Deutscher Vizemeister! 5:56,24 min! Stadtrekord! Kadernorm des Deutschen Leichtathletik-Verbandes! Selbst Trainer Anton Siemer, dank Olympiateilnehmer, Europameister und Deutschen Meistern erfolgsgewöhnt, war am Freitagabend sprachlos. „Wir haben den Mund gar nicht mehr zubekommen“, war die entgegengesetzte Reaktion der Trainingskollegen daheim vor dem Livestream. Im neu gebauten und für die Universiade auf Hochglanz herausgeputztem Lohrheidestadion in Bochum-Wattenscheid hatte der 17-jährige Matthias Apel (LG Osnabrück) gerade für eine der größten Osnabrücker Leichtathletiksensationen gesorgt.
Eine unglaubliche Erfolgsgeschichte
15. Juni 2022, Sportpark Gretesch. Ein kleiner unscheinbarer 14jähriger-Junge kommt auf Trainer Anton Siemer zu. „Ich habe Lust, zu laufen.“ „Bist Du schon im Verein? Treibst Du Sport?“ „Nein.“ Der Beginn einer unglaublichen Entwicklung. Vom Tellerwäscher zum Millionär. Vom Sportanfänger zum DM-Medaillengewinner. „Seit dem Tag war Matthias fast täglich im Sportpark Gretesch. Fast häufiger als ich: Eine unglaubliche Erfolgsgeschichte, die eindrucksvoll zeigt, was mit Willen und Engagement möglich ist“, ist Siemer begeistert.
Landesmeister, norddeutscher Meister, der Schüler der Ursulaschule in Osnabrück reist nicht gerade als Unbekannter an. Aber als Sechzehnter des Vorjahres und Siebter der Meldeliste jagt er der Konkurrenz auch keinen Schrecken ein. Die Favoriten kommen aus Bayern, Sachsen und Berlin.
Clever reiht sich Matthias in das Starterfeld ein, beobachtet die Konkurrenz von hinten. Begeistert von Beginn mit seiner guten Hindernis- und vor allem Wassergrabentechnik (DANKE an das Platzwarteteam im Sportpark Illoshöhe). Matthias bleibt immer aufmerksam, läuft aufgerissene Lücken rechtzeitig zu. Rang neun, sieben, vier – Runde für Runde geht es nach vorn. Und dennoch: Zwischenzeitlich schreibt der Kommentator Matthias ab, verteilt die Medaillen schon einmal an die Führenden.
Die Jungs lieben das Laufen
Er kennt nicht die bisher nur niedersachsenweit gefürchtete Schlussrunde von Matthias. Meter und Meter macht der Ursulaschüler gut. 200 m vor dem Ziel ist Platz drei erreicht. Erfolgreich über den Wassergraben, dann eingangs der Zielgerade vorbei an den hohen Favoriten. Kurze Schrecksekunde am letzten Hindernis, fast liegt Matthias auf der Bahn. Dann ist der Weg frei – Matthias stürmt als Zweiter über die Ziellinie. So überraschend, dass selbst die Kommentatoren lange brauchen, um Namen und Verein zuzuordnen.
Erst im Laufe des Abends wird die Dimension deutlich. Matthias hat den Stadtrekord aus dem Jahre 1988 um mehr als drei Sekunden verbessert, die Norm für den Bundeskader erfüllt. Im Vorjahr wäre er mit dieser Leistung zur Europameisterschaft in die Slowakei gefahren, hätte dort Rang sechs belegt.
„Unglaublich,“ konstatiert Trainer Anton Siemer. „Es ist vor allem ein Erfolg der Trainingsgruppe um Matthias. Die 14-16-jährigen Jungen lieben das Laufen, sind kaum zu bremsen.“.
Am Samstag geht es noch über die 3.000 m. Matthias ist auf Rang 31 der 35 Starter gemeldet. Und läuft im langsameren B-Finale ebenso souverän und mit einer grandiosen Schlussrunde wie am Vortag zum Sieg, verbessert sich um über zwanzig Plätze auf Gesamtplatz neun. Über 15 Sekunden nimmt er von seiner Bestzeit, mit 8:53,84 min verpasst er den Stadtrekord um nur drei Sekunden.
