Ein weiter so wie bisher, teils im Wettbewerb gegeneinander und mit teuren Doppelstrukturen, wird es nicht mehr gebene. Das machte nicht zuletzt Osnabrücks Oberbürgermeisterin Katharina Pötter, zusammen mit Vertretern von Klinikum und den Niels-Stensen-Kliniken bei einem kurzfristig einberufenen Pressetermin am Mittwochnachmittag deutlich.
Hintergrund war die inzwischen erfolgte Abstimmung und Unterzeichnung eines Letter of Intent (LOI) zur engeren Zusammenarbeit der drei großen Krankenhausstandorte – Klinikum Osnabrück (Finkenhügel), Marienhospital Osnabrück und Franziskus-Hospital Harderberg. Damit gibt es ein gemeinsames medizinisches Zielbild – auch für den Abbau teurer Doppelstrukturen und insbesondere für die Sicherung der Versorgung auf heutigem, nahezu universitärem Niveau.
In Zukunft eine neue Arbeitsteilung zwischen Finkenhügel, Innenstadt und Harderberg
Die kurz als LOI bezeichnete gemeinsame Absichtserklärung legt erstmals verbindliche Leitlinien für die künftige Aufstellung der Krankenhauslandschaft im Raum Osnabrück fest.
Das Klinikum am Finkenhügel soll zur zentralen Notfallversorgung mit erweiterter Neurologie und 24/7-Bereitschaft ausgebaut werden.
Das Marienhospital in der Innenstadt wird sich als onkologischer Schwerpunktstandort mit zertifizierten Krebszentren und kardiologischer 24-Stunden-Katheterbereitschaft profilieren.
Das Franziskus-Hospital am Harderberg wird sich stärker auf orthopädische und elektive Eingriffe spezialisieren, mit moderner Robotik-Chirurgie und einem Schwerpunkt auf Endoprothetik und Wirbelsäulenchirurgie. Alle drei Häuser behalten eine Notaufnahme – abgestuft nach Versorgungsstufen.
Oberbürgermeisterin will „Partnerschaft auf Augenhöhe“
Oberbürgermeisterin Katharina Pötter unterstrich bei der Vorstellung, dass diese Neuordnung notwendig sei, um die medizinische Qualität dauerhaft zu sichern: „Ein ‚Weiter so‘ kann es nicht geben. Wir wollen die bestmögliche Gesundheitsversorgung für die Menschen in dieser Region gewährleisten und zugleich die Arbeitsplätze sichern.“ Privatwirtschaftliche Lösungen seien dabei ausdrücklich ausgeschlossen – angestrebt werde eine „Partnerschaft auf Augenhöhe“ zwischen kommunalem und freigemeinnützigem Träger.
Organisatorische Struktur: eine gemeinsame Holding für drei Kliniken
Organisatorisch favorisieren die Träger ein Holding-Modell. Eine gemeinsame Dachgesellschaft soll künftig die Kliniken strategisch steuern, während die rechtliche und wirtschaftliche Eigenständigkeit der einzelnen Gesellschaften erhalten bleibt. Innerhalb dieser Struktur werden alle betriebswirtschaftlichen, rechtlichen und steuerlichen Fragen – von Due-Diligence über Mehrjahresplanung bis zur Finanzierung – in definierten Arbeitspaketen ausgearbeitet. Auch Abstimmungen mit dem Land Niedersachsen, Kostenträgern und Zertifizierungsstellen sind bereits fest eingeplant.
Kliniken sollen unter der Dachgesellschaft ihre Eigenständigkeit bewahren
Christina Jaax, Geschäftsführerin der Niels-Stensen-Kliniken erläutert: „Wir bevorzugen ein Modell, das die Eigenständigkeit respektiert, aber Synergien hebt. Wir wollen die Mitarbeitenden auf diesem Weg eng mitnehmen – über interne Dialogformate, FAQs und transparente Kommunikation.“ Damit soll auch den unterschiedlichen Tarif- und Versorgungssystemen Rechnung getragen werden, die in einer gemeinsamen Struktur fortbestehen.
Warum die Reform jetzt kommt?
Die Verantwortlichen verweisen auf den zunehmenden Druck durch die Bundes-Krankenhausreform, die künftige Zuteilung von Leistungsgruppen durch das Land sowie steigende Qualitätsanforderungen und Fachkräftemangel. Doppelvorhaltungen sollen künftig durch Bündelung von Kompetenzen ersetzt werden, um Spezialisierung und Mindestmengen zu sichern. Außerdem stehen beide Träger unter wirtschaftlichem Druck: Fehlbeträge in Millionenhöhe erschweren die Finanzierung. Fördermittel des Landes und Gelder aus dem Transformationsfonds des Bundes gelten als entscheidende Grundlage für die Umsetzung. Das Land Niedersachsen hat Unterstützung signalisiert, sofern ein gemeinsames Konzept vorliegt.
Für den Patienten soll sich nichts ändern
Trotz der anstehenden Mammut-Aufgabe versichert Klinikum-Geschäftsführer Frans Blok: „Für die Patientinnen und Patienten ändert sich im Grunde nichts. Das Angebot bleibt, es wird nur anders sortiert und konzentriert.“ Durch die Bündelung von Fachbereichen würden Qualität und Wirtschaftlichkeit gleichermaßen steigen. „Die großen Bauabschnitte starten frühestens ab 2027 und werden wohl nicht vor 2032 abgeschlossen sein“, so Blok zum weiteren Zeitplan.
Ein Abbau von Arbeitsplätzen ist nicht das Ziel
Nach Angaben der Träger ist der Zusammenschluss nicht auf Personalabbau ausgerichtet. Bestehende Arbeitsverträge und Tarifwerke bleiben zunächst bestehen. Unterschiedliche Systeme – kommunal und kirchlich – sollen im Rahmen der Holding berücksichtigt werden. Gleichzeitig wird geprüft, wo gemeinsame Strukturen, etwa in Labor oder IT, Synergien schaffen können, ohne die Standorte zu schwächen.
Weihbischof Johannes Wübbe appellierte an das Vertrauen der Belegschaften: „Wenn wir diesen Schritt nicht gehen, droht die medizinische Versorgung in der Region zu leiden. Stadt und kirchlicher Träger müssen jetzt gemeinsam handeln.“ Er verwies darauf, dass das Land Niedersachsen einen abgestimmten Weg ausdrücklich unterstütze.
Wie geht es jetzt weiter mit den Osnabrücker Kliniken?
Der LOI sieht einen klaren Fahrplan vor: Bis April 2026 sollen die Detailkonzepte zu Medizin, Standorten und Organisation vorliegen. Im Mai 2026 sind die Beschlüsse in den Aufsichtsgremien vorgesehen. Die Umsetzung erster Maßnahmen könnte frühestens zum 1. Januar 2027 starten. Größere Bauabschnitte, darunter neue OP- und Intensivbereiche am Klinikum sowie Umbauten im Marienhospital, werden sich über mehrere Jahre erstrecken. Fertigstellungen zentraler Bauabschnitte erwarten die Verantwortlichen frühestens 2032.
Hinweis: Der unserer Redaktion vorliegende Letter of Intent ist eine Absichtserklärung. Endgültige Entscheidungen zu Holding, Leistungszuordnungen und Bauprojekten folgen nach Abschluss der laufenden Arbeitspakete und der Abstimmung mit dem Land Niedersachsen.
Autoren: Dana Beckmann und Heiko Pohlmann
