell will Dott den Betrieb in Osnabrück weiterführen, die kleinen Elektroflitzer wird man auch in Zukunft noch ausleihen können – im Gegensatz zu den E-Scootern des Anbieters Lime, der sich vor einem Jahr aus der Friedensstadt zurückgezogen hat. „Die Stadt ist einer unserer wichtigsten Märkte in der Region“, heißt es von Dott. Doch die Mitarbeitenden sehen in der aktuellen Entwicklung mehr als nur eine betriebswirtschaftliche Neuausrichtung – sie sehen eine Strategie der Entlassung durch die Hintertür. Für sie bedeutet die Schließung des Lagers: Ungewissheit, Frustration und das Gefühl, nach Jahren engagierter Arbeit im Stich gelassen zu werden.
