Die überraschende Nachricht des Donnerstagnachmittags (27. November) klang zunächst wie eine Erleichterung: Rheinmetall wolle das VW-Werk in Osnabrück-Fledder vorerst nicht übernehmen, meldete n-tv. Doch sowohl das Aktionsnetzwerk Zukunftswerk Osnabrück als auch die Initiative Rausmetall warnen vor voreiligen Schlüssen. Hinter der Absage stecke keine endgültige Entscheidung, sondern ein komplexes Geflecht aus politischem Druck, strategischen Manövern und ungelösten industriepolitischen Fragen.
Eine Absage mit Hintertür
Rheinmetall-Chef Armin Papperger erklärte laut n-tv, der Konzern verfüge derzeit über genügend eigene Kapazitäten. Gleichzeitig betonte Rheinmetall aber, der Standort Osnabrück sei prinzipiell als militärischer Produktionsort geeignet – sollte ein neuer Großauftrag kommen, könne das Werk erneut in den Fokus rücken.
Für das Zukunftswerk Osnabrück ist dies ein gefährliches Signal. „Das ist keine Entwarnung, sondern ein alarmierendes Signal. Die Tür zur Rüstungsproduktion ist nicht geschlossen, sondern nur angelehnt. Jetzt wird politisch daran gearbeitet werden, sie aufzustoßen – mit Zugeständnissen, Fördermitteln und Standortversprechen, die am Ende auf Kosten der Beschäftigten und einer nachhaltigen industriellen Perspektive gehen,“ warnt das Kollektiv.
Das Netzwerk rechnet damit, dass Land, Stadt, Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften in den kommenden Wochen versuchen könnten, den Rüstungskonzern doch noch zu locken. Die Angst vor Arbeitsplatzverlust könne dabei leicht instrumentalisiert werden – zulasten alternativer ziviler Zukunftskonzepte.
Strategisches Poker: Rausmetall warnt vor Rheinmetalls Taktik
Auch die Initiative Rausmetall mahnt, die Absage nicht als Sieg zu interpretieren. Aus ihrer Sicht steckt hinter Pappergers Auftritt ein klar kalkulierter Schachzug. Ein öffentliches Zögern könne den Druck erhöhen – und zugleich den Preis für das Werk drücken. Denn eines steht fest: Spätestens 2027 läuft die Produktion in Osnabrück aus, und VW will den Standort abgeben.
Während weiterhin keine alternativen Pläne vorliegen, geraten Beschäftigte und Politik zunehmend unter Zugzwang. Die Initiative kritisiert insbesondere die bisherige Passivität bei der Entwicklung eigener Ideen für eine zivile Zukunft des Standorts.
Konversion statt Kriegsproduktion – Ideen liegen auf dem Tisch
Beide Gruppen fordern daher klar: Osnabrück brauche jetzt eine entschlossene Diskussion über sinnvolle, nachhaltige Nachnutzungen des Werks. Die Produktion von Kleinbussen – wie etwa früher für MOIA – könne ein Ansatz sein, ebenso Technologien für klimafreundliche Mobilität oder Infrastruktur.
Zukunftswerk Osnabrück betont: „Die Beschäftigten brauchen keine Rüstungsperspektive, sondern Zukunftssicherheit. Osnabrück braucht keine Panzer, sondern eine ehrliche industriepolitische Debatte.“
Rausmetall ergänzt, dass es nun „höchste Zeit“ sei, gemeinsam mit Beschäftigten, IG Metall und Stadtgesellschaft über neue Produktionsziele zu sprechen – und dabei ein klares Nein zur Rüstungsindustrie im Vordergrund zu behalten.
Widerstand wächst: Osnabrück sendet ein Signal
Einig sind sich beide Initiativen: Die Absage ist lediglich eine Atempause. Der zivilgesellschaftliche Druck solle weiter steigen – gegenüber Rheinmetall, VW und der Politik. Ziel sei es, jede Ansiedlung eines Rüstungsunternehmens in Osnabrück zu verhindern und gleichzeitig konkrete, sozial wie ökologisch tragfähige Perspektiven zu entwickeln.
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