Aus einer Chemiefabrik im baden-württembergischen Bad Wimpfen entweichen offenbar deutlich größere Mengen des extrem klimaschädlichen Gases Schwefelhexafluorid (SF6), als bislang offiziell bekannt. Atmosphärenforscher der Universität Frankfurt sehen eine Anlage eines Großkonzerns als Hauptquelle der Emissionen und kommen auf ein Vielfaches der vom Unternehmen gemeldeten Ausstöße. Während das baden-württembergische Umweltministerium zunächst andere Verursacher ins Spiel brachte, wurden diese inzwischen als Quelle ausgeschlossen.
Forscher vermuten Großteil der Emissionen bei Werk in Bad Wimpfen
SF6 zählt zu den klimaschädlichsten Stoffen, die die Menschheit jemals hergestellt hat. Das Gas ist farb- und geruchlos, es gilt als ungiftig für Menschen, doch ein einziges Kilogramm heizt die Atmosphäre im Verlauf von hundert Jahren ungefähr so stark auf wie 24 Tonnen Kohlenstoffdioxid (CO2).
Der betroffene Konzern meldete für den Standort Bad Wimpfen 2023 einen Ausstoß von 56 Kilogramm SF6. Das ist womöglich deutlich untertrieben. Rund 30 Tonnen SF6 im Jahr ermittelten die Frankfurter Atmosphärenwissenschaftler für Südwestdeutschland im Durchschnitt der Jahre 2020 bis 2023. Das entspricht 729.000 Tonnen CO2, etwa so viel wie die Jahresemissionen von mehr als 250.000 Sportwagen mit Verbrennermotor oder dem innerdeutschen Flugverkehr. Sollte dieser Wert stimmen, ginge ein bedeutender Teil aller deutschen SF6-Emissionen auf die Firma in Bad Wimpfen zurück.
Wie der „Spiegel“ und das ZDF berichten, gehen Atmosphärenforscher der Universität Frankfurt davon aus, dass die Chemiefabrik eines Großkonzerns in dem Kurort Bad Wimpfen für die Emissionen verantwortlich ist. Die Frankfurter Forscher hatten 2023 die Behörden informiert, dass im Landkreis Heilbronn offenbar unverhältnismäßig viel SF6 austritt. Es gab mehrere Sitzungen – mit den hessischen und baden-württembergischen Umweltministerien, den Forschern, auch mit dem Unternehmen.
Konzern verweist auf eigene Maßnahmen
Der Konzern erklärte auf Anfrage der beiden Medien, „alle notwendigen, wissenschaftlich fundierten Maßnahmen“ seien ergriffen worden, „um die Situation zu bewerten und kontinuierlich zu überwachen“ (Quelle: „Spiegel“ und ZDF). Wie viel klimaschädliches SF6 nach Einschätzung der Firma bislang ausgetreten ist, bleibt unklar.
Indes strömt wohl noch immer Gas. „Wir sehen weiterhin eine auffällig hohe Verschmutzung durch SF6“, sagte der Atmosphärenforscher Andreas Engel (Quelle: „Spiegel“ und ZDF).
Umweltministerium zweifelt zunächst an eindeutiger Zuordnung
Das von der Grünen-Politikerin Thekla Walker geleitete baden-württembergische Umweltministerium erklärte auf Anfrage der beiden Medien, die Frankfurter Studie sei zwar bekannt, aber „nicht geeignet, anlagenscharf den Nachweis über die Verursachung der Emissionen zu führen“ (Quelle: „Spiegel“ und ZDF).
Das Ministerium hält es offenbar nicht für erwiesen, dass das SF6-Gas aus dem Werk stammt. Die Firma sei zwar der „einzige Hersteller von Schwefelhexafluorid in Europa“, erklärte das Ministerium zunächst auf Anfrage (Quelle: „Spiegel“ und ZDF). Es gebe daneben aber noch eine „Vielzahl von Verwendern von Schwefelhexafluorid im Regierungsbezirk Stuttgart“, etwa Energieversorger und Kraftwerke. Soll heißen: Die hohen SF6-Werte könnten auch von woanders stammen als aus der Fabrik am Neckar. Auf Nachfrage musste das Ministerium dann jedoch zugeben, dass diese Alternativen „als Quelle ausgeschlossen werden“ konnten (Quelle: „Spiegel“ und ZDF).
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