Die Geschichte meiner Stammzellspende Teil 2

DKMS Registrierungsset / Foto: Valéry Kloubert für DKMS

Achtung: Hier geht es zum ersten Teil des Leserbriefes.

Ein paar Wochen später fuhr ich in eine Klinik in der Nähe, bei der ich eine gründliche Vorsorgeuntersuchung machen ließ. Von der DKMS bekam ich die Bahnfahrt und das Hotel für eine Nacht gesponsert. Auch die Kosten für das Essen wurden übernommen.

Da ich mich für die periphere Stammzellenspende entschied, bekam ich ein Medikament mit, das ich mir zweimal täglich ab Tag 5 vor der Spende spritzen musste. Das Medikament mobilisiert die Stammzellen aus dem Beckenkamm ins Blut. Die Nebenwirkungen waren hart, aber ich dachte immer nur: „Blutkrebs zu haben und vielleicht dem Tod jeden Tag ein Stück näher zu sein, ist um einiges härter, als meine Nebenwirkungen“. Als ich meine Ergebnisse bekam und sah, dass ich gesund war und tauglich zur Spende, dankte ich dem lieben Gott noch einmal mehr für meine Gesundheit.

Spende im Frühling 2021

Ungefähr einen Monat später fuhr ich wieder in die Klinik zur Spende. Das war im Frühling 2021. Ich wurde in vorherigen Telefonaten und auch beim Arztgespräch bei der Vorsorgeuntersuchung über den Ablauf aufgeklärt. Morgens gab ich mir die letzte Spritze und war total nervös. Ich hatte mir im Voraus viele Berichte durchgelesen, habe mir Videos und Fotos angeschaut, aber erst die abschließenden Gespräche machten mich ruhiger.

Als es dann soweit war, sank meine Aufregung von Stunde zu Stunde. Krankenschwestern und eine Ärztin waren die ganze Zeit bei mir. Ich konnte zu jeder Zeit Fragen stellen, bekam Medikamente als mir unwohl war und Wasser zum Trinken.

Meine Spende dauerte gut drei Stunden. Danach war ich einigermaßen fit und hatte gemischte Gefühle. Wieder überkam mich ein Gefühl von Freude und purem Glück, weil ich wusste, dass ich einem völlig fremden Menschen eine zweite Chance schenken konnte. Andererseits verließ ich die Klinik mit dem Gedanken, dass es hoffentlich gereicht hat und ich nicht noch einmal wiederkommen muss. Auch da wusste ich, sollte mein Zwilling noch einmal meine Hilfe gebrauchen, werde ich noch ein zweites Mal spenden.

Ein erster Erfolg

Am Abend erfuhr ich erstmals einige Eckdaten meines genetischen Zwillings: ungefähres Alter, Geschlecht und Wohnort. 30 Tage nach meiner Spende musste ich nochmal zum Hausarzt und Blut einschicken, um zu schauen, wie es mir ging.

Die Tage vergingen und ich informierte mich drei Monate nach meiner Spende telefonisch bei der DKMS über den Gesundheitszustand meines Zwillings. Es ging ihm den Umständen entsprechend gut. Meine Stammzellen haben gereicht und wurden ihm auch schon verabreicht.

Der Rückschlag

Der nächste Anruf ließ nicht lange auf sich warten. Sieben Monate später rief mich die DKMS an. Ich saß zu dem Zeitpunkt gerade am Küchentisch und plante meinen restlichen Tag, als ich die Nummer auf meinem Display sah. Mir rutschte das Herz in die Hose und ich nahm mit zitternden Händen ab. Mir schoss direkt der Gedanke in den Kopf, dass mein genetischer Zwilling es nicht geschafft hat.

„Es gab ein Transplantationsversagen“ hörte ich, und beantwortete die nächste Frage, ob ich noch einmal bereit wäre zu spenden, direkt mit einem Ja. Ich fuhr diesmal mit eher schlechteren Gefühlen in die Klinik. Die Vorsorgeuntersuchung lief gut und ich war gesund. Der Spende stand nichts mehr im Weg. Ich hatte diesmal deutlich weniger Nebenwirkungen und mir ging es die Zeit über körperlich besser. Aber meine Gedanken drehten sich fast jeden Tag nur um meinen Zwilling.

Noch einmal zur Spende

Meine zweite Spende Anfang Januar 2022 dauerte diesmal knapp 3 1/2 Stunden. Danach war ich ziemlich kaputt. Als ich abends den Anruf bekam, dass mit meinen Stammzellen alles gut aussieht, und diese bereit sind, in das Land gebracht zu werden, in dem mein Zwilling wohnt, fiel mir ein Stein vom Herzen.

Seitdem sind noch keine drei Monate vergangen, weshalb ich noch keine Auskunft darüber bekommen konnte, wie es ihm geht. Ich glaube an Gott und bete abends im Bett oft für meinen genetischen Zwilling. Ich wünsche mir nichts mehr, als dass er es schafft und ich ihm ein wenig mehr Zeit schenken kann.

“Das wertvollste und größte, was man tun kann”

Seitdem ich gespendet habe, ist das hier mein Herzensprojekt geworden. Was ich mir für die Zukunft wünsche? Das sich noch viel, viel mehr Menschen bei der DKMS registrieren lassen und wir somit dem Blutkrebs den Kampf ansagen.

Natürlich freut man sich nicht darüber, dass der genetische Zwilling deine Hilfe braucht, aber das Gefühl nach der Spende ist überwältigend. Man muss sich nur vor Augen führen, dass  man im besten Fall ein Menschenleben gerettet hat. Ein Menschenleben. Was für eine unglaublich selbstlose Tat, einem anderen sein Leben zu retten. Das ist das wertvollste und größte, was du jemals tun kannst.

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