Guten Abend,

ich melde mich aus dem Urlaub zurück. Es hat gut getan, sich ein wenig aus dem Alltag auszuklinken, andere Länder und Sitten kennenzulernen, mal wieder das Meer zu sehen. Aber es tut auch gut, wieder nach Hause zu kommen und festzustellen, daß alles noch beim alten ist, daß sich Osnabrück nicht mal eben neu erfindet, nur weil ich für ein paar Tage außer Dienst bin. Ein paar kreative Köpfe haben versucht, das Sommerloch mit Wortspielen über meinen Namen zu überbrücken. Ich finde „Mösern statt mosern“ zwar nicht sonderlich gelungen, aber wie sagte schon der gute alte Fritz: Jeder muß nach seiner Fasson selig werden. Das eine schließt das andere ja nicht aus, ein Möser hat zeit seines Lebens immer gerne über die verlotterten Zustände in Staat, Gesellschaft und Politik gemosert. Und ich würde mich freuen, wenn es mehr Publizisten gäbe, die kein Blatt vor den Mund nehmen und Mißstände offen anprangern, statt der herrschenden Klasse nach dem Munde zu schreiben und sich im Glanze der politischen Korrektheit zu sonnen. Wobei ich mich ständig frage, wer die politische Korrektheit eigentlich definiert, wer die Richtung vorgibt und die Einhaltung überwacht. Ich sehe einen ganzen Haufen gutbezahlter Denker und Dichter in den Regierungszentralen sitzen und über neuen Ideen brüten, was als politisch korrekt gelten darf und was auf keinen Fall erlaubt ist. Und über allem thront eine unsichtbare Instanz, die den Daumen hebt oder senkt, nach Gutsherrenart und beseelt von der eigenen Unfehlbarkeit. Mir ist nicht wohl bei dem Gedanken. Deshalb mache ich mir den oben genannten Slogan einfach mal in leicht abgewandelter Form zu eigen: Mösern und Mosern – so wird ein Schuh draus!

Heute am frühen Nachmittag habe ich mich über den Konrad-Adenauer-Ring in Richtung Rosenplatz bewegen wollen. Ich saß im Auto und wollte eigentlich zum Marktkauf Nahne, um etwas zu essen und ein paar Lebensmittel für das Wochenende einzukaufen. Doch dieses an und für sich harmlose Vorhaben mußte aufgrund eines Mega-Staus abgebrochen werden. Ich kam nicht mehr vor oder zurück, habe für eine Strecke von zwei Kilometern über eine Stunde gebraucht, und als ich endlich wieder etwas zügiger voran kam, hatte ich keinen Hunger mehr. Später habe ich dann erfahren, daß es irgendwo am Wall einen heftigen Unfall gegeben hat, der für die ganzen mißlichen Umstände verantwortlich war. Ich weiß nicht, ob eine freie Durchfahrt über den Neumarkt den Stau abgemildert hätte. Ich verstehe allerdings auch nicht, warum die Regenbogenkoalition in Osnabrück kurz vor der Kommunalwahl immer noch mit aller Gewalt versucht, ihre ideologisch verblendete Verkehrspolitik durchzusetzen und als segensreiche Wohltat für die Bürger zu verkaufen. Mittlerweile wird auch von Vertretern der FDP-Ratsfraktion offen die Möglichkeit eingeräumt, daß es nicht mehr zum Bau des versprochenen Super-Einkaufscenter im alten Wöhrl-Haus kommen wird. Trotzdem halten die für dieses Fiasko verantwortlichen Ratsherren und -damen unverändert an ihrer Linie fest und degradieren dabei die Kommunalwahl zu einer Volksabstimmung über die banale Frage, ob der Neumarkt für den motorisierten Individualverkehr geöffnet bleiben soll. Als ob wir in unserer Stadt keine dringlicheren Probleme haben. Ich wünsche mir Politiker, die für mehr bezahlbaren Wohnraum kämpfen, für mehr Arbeitsplätze in unserer Stadt, für ein gerechteres Steuersystem, das die kleinen Gewerbetreibenden entlastet und Investitionen wieder attraktiv machen würde, für ein funktionierendes Schul- und Hochschulsystem mit intakten Gebäuden und einer ausreichenden Anzahl an Lehrkräften. Das sind alles wichtige Punkte, die in einem Kommunalwahlkampf die politische Auseinandersetzung bestimmen sollten. Stattdessen wird in Osnabrück das politische Programm der meisten Parteien von ein paar hundert Metern Asphalt dominiert. Es kann doch nicht sein, daß es außer dem Neumarkt in unserer Stadt keine Visionen und Ziele mehr gibt. Ich hoffe, der Bürger wird auf dieses unsägliche Verhalten am 11. September die passende Antwort geben. Vielleicht ist dann endlich der Weg frei für den gesunden Menschenverstand und für politisches Handeln, daß sich am Wohl der Bürger orientiert. Nicht nur in Worten, sondern zur Abwechslung auch mal in Taten. Es würde unserer Stadt gut tun.

Ich wünsche allen HASEPOST-Lesern ein Wochenende, an dem es ausnahmsweise mal nichts zu mösern gibt. Und schönes Wetter. Die Hoffnung stirbt zuletzt!

Ihr

Justus Möser

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