Sloterdijk warnt vor Euphorie bei bevorstehender Fußball-EM

Zu Beginn der Fußball-Europameisterschaft warnt der Philosoph Peter Sloterdijk vor übermäßiger Begeisterung und weist auf die Aspekte der Massenkultur und des Spektakels in solchen Veranstaltungen hin. In einem Interview mit der Rheinischen Post nimmt Sloterdijk Bezug auf das “Sommermärchen” 2006 und spricht über seine Beobachtungen und Bedenken im Kontext der Fußballunterhaltung.

Sloterdijk über das “Sommermärchen” und Massenkultur

Peter Sloterdijk warnte in einem Interview mit der “Rheinischen Post” vor einer allzu großen Begeisterung für die bevorstehende Fußball-Europameisterschaft. Seiner Aussage nach können “Märchen dieser Art nicht à la carte bestellt” werden. Er verweist auf das “Sommermärchen” von 2006, das nach seiner Ansicht aufgrund seines Zeitpunkts kurz nach der Wiedervereinigung eine besondere Note hatte. “Es markierte einen der wenigen Momente in der deutschen Nachkriegswirklichkeit, in dem sich Nationalgefühle von der festlichen Seite zeigten. Für die meisten Zeitgenossen war es eine überraschend positive Erfahrung, dass ein Grund, als viele zusammen zu sein, für diesmal im Register der guten Gefühle zu finden war, wenn`s auch nur für wenige Wochen reichte”, sagte er.

Die dunkle Seite des Fußball-Spektakels

Laut Sloterdijk erinnern ihn Fußball-Veranstaltungen wie die EM auch an die “Unterhaltungsmassaker” der römischen Kaiser. Die Arenen fungierten dabei “als Schicksalstheater und als Entscheidungsgenerator”, so der Philosoph. Er betont die Langeweile eines siegreichen Imperiums und sieht die Notwendigkeit, Entscheidungskämpfe zu simulieren, um gegen die imperiale Langeweile zu kämpfen. “In den Arenen wurden Schicksalsdramen in realer Zeit aufgeführt”, fügte er hinzu.

Massenkultur und ihre Gefahren

Sloterdijk warnt zudem vor der Gefahr der Massenkultur, die er als verdächtig dekadent bezeichnet. “Sie besteht darin, anderen beim Scheitern zuzuschauen und zufälligen Siegern wie Halbgöttern zu applaudieren. Wenn Dekadenz weit fortgeschritten ist, lässt sich zwischen einem Ernstfall und der Simulation des Ernstfalls nicht mehr unterscheiden”, sagte er.

Sloterdijk, ehemaliger Rektor der Staatlichen Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe und derzeit Gastprofessor am Collège de France, äußerte auch seine verändernde Einstellung zu Bayern München. Zu seiner Enttäuschung sagte er: “Nicht die Fans haben dem Verein den Rücken gekehrt – eher hat der Verein die im Stich gelassen, die es gut mit ihm meinten”. Sein nächstes Buch mit dem Titel “Kontinent ohne Eigenschaften” wird im November im Suhrkamp-Verlag veröffentlicht.


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mit Material von dts Nachrichtenagentur
mit Material von dts Nachrichtenagentur
Dieser Artikel wurde mit Material der Nachrichtenagentur dts erstellt, kann jedoch durch unsere Redaktion ergänzt oder aktualisiert worden sein.

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