Der Sanierungsstau im deutschen Schienennetz fällt deutlich höher aus als bislang angenommen. Das geht aus einem 33-seitigen Bericht des Bundesrechnungshofes an mehrere Bundestagsausschüsse hervor, über den „Tagesspiegel Background“ berichtet. Die Rechnungsprüfer kritisieren darin auch die geplante zusätzliche Finanzierung der Bahn durch den Bund.
Bundesrechnungshof sieht Milliardenbedarf bei alternden Anlagen
Der Bundesrechnungshof beziffert den Modernisierungsbedarf im Schienennetz auf einen erheblichen Milliardenbetrag. „Der Wiederbeschaffungswert aller Anlagen, die ihre durchschnittliche technische Nutzungsdauer überschritten haben, beträgt rund 123 Milliarden Euro“, heißt es in dem Schreiben laut „Tagesspiegel Background“.
Die Bonner Rechnungsprüfer üben in dem Gutachten zudem grundsätzliche Kritik an der Art und Weise, wie der Staat die Instandhaltung des Schienennetzes finanziert. Konkret bemängeln sie einen geplanten Nachschlag bei der sogenannten Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV), den der Haushaltsausschuss demnächst genehmigen soll.
Kritik an Nachtrag zur Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung
Durch die LuFV erhält die Bahn vom Bund Gelder für den Unterhalt des Schienennetzes. Obwohl sich die LuFV als „ungeeignet“ erwiesen habe, um das Netz zu erhalten und zu verbessern, wolle das Verkehrsministerium das Geld vom Bund mit einem dritten Nachtrag um mehr als 19 Milliarden Euro aufstocken, kritisieren die Autoren des Berichts.
Nach Einschätzung der Rechnungsprüfer hat die LuFV „zum schlechten Zustand der Schiene beigetragen“. Mit einem „übereilt verhandelten dritten Nachtragsentwurf“ solle die DB dennoch weitere Milliarden für die Jahre 2025 und 2026 erhalten, ohne die Finanzierungssystematik zu verbessern. „Der Nachtrag wäre eine Vertragsänderung zum Nachteil des Bundes und letztlich zu Lasten der Allgemeinheit“, schreiben die Prüfer.
„Fass ohne Boden“ und verfassungsrechtliche Bedenken
Der Bundesrechnungshof bemängelt, dass der Bund nicht ausreichend kontrolliert, ob die Gelder sinnvoll verwendet werden. Die Rechnungsprüfer kritisieren außerdem, dass der Bund den Eigenanteil, den die zuständige Bahntochter DB Infrago bei Schienenprojekten leisten muss, immer weiter reduziert. Damit sinke der Anreiz, wirtschaftlich zu handeln.
Bevor der Bund zusätzliche Mittel bereitstellt, fordern die Rechnungsprüfer eine Überarbeitung der Richtlinien. „Der Nachtrag muss sicherstellen, dass die enormen zusätzlichen Bundesmittel eine angemessene Verbesserung des Schienennetzes bewirken“, heißt es in dem Bericht. Die Bundesfinanzierung der Schienenwege sei zu einem „Fass ohne Boden“ geworden.
Der Bundesrechnungshof kritisiert zudem, dass das Verkehrsministerium den Unterhalt des Schienennetzes inzwischen maßgeblich aus dem Sondervermögen finanziert, statt damit zusätzliche Investitionen auszulösen. Dies hält der BRH für „verfassungsrechtlich riskant“. Das Ministerium müsse „geltendes Recht einhalten“.
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