Nach Vorwürfen: So läuft es in der Osnabrücker Landesaufnahmebehörde

Im Dezember veröffentlichte die Initiative No Lager einen offenen Brief, in dem sie die Umstände in der Landesaufnahmebehörde (LAB) am Natruper Holz bemängelte. Nun räumt die LAB mit einigen Vorwürfen auf. 

Seit 2015 gibt es den Standort der Landesaufnahmebehörde nahe des Natruper Holz. Seit jeher kommen dort Geflüchtete aus etlichen Länder an – meist dann, wenn sie vor Krieg und Gewalt im eigenen Land flüchten. 42 Nationalitäten leben dort derzeit unter einem Dach, sagt Standortleiterin Birgit Beylich. Seit 2018 ist sie für die Abläufe im ehemaligen Bundeswehrkrankenhaus zuständig. 660 Personen leben zurzeit am Osnabrücker Standort, 9.500 Geflüchtete suchen in ganz Niedersachsen ein neues Zuhause. “Derzeit haben wir eine sehr hohe Belegung in ganz Niedersachsen”, sagt Hannah Hintze, Pressesprecherin der Behörde. Seit Sommer 2022 würden wieder vermehrt Menschen in Deutschland Schutz suchen – die meisten aus der Ukraine, Syrien, Irak oder Afghanistan. “Zeitweise hatten wir vierstellige Anreisen pro Woche in Niedersachen.”

Dieser große Strom mache sich auch in Osnabrück bemerkbar. Zeitweise mussten deshalb tatsächlich Betten im Speisesaal aufgestellt werden. Doch damit ist jetzt Schluss, in zwei Kantinen können die Bewohnerinnen und Bewohner nun wieder ohne feste Zeit essen. Eine Mengenbegrenzung gebe es dabei nicht. Schweinefleisch werde generell nicht serviert und auch religiöse Feste wie Ramadan würden berücksichtigt werden.

Sicherer Ort auf Zeit

In der LAB warten Menschen auf ihr Asylverfahren. Doch unabhängig von ihren Chancen im Verfahren würde man allen Bewohnerinnen und Bewohnern die gleichen Möglichkeiten bieten. In einem Erstgespräch werden die Bedarfe festgesteckt: Wer braucht Kleidung? Wird eine besondere medizinische Versorgung benötigt? Wie stark ist das Trauma? “Wir haben hier rund um die Uhr eine Sanitätsstation”, macht Beylich klar. Mehrfach pro Woche kämen ortsansässige Hausärzte vorbei. “Wir haben außerdem einen geschützten Frauenbereich und einen Safe Place für Kinder.”

Diese Symbole auf Augenhöhe der Kinder zeigen: Hier ist ein Safe Space. / Foto: Schulte
Diese Symbole auf Augenhöhe der Kinder zeigen: Hier ist ein Safe Place. / Foto: Schulte

“Eine große Herausforderung ist die Tagesstruktur”, sagt Beylich. “Die Menschen warten hier auf ihr Asylverfahren und dürfen währenddessen nicht arbeiten.” Die Landesaufnahmebehörde sei zwingend an die Entscheidungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gebunden. Dennoch versuche man durch ehrenamtliche Sprachkurse, Musik-, Sport- und Kunstprojekte mit heimischen Vereinen und Initiativen einen Tagesablauf anzubieten. “Vormittags lernen sie die Sprache, nachmittags dann in Wegweiserkursen die deutsche Kultur – zum Beispiel wie man Bus fährt”, erklärt Hintze.

Auch in Osnabrück 80-Cent-Jobber

Für Geflüchtete werden auch in Osnabrück sogenannte 80-Cent-Jobs angeboten. Mit dieser Maßnahme wollte der Bund 2016 Menschen eine Arbeitsmöglichkeit bieten. “Dabei handelt es sich um freiwillige Arbeitsangelegenheiten”, stellt Robert Klask klar und ergänzt, “die sehr gut angenommen werden.” Dabei handele es sich um Hilfsaufgaben wie Küchenunterstützung, Müll aufsammeln oder auch den eigenen Kräutergarten versorgen. “Den Vorwurf der Ausbeutung will ich hier ausdrücklich zurückweisen”, so Hintze. “Hier wird niemand ausgebeutet und auch nicht als Mitarbeiter für die LAB eingesetzt. Das sind ausschließlich unterstützende Tätigkeiten.” In Hinblick auf eine höhere Bezahlung seien der Behörde allerdings die Hände gebunden, die Entscheidung werde vom Bund getroffen.

Bei 42 Nationalitäten unter einem Dach arbeitet man in der Landesaufnahmebehörde vor allem mit Bildern und Farben zur Orientierung. / Foto: Schulte
Bei 42 Nationalitäten unter einem Dach arbeitet man in der Landesaufnahmebehörde vor allem mit Bildern und Farben zur Orientierung. / Foto: Schulte

Vor der Pandemie habe es eine Zusammenarbeit mit der Handwerkskammer gegeben, sodass Geflüchtete in das Friseur- oder Maler-Handwerk schnuppern konnten und fachbezogenen Deutschunterricht erhielten. Das sei derzeit allerdings mit den knappen Bundesfördermitteln schwierig.

Bewohnersprecherbeirat als “Kummerkasten”

Vor der Pandemie führte das rund 200-köpfige Team einen Bewohnersprecherbeirat aus zehn Bewohnerinnen und Bewohnern ein. Zweimal in der Woche würde man hier in den Austausch kommen, zusätzlich gebe es eine Art Kummerkasten, in den Sorgen, Probleme, aber auch Lob eingeworfen werden kann. Das Pendant gebe es auch für Kinder und Jugendliche. Regelmäßig würden auch Vertreterinnen und Vertreter der Polizei, des Sicherheitsdienstes oder auch des BAMF teilnehmen. “Uns ist ganz wichtig: Jeder bekommt eine Antwort auf sein Anliegen”, sagt Beylich. Außerdem würden elf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sozialen Dienstes stets ein offenes Ohr haben. “Alle haben einen festen Ansprechpartner”, sagt Katharina Cruys von der Diakonie. Diese säßen auf dem jeweiligen Flur, um die Wege kurz zu halten.

Hier soll zwar jeder raus, aber nicht jeder rein dürfen. / Foto: Schulte
Hier soll zwar jeder raus, aber nicht jeder rein dürfen. / Foto: Schulte

Ein Polizist sowie eine Polizistin sind vor Ort, ein Zaun umgibt das Gelände. “Die Menschen sind hier frei und können sich frei bewegen”, sagt Beylich. Doch auch in Niedersachsen seien Anschläge auf Unterkünfte verübt worden. “Es zeigt sich leider, dass es ohne Schutz nicht immer funktioniert. Unser Auftrag ist es, diese Menschen zu schützen”, so Beylich. “Deshalb kommen alle jederzeit raus, aber nicht jeder rein.” Ein wechselnder Sicherheitsdienst ist vor Ort ebenfalls unterwegs. Rassistische Vorwürfe wie sie in dem offenen Brief erhoben wurden, habe es laut ihr bisher nicht gegeben.

Initiative lehnte Gesprächsangebot ab

Vor der Pandemie habe es einen runden Tisch mit der Initiative No Lager gegeben. Auf ein Angebot, diesen wieder aufleben zu lassen, haben es laut Beylich keine Reaktion gegeben. Und auch auf die Vorwürfe in Bramsche (NDR berichtete) habe die Initiative das Gesprächsangebot abgelehnt. “Beschwerde und Kritik ist berechtigt”, sagt die Standortleiterin. Deshalb wolle man in den Dialog gehen, unwahre Behauptungen aus dem Weg räumen und gemeinsam nach Lösungen suchen. Das Gesprächsangebot seitens der Behörde bestehe nach wie vor.


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Jasmin Schulte
Jasmin Schulte
Jasmin Schulte begann im März 2018 als Redakteurin für die Hasepost. Nach ihrem Studium der Germanistik und der Politikwissenschaft an der Universität Vechta absolvierte sie ein Volontariat bei der Hochschule Osnabrück. Weitere Stationen führten sie zu Tätigkeiten bei einer lokalen Werbeagentur und einem anderen Osnabrücker Verlag. Seit März 2022 ist Jasmin Schulte zurück bei der HASEPOST und leitet nun unsere Redaktion. Privat ist Jasmin Schulte als Übungsleiterin tätig, bloggt über Literatur und arbeitet an ihrem ersten eigenen Roman.

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