Deutschlands erster KI-Store für Tankstellen in Osnabrück eröffnet

Im Osnabrücker Wohn- und Wissenschaftspark fand am 1. Februar die Eröffnung von Deutschlands erstem Smartstore für Tankstellen statt. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) ist es möglich, den Store ganz ohne Kassierpersonal täglich rund um die Uhr zu betreiben.

KI-basiertes Pilotprojekt eröffnet

Osnabrücker können im Wohn- und Wissenschaftspark nun sieben Tage die Woche, rund um die Uhr einkaufen, ohne dass Kassierpersonal benötigt wird. Diese Idee allein ist nicht revolutionär, schließlich gibt es bereits Smartstores mit diesem Service. Neu ist, dass dieser Store ein KI-basiertes Pilotprojekt für die Tankstellenbranche ist (HASEPOST berichtete). Jörg Breydorn, Leiter Convenience Retail, und Q1-Vorstand Frederick Beckmann initiierten mit Unterstützung von Ulrich Grubert von der Wirtschaftsförderung Osnabrück das innovative Projekt. Ziel ist es, „dass wir uns gut in das ökonomische System vor Ort integrieren und eine perfekte Symbiose bilden. Wir möchten lernen, verstehen, weiterentwickeln und adaptieren“, erläutert Frederick Beckmann die neue Art der sogenannten Customer Journey zu denken. „Wir stehen hier am Anfang einer Revolution, eines neuen, smarten Weges. Das ist die Zukunft.“

Erfolgreicher Test: Landtagsabgeordnete Verena Kämmerling (CDU) gehörte zu den ersten Kundinnen
Erfolgreicher Test: Landtagsabgeordnete Verena Kämmerling (CDU) gehörte zu den ersten Kundinnen / Foto: Pohlmann

Von der Idee über die Partnersuche bis zur Identifikation der richtigen Technik hat es knapp vier Jahre gedauert, verbunden mit allerlei Hürden und Herausforderungen, vor allem im Genehmigungsprozess. Bei der Grundstücksbeschaffung konnte die Wirtschaftsförderung weiterhelfen, so dass der Shop-and-go-Store nun auf „Osnabrücks teuerstem Parkplatz“, dem Multifunktionsplatz an der Lise-Meitner-Straße gebaut werden konnte. Organisatorisch angebunden ist der Shop mit der Q1-Tankstelle am Kurt-Schumacher-Damm. Von hier aus wird der Shop mit Waren bestückt, Personal zur Reinigung eingesetzt und die Technik in Stand gehalten.

Härtetest Eröffnungstag

Die erste Bewährungsprobe musste der Q1-Shop-and-go-Store am Eröffnungstag durchstehen. Wegen des großen Interesses war der Shop innerhalb kürzester Zeit voll ausgelastet. Einen Stresstest ganz anderer Art führte der Softwareexperte Thorben Pantring von dem App-Unternehmen Fillibri durch, das sich bislang auf das personallose Bezahlen bei Tankvorgängen spezialisiert hat. Ihn interessieren vor allem sogenannte Edge Cases, also Sonderfälle in der Softwareentwicklung. Was passiert zum Beispiel, wenn man eine Flasche Cola aus dem Regal nimmt und eine mitgebrachte Flasche Wasser hineinstellt? Wie gut können Warenentnahmen dem passenden Käufer zugeordnet werden?

Thorben Pantring stellt fest, dass der Kühlschrank mit Alkohol verschlossen bleibt, wenn man nicht nachweist, mindestens 18 Jahre als zu sein. / Foto: Alke Eva Wallmeyer
Thorben Pantring stellt fest, dass der Kühlschrank mit Alkohol verschlossen bleibt, wenn man nicht nachweist, mindestens 18 Jahre als zu sein. / Foto: Alke Eva Wallmeyer

Q1-Sprecherin Alina Moldenhauer erklärt, dass die KI auf Basis von Kameratechnologie Bewegungsmuster erkenne. So identifiziert die KI in Zusammenarbeit mit Gewichtssensoren an den intelligenten Regalsystemen, wer etwas herausgenommen hat. Personen, Gesichter, Kleidung und Bewegungen werden aufgenommen und am Ende alle Daten aufsummiert, so dass eine Eins-zu-eins-Zuordnung erfolgen kann. Ob die KI denn auch erkenne, wenn jemand etwas zurückstellt? Auch das sei ohne Weiteres möglich. Daher sei auch kein Sicherheits- oder Aufsichtspersonal notwendig. Grundsätzlich könne man zurzeit mit bis zu vier Personen gleichzeitig den Shop betreten, die Einkäufe werden dann auf einen vorher ausgewählten Nutzer verbucht.

Ziel des Ganzen

„Mit Q1 Shop & Go erproben wir eine sinnvolle Automatisierung am Point of Sale, um die verfügbaren Personalressourcen auf wertschöpfende Tätigkeiten am Kunden konzentrieren zu können.“ Dies seien innerhalb vor allem beratende Tätigkeiten. Ob diese den Absatz in Tankstellenbetrieben erhöhen und Kunden binden können? Die eingesparten Ressourcen könnten tatsächlich für diese Zwecke verwendet werden, oder sie bleiben einfach eingespart. Die nächsten Monate und Jahre werden zeigen, wie sich der Markt entwickeln wird.

Q1 bereite sich mit dieser Fortentwicklung seiner Stores auf den demografischen Wandel vor. Es sollen innovative Lösungen gefunden werden, Feedback sei dabei besonders wichtig. Betreibererfahrungen, Kundeninteraktionen, Sortimentsanpassungen — hierzu gibt es eine Hotline (0541/602802). Im Store selbst findet sich eine Kontaktmöglichkeit per QR-Code. Auch werden im Store selbst häufiger Mitarbeiter von Q1 sein, um sich ein Bild der Kundenerlebnisse zu machen. 

Immer im Blick: Zahlreiche Kameras beobachten den Einkaufsvorgang und registrieren jeden Kauf
Immer im Blick: Zahlreiche Kameras beobachten den Einkaufsvorgang und registrieren jeden Kauf / Foto: Pohlmann

Wie funktioniert das Einkaufen?

Über den Scan der zugehörigen App vor dem Eingang des Shops oder über das Vorzeigen einer Giro- oder Kreditkarte erhalten Kunden rund um die Uhr Zugang zum Smartstore. Der Abrechnungsprozess erfolgt ohne Kassiervorgang direkt über die hinterlegte Zahlungsart. Gewöhnungsbedürftig scheint der Bezahlvorgang selbst zu sein. Mit Austreten aus dem Store findet der Kauf statt. Man verlässt einfach den Container und der Betrag der mitgenommenen Waren wird abgebucht.

Sonntagsruhe in Gefahr?

Im Vorfeld zur Eröffnung gab es ein Urteil zum Schutz der „Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung“ zu ähnlichen Stores. Diese dürfen in Hessen sonn- und feiertags nicht mehr öffnen, obwohl kein Personal betroffen ist. Hier geht es um das Ladenöffnungsgesetz, in dem nicht nur der Verkäufer geschützt wird, sondern auch der Sonn- und Feiertag selbst. Die Verantwortlichen von Q1 rechnen derzeit nicht damit, dass die Öffnungszeiten eingeschränkt werden, da der Store als sogenannter Warenausgabeautomat läuft, ähnlich wie ein Zigarettenautomat. Jedoch sind Ladenöffnungszeiten Ländersache und die Entwicklung des Themas sei schwer vorhersehbar.


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