Sensation an der Bremer Brücke: VfL Osnabrück besiegt den HSV mit 3:2

Hermann Schmidt berichtet vom vorletzten Spieltag der Saison 2020/2021 an der Bremer Brücke, an dem sich der VfL tatsächlich und spektakulär noch eine Chance auf den Klassenerhalt sichern konnte.

Vor dem Spiel:

Die Ausgangslage für den VfL ist klar: Gewinnen Eintracht Braunschweig und der SV Sandhausen ihre Spiele (und damit darf man rechnen) bei einer gleichzeitigen Niederlage des VfL Osnabrück gegen den HSV, dann war`s das für Lila-Weiß. Wie das schier Unmögliche doch noch möglich gemacht werden kann, das steht in den Sternen und liegt in den Füßen von Kerk & Co. Der VfL Osnabrück muss gegen den HSV gewinnen, sonst ist alles für die Katz. Ein Trainer kann in einer solchen Situation nur zum Angriff blasen, und zwar vom Anpfiff an. Das birgt Risiken, vor allem dann, wenn es gegen eine Mannschaft geht, die Einzelspieler in ihren Reihen hat, die an guten Tagen einen Gegner an die Wand spielen können. VfL- Trainer Markus Feldhoff hat den Gästen aus Hamburg bereits vor dem Spiel attestiert, die höchste spielerische Qualität in der Liga zu besitzen, was deren Platz in der Tabelle allerdings nicht zu belegen vermag. Der VfL Osnabrück geht mit einer Serie von dreizehn in Folge verlorenen Heimspielen in das vorentscheidende Match gegen den von Horst Hrubesch trainierten Favoriten.

VfL Osnabrück mit gutem Beginn

Der HSV beginnt mit Gyamerah für Vangoman und beim VfL startet Wolze für den verletzten Reichel. Der VfL läuft- wohl aus Aberglauben- in Auswärtsgelb auf, der Gast hat sich mausgrau eingekleidet. Zumindest in Sachen Outfit zeigt sich der VfL also zunächst einmal überlegen.

Im Spiel unterstreicht dann Sebastian Kerk auf Flanke von Wolze mit einem Abschluss die Ambitionen der Gastgeber in der 3. Minute. Ein Freistoß von Kittel, nach einem von Amenyido verursachten Schubser, landet in der gelben Mauer. Die Gastgeber halten in der ersten Phase der Begegnung mit. Ein Qualitätsunterschied zwischen den Teams ist nach 15 Minuten nicht erkennbar. So kommt der VfL zu zwei aufeinanderfolgenden Ecken, die jedoch nichts einbringen. Der VfL macht Druck, und der HSV kontert: Man wähnt sich im falschen Film, und das ist gut so für den VfL. Die dritte Ecke wird innerhalb von drei Minuten erzwungen. Auffällig dabei die Vorstöße von Kevin Wolze über links.

Einen Schuss von Kinsombi kann Kühn abwehren, während durchsickert, dass Konkurrent Braunschweig gegen die Würzburger Kickers mit 0:2 zurückliegt. Kühn wehrt einen Distanzschuss von Onana ab. Zwei Minuten später rettet Kühn in Klassemanier gegen Terodde. Der VfL- Keeper hält seine Mannschaft im Spiel; und der Rest des Teams stemmt sich gegen die Angriffe.

HSV mit häufigem Foulspiel

Nach einem Foul von Onana läuft Kerk zum Freistoß an und setzt den Ball aus 30 m neben das Tor. Terrode streckt Taffertshofer nieder. Auffallend, wie häufig die Gäste, insbesondere Onana, Jatta und Kittel mit mehr oder weniger offenen Fouls arbeiten! Schiedsrichter Siebert aber lässt die Karte stecken.

In der 28. Minute landet die vierte Kerk- Ecke auf dem Kopf von Christian Santos, der den Ball aber nicht drücken kann.

Die verdiente Strafe für die pomadig auftretenden Hamburger folgt: in der 33. Minute flankt der bis dahin überragende Wolze auf Christian Santos, der zur 1:0 Führung einköpft.

Drei Minuten später ein erneut gelungener Spielzug des VfL über links. Doch in der 37. Minute die Ernüchterung: Nachdem die VfL-Abwehr nicht entschlossen genug eingreift, erzielt Meißner mit einem Distanzschuss den Ausgleich zum 1:1.  Drei Minuten später streift sein nächster Schuss das Alu-Dreieck des Kühn-Tores. Glück gehabt, VfL! Anschließend erneut der HSV im Vorwärtsgang: Kühn kann zur Ecke abwehren.

In den ersten fünfundvierzig Minuten hat der VfL ein dem HSV ebenbürtiges Spiel gezeigt, das nicht nur von kämpferischem Einsatz geprägt war, sondern auch bemerkenswerte Offensivaktionen produzierte. Kühn im Tor und Wolze auf der linken Außenbahn überragten. Nun wird es darauf ankommen, die ausgezeichnete Leistung in der zweiten Hälfte zu bestätigen. Hätte der VfL während der gesamten Rückrunde diese Form auf den Rasen gebracht, dann müsste man sich jetzt keine Sorgen um den Abstieg machen.

Der Kampf geht weiter

Beim HSV wird Jatta zur zweiten Halbzeit durch Narey ersetzt. Der VfL greift an. In der 47. Minute zieht Taffertshofer ab, doch Ulreich kann abwehren. Onana wird verletzungsbedingt durch Jung ersetzt (48.). Das Match an der Bremer Brücke entwickelt sich zum reinen Kampfspiel. In der 55. Minute haut Kittel den Ball in Richtung des Kastens von Kühn, doch die Kugel landet über dem Tor. In der ersten Stunde des Spiels bleibt der HSV den Beweis seiner Klasse schuldig. Trainer Feldhoff hat seine Mannschaft glänzend eingestellt. Ein von Kerk lang geschlagener Ball landet bei Maurice Multhaup, der nach einem Super-Sprint den Ball links vorbei im HSV- Tor unterbringen kann. Es steht 2:1! Eine Sensation liegt in der Luft. Nach einem Fehler von Ajdini kommt Kittel zum Abschluss, der Ball landet im Aus. In der 66. Minute können Kühn und Kerk retten. Sekunden später wehrt Kühn erneut zur Ecke ab. In dieser Phase wachsen vor allem Kühn und Kerk über sich hinaus.

Marc Heider; Torjubel, jubelt nach seinem Treffer zum 3:2 gegen den HSV am 16.05.2021, Foto: Nico Paetzel
Marc Heider; Torjubel, jubelt nach seinem Treffer zum 3:2 gegen den HSV am 16.05.2021, Foto: Nico Paetzel

Hrubesch wechselt Wintzheimer und Dudziak für Kinsombi und Gyamerah ein. Beim VfL kommt Marc Heider für Etienne Amenyido. Nun gerät der VfL unter Druck. Und steht mit elf Mann vor dem eigenen Strafraum. Powerplay des HSV. Die Kräfte der Gastgeber lassen nach. In der 76. Minute erhält Wolze gelb und Maurice Multhaupt verlässt das Feld für Konstantin Engel. Hrubesch bringt Kwarteng für Leisner.

Dann foult Jung Sebastian Kerk im Sechzehner. Doch Schiedsrichter und Kölner Keller verlegen den Strafstoß nach außerhalb. Zwei weitere Großchancen für den VfL folgen. Und dann macht der HSV in der 82. Minute doch noch den Ausgleich durch Leibold. Aber es ist noch nicht das Ende an diesem denkwürdigen Tag.

Marc Heider trifft erneut

In der nächsten Minute nämlich kann der davonziehende Marc Heider auf Pass von Ludovit Reis zum 3:2 einnetzen. Warum vier Minuten nachgespielt werden müssen, bleibt das Geheimnis des Schiedsrichtergespanns. Die Sensation ist perfekt. Der VfL Osnabrück hat den HSV in einem grandiosen Spiel verdient mit 3:2 besiegt. Der HSV bleibt ein weiteres Jahr in der zweiten Liga.  Und der VfL Osnabrück steht einen Spieltag vor Ende der Saison auf dem Relegationsplatz. Auf nach Aue! 

Zahlen und Daten

VfL Osnabrück- HSV  3:2  (1:1)

VfL Osnabrück:

Philipp Kühn; Bashkim Ajdini, Timo Beermann, Maurice Trapp, Kevin Wolze; Maurice Multhaup (76. Konstantin Engel) , Ludovit Reis, Ulrich Taffertshofer, Etienne Amenyido (69. Marc Heider); Sebastian Kerk (87. David Blacha), Christian Santos (87. Bryan Henning).

HSV:

Ulreich; Gyamerah (68. Dudziak), Leistner (79. Kwarteng), Engel, Leibold; Kinsombi (68. Wintzheimer), Onana (47. Jung); Jatta (45. Narey), Kittel; Terodde, Meißner.

Schiedsrichter:

Daniel Siebert, Berlin

Tore:

1:0 Christian Santos (33.)

1:1 Meißner (37.)

2:1 Multhaupt (61.)

2:2 Leibold (82.)

3:2 Marc Heider (83.)

Gelbe Karte:

Kevin Wolze (76.)

Ulrich Taffersthofer (93.)

Die aktuelle Tabelle (Grafik aktualisiert sich fortlaufend)

Sensation an der Bremer Brücke: VfL Osnabrück besiegt den HSV mit 3:2

Titelfoto: Ulrich Taffertshofer wirft sein Trikot über den Zaun an der Bremer Brücke, Foto: Nico Paetzel


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Hermann Schmidt
Hermann Schmidt
Hermann Schmidt beobachtet den Fußball an der Hase von der Elbe aus. In Hamburg war der gebürtige Hesse lange Zeit als Verlagsmanager tätig. Zwanzig Jahre lang hat er selbst gespielt, in der Jugend als Stürmer und danach als Vorstopper in seiner Heimat und beim BFC Südring (Berlin). Schmidt ist Autor zahlreicher Fußballbücher und Biografien. Die Buchveröffentlichungen „Legenden des FC St. Pauli“ und „Männer trinken kein Fanta“ sind im Jahr 2020 erschienen. Zu seinen Lieblingsclubs gehören neben dem VfL auch Holstein Kiel, der FC St. Pauli und der 1.FC Köln.

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