Immobilie ohne Eigenkapital finanzieren

Die beständig steigenden Immobilienpreise lassen die Anfragen, ob eine Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital möglich ist, ansteigen. Aber ist eine solche Finanzierung sinnvoll, wenn doch 100 Prozent der benötigten Summe von der Bank geliehen wird? Dieser Artikel geht der Frage auf den Grund und erklärt, wann eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital möglich ist und welche Voraussetzungen bestehen. Außerdem wird aufgezeigt, was Verbraucher beachten sollten, die eine solche Finanzierung in Anspruch nehmen möchten.

Was ist eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital?

Vorab gilt es, eine genaue Erläuterung zur Baufinanzierung ohne Eigenkapital zu geben. Denn es gibt zwar Optionen, die sich markant voneinander unterscheiden:

  • 100-Prozent-Finanzierung – der Kreditnehmer nimmt das Geld für den Erwerb oder den Bau einer Immobilie Grundstück, Baukosten oder die Kaufsumme sind damit abgedeckt. Er nimmt aber keine Finanzierung für die Baunebenkosten in Anspruch, diese zahlt er aus eigenem Vermögen.
  • 110-Prozent-Finanzierung – bei dieser Variante wird die Kauf- oder Bausumme samt aller damit verbundenen Kosten Notargebühren werden somit ebenso über den Kredit bezahlt, wie die Grunderwerbssteuer und weitere Nebenkosten. Die Finanzierungssumme kann übrigens auch 115 Prozent betragen, da etliche Nebenkosten regional variieren.

Im Grunde wird immer geraten, möglichst von einer 110-Prozent-Finanzierung abzusehen. Die Kaufnebenkosten sollten selbst getragen werden, was einen ganz einfachen Grund hat. Funktioniert die Finanzierung auf Dauer nicht, so deckt der Wert des Hauses die komplette Finanzierungssumme nicht ab. Der Kreditnehmer könnte die Schulden somit nicht vollständig durch den Verkauf des Hauses decken, sondern würde weiterhin gegenüber der Bank zahlungspflichtig bleiben.

Dennoch muss auch eine 100-Prozent-Finanzierung gut überlegt sein. Im Regelfall sind die Hürden für eine solche Finanzierung relativ hoch. Die Bank trägt die Finanzierungssumme in jedem Fall als Grundschuld auf das Haus in das Grundbuch ein.

Wer bekommt eine Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital?

Damit eine Bank die Finanzierungssumme vollständig ohne Eigenkapital zur Verfügung stellt, muss der Kreditnehmer etliche Voraussetzungen erfüllen. Es gilt:

  • Bonität – die Bonität muss tadellos sein, was bedeutet, dass der Kreditnehmer über ein überdurchschnittliches Einkommen verfügt, welches nach Abzug aller Kosten eine hohe Rate ermöglicht. Bereits laufende Kredite oder Autofinanzierungen könnten diesbezüglich nachteilig sein, da der Finanzierungsbank durch diese Kredite weniger Geld zur Verfügung steht.
  • Schufa – es dürfen schlichtweg keine negativen Einträge in der Schufa vorhanden sein. Jeder Minuspunkt schmälert die Chancen auf die Finanzierung.

Solche Finanzierungen werden höchst selten komplett über das Internet abgeschlossen. Oft handelt es sich bei der Zusage um Einzelfallentscheidungen, die auch durch persönliche Gespräche mit dem Bankberater und der ausgiebigen Prüfung der Vermögensverhältnisse gefällt werden. Mitunter kann auch ein hohes Gehalt nicht ausreichen, gerade dann, wenn dieses im Rahmen eines befristeten Vertrags verdient wird. Eine unbefristete Beschäftigung ist immer ein Pluspunkt.

Ein weiterer Vorteilsfaktor ist, wenn die Finanzierung nicht allein, sondern mit einer weiteren Person gestemmt wird. Ein jeweils gut verdienendes Pärchen hat wesentlich bessere Chancen als Singles, die wiederum ihre Chancen erhöhen können, wenn sie Sicherheiten im Rücken haben. Natürlich wirken sich auch bereits bestehende und abbezahlte Immobilien oder Bürgschaften vermögender Eltern positiv auf die Entscheidung aus. Wer diese Voraussetzungen erfüllt, hat gute Chancen, eine Vollfinanzierung zu erhalten. Sollte die Bonität hingegen nicht ausreichen, muss erst Eigenkapital angespart werden.

Worin liegen die Vorteile?

Die Finanzierung ohne Eigenkapital kann in vielen Fällen durchaus lohnenswert sein. Der Immobilienmarkt ist stark in Bewegung, kennt aktuell jedoch eher nur die Richtung in die Höhe. Wer beispielsweise heute eine Traumimmobilie, gar via Zwangsversteigerung, findet, der könnte über die eigenkapitalfreie Finanzierung ein echtes Schnäppchen machen. Generell sprechen die folgenden Punkte für diese Finanzierungsform:

  • Keine Wartezeit – bei einer Finanzierung ohne Eigenkapital entfällt die Wartezeit, die durch das Ansparen des Eigenkapitals notwendig wäre. Somit kann schnell auf den Markt reagiert werden und der Traum vom Haus nun schon realisiert werden.
  • Zinsniveau – aktuell ist das Zinsniveau noch sehr niedrig. Es ist wahrscheinlich, dass die Zinsen in den nächsten Jahren deutlich angehoben werden, wodurch sich Kredite wiederum verteuern. Wer nun eine Finanzierung abschließt und auf eine lange Zinsbindung setzt, der spart letztendlich Geld.
  • Günstige Preise – sicherlich sind die Immobilienwerte hoch und die Kaufpreise teuer. Doch ist gerade in beliebten Regionen und Metropolen davon auszugehen, dass die Preise künftig weiterhin anziehen, sodass Immobilienkäufer heute noch ein relatives ›Schnäppchen‹ machen können.

Vorteile gibt es also durchaus. Allerdings sollte niemand den Fehler machen und die Rechnung aufstellen, die bisherige Miete gegenüber der Rate anzusetzen. Diese Rechnung geht nur bei sehr günstigen Mietpreisen vollends auf, da im Eigenheim wiederum Kosten anfallen, die mit einer Kreditrate nicht abgegolten sind. Etliche Immobilienfinanzierungen brechen aus diesem Grund zusammen, denn sobald ein Defekt im Haus zu verzeichnen ist, fehlen die notwendigen Gelder.

Welche Nachteile hat eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital?

Gewiss hat diese Form der Immobilienfinanzierung auch Nachteile. Das Traumhaus lässt sich nicht schnell erwerben, ohne dass Nachteile den Weg pflastern. Vernachlässigt oder verdrängt dürfen die Minuspunkte niemals werden, denn diese Vorgehensweise kann schlecht ausgehen. Die Nachteile auf einen Blick:

  • Rate – sie ist grundsätzlich höher, da auch die Kreditsumme höher ist. Interessenten sollten daher im Vorfeld eine genaue Kostenrechnung erstellen, damit sie wissen, welche Rate für sie infrage kommt.
  • Laufzeit – es gibt zwei Optionen. Entweder, die Laufzeit des Kredits bleibt kürzer und im Rahmen der von Finanzierungen mit Eigenkapital, oder aber, sie wird verlängert. Die erste Lösung ist ausschließlich bei sehr gutem Einkommen tragbar, die letzte verursacht wieder höhere Kosten, da die Zinsen über eine längere Zeit bezahlt werden müssen.
  • Zinsniveau – das Ausfallrisiko bei den Finanzierungen ohne Eigenkapital ist deutlich höher. Dieses lassen sich die Banken über höhere Zinsen bezahlen.
  • Risiko – wie erwähnt, ist das Ausfallrisiko höher. Im ärgsten Fall wird die Immobilie zwangsversteigert, bringt aber nicht die geschuldete Summe ein, sodass der ehemalige Besitzer weiterhin verschuldet ist. Gerade bei 110-Prozent-Finanzierungen geschieht dies schnell, wenn die Immobilie keinen enormen Wertzuwachs aufzuweisen hat.

Es ist ersichtlich, dass diese Form der Finanzierung unbedingt gut durchdacht sein muss. Es ist wichtig, auf Sicherheit zu setzen und trotz aller Wünsche und eventuellen Eile auch die Zukunft mit einzuschätzen. Wie würden beispielsweise die beruflichen Chancen aussehen, wenn der bisherige Arbeitgeber Insolvenz anmeldet? Wäre es wahrscheinlich, schnell eine neue Arbeitsstelle mit ähnlicher Bezahlung zu finden? Wer alle Schritte gut abwägt und zu einem positiven Ergebnis kommt, kann jedoch durchaus attraktive Angebote für eine Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital finden.

Was bestimmt die Kosten einer solchen Baufinanzierung?

Eine Frage ist stets, wie sich Finanzierungskosten überhaupt zusammensetzen. Diese Frage haben sich viele Menschen schon im kleineren Rahmen gestellt, beispielsweise, wenn sie und ein Bekannter jeweils einen Kredit bei derselben Bank in gleicher Höhe aufgenommen haben – und beide unterschiedliche Kosten tragen mussten. Grundsätzlich entscheiden sich die Baufinanzierungskosten anhand:

  • Person – die Person des Kreditnehmers steht mit im Fokus. Umso geringer das Risiko eines Ausfalls eingeschätzt wird, desto niedriger sind auch die Kosten. Im Regelfall wird ein gut verdienender 20-Jähriger anders eingeschätzt als ein gut verdienender mit 30 Jahren. Junge Paare und Familien haben ebenfalls andere Konditionen.
  • Immobilie – die Region und die Lage der Immobilie entscheidet ebenfalls. Nicht selten schicken Banken vor der Finanzierung einen Gutachter raus, um den Wert korrekt einzuschätzen. Ist es ersichtlich, dass sich die Lage der Immobilie in den kommenden Jahren deutlich verbessert und es zu einer Wertsteigerung kommt, so ist das positiv für die Finanzierung. Im Umkehrschluss kann eine Bank eine Immobilie in guter Lage negativ einschätzen, wenn sie weiß, dass im kommenden Jahrzehnt ein Autobahnzubringer in der direkten Nähe gebaut wird.

Gerade der letzte Punkt ist für Finanzierer wichtig. Es sollte immer bei der Baubehörde angefragt werden, ob Projekte in der Nähe des Hauses geplant werden. Schon so manch ein Eigentümer erwarb ein Haus mit Blick auf den Wald und durfte zwei Jahre später feststellen, dass dort eine Lagerhalle errichtet wurde.

Wann lohnt sich eine solche Finanzierung?

Generell kann eine Finanzierung ohne Eigenkapital nicht angeraten werden. Kurzum erfüllt die Mehrheit der Hausinteressenten die Voraussetzungen nicht – auch die zu ihrem eigenen Schutz. Dennoch ist sie für einige Menschen nicht ausgeschlossen:

  • Junge Paare – wer zusammen mit seinem Partner schon in jungen Jahren sehr gut verdient und zugleich einen sicheren Job hat, der kann den Schritt gehen. Der sehr gute Verdienst beginnt in diesem Fall jedoch bei einer Einzelperson bei 4.000 Euro netto. Es muss immer berücksichtigt werden, dass die Finanzierung eine Verpflichtung auf sehr lange Sicht bedeutet.
  • Beamte – fest verbeamtete Personen können den Weg, eventuell, ebenfalls beschreiten. Es hängt letztendlich von der monatlichen Vergütung und dem eigenen Alter ab. Zwar erhalten Beamte auch im Pensionsalter gute Bezüge, doch darf die Krankenversicherung nicht vergessen Generell werden Beamte bei der Kreditvergabe vorteilhaft bewertet, doch spielt dennoch die Höhe des Einkommens eine tragende Rolle.
  • Immobilienbesitz – wer bereits eine Immobilie besitzt, die abbezahlt ist, der kann die Finanzierung darüber zusätzlich absichern und sich somit die Chancen erhöhen. Dennoch ist das monatliche Einkommen der wichtigste Aspekt. Etwaige Mieteinnahmen durch die bisherige Immobilie sollten aus Sicherheitsgründen nicht vollständig in die Kreditrate eingerechnet werden – es ist nie gesagt, ob es künftig keinen längeren Leerstand gibt.

In Sonderfällen ist die Finanzierung auch möglich, wenn ein erwartbares größeres Erbe im Raum steht. Allerdings ist diese Erbschaft nicht zeitlich planbar und kann nur für die Finanzierung auf lange Sicht eingerechnet werden, wenn die Erbschaft sicher ist. Ein Beispiel wäre, dass die Eltern des Einzelkindes ein abbezahltes Haus haben, das Einzelkind somit Alleinerbe ist, und das Haus künftig zur Kredittilgung oder zur Absicherung genutzt werden könnte.

Bei Immobilienfinanzierungen geht es oft um hohe Beträge und lange Laufzeiten. Deshalb sollten die Risiken einer Finanzierung ohne Eigenkapital genau abgewogen werden. Bildquelle: @ Lena Balk / Unsplash.com
Bei Immobilienfinanzierungen geht es oft um hohe Beträge und lange Laufzeiten. Deshalb sollten die Risiken einer Finanzierung ohne Eigenkapital genau abgewogen werden. Bildquelle: @ Lena Balk / Unsplash.com

Fazit – ohne Eigenkapital kann die Finanzierung möglich sein

Es ist nicht ausgeschlossen, ein Haus ohne Eigenkapital zu kaufen oder zu bauen. Allerdings ist von der 110-Prozent-Finanzierung abzuraten, da die aufgenommene Summe faktisch den Wert des Hauses (der Finanzierung) übertrifft. Um eine solche Finanzierung zu erhalten, sind sehr geordnete und überdurchschnittliche finanzielle Verhältnisse und eine solide Sicherheit in der Zukunft notwendig. Selbst Beamte können nicht stets darauf vertrauen, eine Finanzierung ohne Eigenkapital zu erhalten.

 

 


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Redaktion Hasepost
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