Entscheidung am Donnerstag: Werden auch in Pye (wieder) die Grünen Finger bebaut?

In der vergangenen Woche forderte die Initiative “ProPye” ihre eingereichten Unterschriften zum Erhalt der Grünen Finger von den Grünen Osnabrück zurück. In einem offenen Brief richten sie nun erneut den dringenden Appell an den Stadtrat: “Stoppt die Bebauung der Grünen Finger!”

Am kommenden Donnerstag (15. Juni) sind die Grünen Finger erneut Thema im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt. Zuletzt hatten sich die Parteien eigentlich dafür ausgesprochen, die Grünen Finger zu schützen. Doch bereits am Westerberg sollen Teile des Grünen Fingers bebaut werden, nun könnten das auch in Pye der Fall sein. Auch hier sollen teilweise die kostbaren Flächen bebaut werden, die die Stadt klimaresilienter machen sollen.

Werden wieder Grüne Finger bebaut?

Die derzeitige Vorlage der Verwaltung, über die die Mitglieder des Ausschusses am Donnerstag beraten, sieht vor, dass der Grüne Finger „Haseniederung Pye“ “in Teilen baulich in Anspruch genommen” und auch das zweite Baugebiet Temmestraße “unter Berücksichtigung der Funktionen des Grünen Fingers weitergeführt” wird. Im zweiten Schritt sollen dann die Details mit dem Investor ausgehandelt werden, der die Flächen bereits 2018 erworben hat.

Die Initiative “ProPye”, die sich auch gegen den Bau des damals geplanten Pyrolysewerks in dem Osnabrücker Stadtteil stark machte, ist gefrustet – und forderte von den Grünen Hunderte Unterschriften zurück. Über 800 Bewohnerinnen und Bewohner aus Pye hatten die Forderung, die Grünen Finger in Pye zu erhalten, unterstützt. Die Unterschriften erhielten sie erst einige Tage nach ihrer Forderung zurück. Die Initiative hatte zudem kurzfristig Vertreterinnen und Vertreter der Fraktionen zu einem Gespräch eingeladen – ohne Erfolg. Die CDU hatte ihnen ein Treffen im Juli, bereits nach der Entscheidung, vorgeschlagen, die SPD war der Meinung, dass alle relevanten Fakten auf dem Tisch liegen würden.

Offener Brief in voller Länge

In einem offenen Brief richten sie sich nun noch einmal an die Fraktionen, um vor der Entscheidung noch einmal deutlich zu machen, wie wertvoll die Grünen Finger – nicht nur in Pye – sind.

Stoppt die Bebauung der Grünen Finger!

Sehr geehrte Mitglieder der Ratsfraktionen,

mit Empörung und Enttäuschung haben wir die Entscheidung des StUA für die Bebauung des Grünen Fingers am Westerberg aufgenommen.

Denn nach vielen deutlichen Protesten Osnabrücker Bürger:innen gegen den Fraß an den Grünen Fingern und dem darauffolgenden Beschluss des Rats vom 27. September 2022, die Grünen Finger zu schützen, war die Hoffnung groß, dass die Brisanz des Themas nun von der Politik erkannt ist.

Nun steht die Entscheidung über die Bebauung eines weiteren Teils des Grünen Fingers an. Es steht zu befürchten, dass die Politik auch diesmal gegen ihre eigene Verpflichtung, den grünen Finger zu schützen, verstößt.

Deshalb fordert die Initiative ProPye die Politik auf, ihr Versprechen zu halten und gegen die Bebauung des Grünen Fingers in Pye zu stimmen.

Fragwürdig ist bereits, warum die Politik 2018 überhaupt ein Aufstellungsverfahren für die Fläche 636 [Anmerkung der Redaktion: Baugebiet Temmestraße] in Gang gebracht hat, denn bereits zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Rat zum Schutz der Grünen Finger bekannt.

Deshalb fordern wir die verantwortlichen Politiker dazu auf, Transparenz in die Geschehnisse zu bringen und folgende Fragen zu beantworten:

1.Warum wurde ein Aufstellungsbeschluss für diese Fläche im Grünen Finger (636) beschlossen, obwohl der Stadt bereits zu diesem Zeitpunkt eine Baufläche (660) [Anmerkung der Redaktion: Baugebiet Fürstenauer Weg/ Am Pyer Ding] in Pye außerhalb des Grünen Fingers zur Verfügung stand?

Warum wurde die Bevölkerung 2018 nicht darüber informiert, dass es in Pye zeitgleich diese beiden neuen Baugebiete – 636 und 660 – geben soll?

Warum wird in diesem Zusammenhang das 30-Hektar-Ziel der Bundesregierung ignoriert?

2.Warum wurde die Entscheidung über einen Aufstellungsbeschluss für das Plangebiet 636 auf Initiative des Investors im Jahr 2018 vorgezogen?

Führt dieser vorgezogene Aufstellungsbeschluss von 2018 dazu, dass sich der Investor NICHT an den Kosten für öffentliche Einrichtungen beteiligen muss, so wie dies jetzt Pflicht wäre?

3.Warum wird bei den weiteren Planungen für neue Baugebiete nicht berücksichtigt, dass die Verwaltung ab 2025 von sinkenden Einwohnerzahlen ausgeht?

4.Warum wird behauptet, dass im Falle einer moderaten Bebauung des Grünen Fingers dessen Funktionen erhalten blieben?
Denn im Gegensatz dazu hatte der Leiter der Forschungsgruppe, Herr Dr. Dressler, sich dahingehend geäußert, dass mit einer Bebauung – egal in welcher Form – die Funktionen des Grünen Fingers zerstört würden.

5.Welche „zwingenden“ Gründe liegen vor, die eine Bebauung dieser Fläche rechtfertigen könnten?

Angesichts dieser Entwicklungen müssen Sie verantwortungsbewusst handeln und alternative Wege finden, um den aktuellen Bedarf an Wohnraum zu decken, z. B. durch den Schluss von Baulücken, Wohnraumschaffung über Einkaufszentren, verpflichtende Nutzung leerstehender Wohngebäude, Umnutzung von Bürogebäuden und altersgerechte Wohnbebauung im Quartier. Dazu gehört auch, den ausstehenden neuen Stadtentwicklungsplan zu berücksichtigen.

Allein in Pye haben innerhalb einer einzigen Woche 800 engagierte Menschen mit ihrer Unterschrift ein klares und eindeutiges Zeichen gegen die Bebauung des Grünen Fingers und damit gegen das Fortschreiten des Klimawandels gesetzt. Die breite Ablehnung in der Bevölkerung sollte Ihnen zu denken geben und Sie dazu bewegen, die Interessen der Menschen, die Sie gewählt haben, endlich ernst zu nehmen.

Es ist an der Zeit, langfristige und nachhaltige Lösungen zu finden, die den Bedürfnissen der kommenden Generationen gerecht werden.

Wir fordern Sie noch einmal auf, die Bebauung der Planfläche 636 im Grünen Finger strikt abzulehnen. Stoppen Sie diese Zerstörung und setzen Sie sich für den Schutz unseres natürlichen Erbes ein.

Mit dringendem Appell,

Initiative „ProPye“


Liebe Leserin und lieber Leser, an dieser Stelle zeigen wir Ihnen künftig regelmäßig unsere eigene Kommentarfunktion an. Sie wird zukünftig die Kommentarfunktion auf Facebook ersetzen und ermöglicht es auch Leserinnen und Lesern, die Facebook nicht nutzen, aktiv zu kommentieren. FÜr die Nutzung setzen wir ein Login mit einem Google-Account voraus.

Diese Kommentarfunktion befindet sich derzeit noch im Testbetrieb. Wir bitten um Verständnis, wenn zu Beginn noch nicht alles so läuft, wie es sollte.

 
Jasmin Schulte
Jasmin Schulte
Jasmin Schulte begann im März 2018 als Redakteurin für die Hasepost. Nach ihrem Studium der Germanistik und der Politikwissenschaft an der Universität Vechta absolvierte sie ein Volontariat bei der Hochschule Osnabrück. Weitere Stationen führten sie zu Tätigkeiten bei einer lokalen Werbeagentur und einem anderen Osnabrücker Verlag. Seit März 2022 ist Jasmin Schulte zurück bei der HASEPOST und leitet nun unsere Redaktion. Privat ist Jasmin Schulte als Übungsleiterin tätig, bloggt über Literatur und arbeitet an ihrem ersten eigenen Roman.

Diese Artikel gefallen Ihnen sicher auch ...Lesenswert!
Empfohlen von der Redaktion