Frosten ist mehr als nur zu kühlen

Die meisten Menschen denken über kryogene Technik nur beim Schauen von Science-Fiction-Filmen nach. Wenn Silvester Stallone als „Demolition Man“ jahrzehntelang in einem sogenannten Kryo-Gefängnis zubringen muss, um dann aufgetaut erneut auf Verbrecherjagd zu gehen, ist die Spannung sofort hergestellt. In der Realität sind derlei tiefgefrostete Zeitreisen bisher noch nicht angekommen. Ultrakalte Temperaturen sind allerdings keine Zukunftsmusik, sondern längst alltagsbestimmend. Der Gedanke an den heimischen Eisschrank ist dabei richtig und falsch zugleich. Denn  in der Lebensmittelindustrie wird oftmals mit Temperaturen gearbeitet, die noch deutlich weiter unter dem Gefrierpunkt liegen. Dank Vakuumtechnik lassen sich diese Temperaturen nicht nur erzeugen, sondern auch halten.

Eiskalt. Aber warum eigentlich?

Es ist nicht ganz sicher, ob die ersten Forscher, die extrem niedrige Temperaturen erzeugten, den künftigen Nutzen ihrer Arbeit bereits ermessen konnten. Die heutige Lebensmittelindustrie ist den Pionieren allerdings mehr als dankbar, denn kryogene Bedingungen sind dort von essentieller Bedeutung. So gehört es zu den zentralen Aufgaben, die Aktivität von Bakterien zu kontrollieren oder vollständig zu vermeiden. Das Kühlen beziehungsweise Frosten ist eine der wirksamsten Methoden, bei denen nicht einmal chemische Mittel notwendig sind.

Bereits die Absenkung der Temperatur auf einen wert unterhalb des Gefrierpunktes sorgt dafür, dass das Bakterienwachstum rasant abnimmt. Dies geschieht vor allem dadurch, dass den keimen kein freies, flüssiges Wasser im Inneren des Produktes für den Stoffwechsel zur Verfügung steht. Wird das Produkt schockgefrostet, so ist der Effekt besonders deutlich. Gleichzeitig wird die natürliche Qualität der Lebensmittel erhalten. Denn wenn die Temperatur eines Lebensmittels unter den Gefrierpunkt abgesenkt wird, bilden sich Eiskristalle. Je schneller und tiefer die Temperatur abgesenkt wird, desto kleiner und gleichmäßiger verteilt entstehen diese Kristalle. Dies ist besonders produktschonend und macht sich beim erneuten Auftauen besonders bemerkbar. In den meisten Fällen ist es übrigens unerheblich, wenn ein Lebensmittel nach dem Schockfrosten bei den vergleichsweise milden Temperaturen einer Gefriertruhe gelagert werden. Die Kühlkette darf allerdings nicht unterbrochen werden, sonst ist das Produkt leider ein Fall für die Tonne.

Mit welchen eiskalten Mitteln wird eigentlich gearbeitet?

Es gibt ganz unterschiedliche Mittel, mit denen sich Lebensmittel auf niedrigste Temperaturen bringen lassen. Schnee aus Kohlendioxid, den man auch als Trockeneis bezeichnet, erweist sich dabei als besonders effizient und unkompliziert. Durch atmosphärischen Druck kann man flüssiges Kohlendioxid in den festen Schnee verwandeln, der eine Temperatur von -79° C aufweist. Dieser Schnee kann mit sehr einfachen Mitteln in Anlagen wie Rührmischern oder auch in Containern eingesetzt werden. Einige Unternehmen arbeiten auch mit speziellen Schneedüsen, durch die das Kühlmittel genau an der richtigen Stelle eingesetzt werden kann. Sogenannte Schneehörner lassen sich auf tragbare Geräte wie auch auf fest installierten Geräten verwenden.

Wo genau werden kryogene Anlagen für die Lebensmittelverarbeitung benötigt?

Eigentlich müsste die Frage eher lauten: Wo werden sie nicht verwendet?

  • Trockene Lebensmittel und Backwaren müssen stets so schnell wie möglich gefrostet werden, um keine Feuchtigkeit aufzunehmen und die Konsistenz zu behalten.
  • Milchprodukte sind oft empfindlich und werden durch das Schockfrosten geschont. Speiseeis wird durch kryogene Technik gehärtet und Desserts werden stabilisiert.
  • Fisch und Meeresfrüchte werden oft bereits auf dem Fangschiff gefrostet, sodass Bakterien von vornherein keine Chance haben. Der diesbezüglich eigentlich anfällige Fisch wird für die Keime unangreifbar und über Monate haltbar.
  • Obst und Gemüse werden durch das gewöhnliche Einfrieren angegriffen und nach dem erneuten Auftauen matschig. Durch das schnelle Frosten auf besonders kalte Werte werden Form, Textur und Aroma vieler Früchte weitgehend erhalten.
  • Fleisch erweist sich als ähnlich anfällig für Krankheitskeime, wie es beim Fisch der Fall ist. Daher sollte es möglichst frisch zubereitet oder gleich nach der Schlachtung eingefroren werden. Bei geschlossener Kühlkette bleibt es dann monatelang lagerfähig.
  • Fertiggerichte von Pizza über Pommes Frites bis hin zur Sahnetorte wären ohne das Schockfrosten fast undenkbar. Heute werden hier Qualitäten erreicht, die dicht an frisch zubereitete Speisen herankommen.

Warum gibt es eigentlich keine Schockfroster für den Hausgebrauch?

Nicht alles, was in der Lebensmittelindustrie üblich ist, lässt sich 1:1 auf die eigene Küche übertragen. Sicher wäre es prinzipiell möglich, derlei Anlagen im Kleinformat zu bauen. Allerdings sind sie nicht wirklich notwendig. Viele im Handel erhältliche Produkte basieren auf der industriellen Schockfrostung, können aber bei deutlich geringerem Frost und damit einem niedrigeren Energieaufwand gelagert werden. Für das gelegentliche Einfrieren von übriggebliebenen Lebensmitteln würde sich die Investition in eine solche Anlage definitiv nicht lohnen.

 


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Redaktion Hasepost
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