Wie die Generalistische Pflegeausbildung der Pflegebranche helfen soll

Die Generalistische Pflegeausbildung befindet sich noch in den Kinderschuhen. Eingeführt wurde sie im Januar 2020, der erste Ausbildungsjahrgang befindet sich aktuell also in der Phase, in der sich die Absolventen für eine Fachrichtung entscheiden müssen und in getrennten Klassen die spezifischen Fachkenntnisse vermittelt bekommen. Gibt es schon Erkenntnisse, ob die Berufsreform die an sie gestellten Erwartungen erfüllt?

Gründe für die Reform der Pflegeberufe

Der Hauptgrund für die Reform ist der Fachkräftemangel in der Pflege. Die Generalisierte Ausbildung soll helfen, dass Fachkräfte die gleichen Bildungsstände haben. Hierfür werden allgemeine Themen in den ersten zwei Jahren nach einem gemeingültigen Lehrplan unterrichtet. Erst das dritte Jahr greift dann die spezifischen Inhalte der einzelnen Fachrichtungen auf, die nach dem 2. Ausbildungsjahr von den Absolventen zu wählen sind.

Gleichzeitig wurde der Zugang zur Ausbildung neu geregelt. Hauptschulabsolventen müssen eine Pflegehelferausbildung absolvieren, bevor ihnen der Zugang zur Generalistischen Pflegeausbildung möglich ist. Diese Ausbildungszeit (1 Jahr) wird ihnen aber auf die Ausbildungszeit angerechnet, insofern verlängert sich die Zeit für Hauptschüler dadurch nicht.

Weitere Gründe liegen in der Anerkennung der Pflegeausbildungen innerhalb der EU und in der Anhebung der Ausbildungsqualität.

Ziele der Reform sollen sein, dass beispielsweise Pflegefachkräfte aus dem Ausland, deren Abschlüsse hier nicht anerkannt werden, mit kürzeren Ausbildungen zu einem Examen kommen und dass Pflegepersonal insgesamt flexibler eingesetzt werden kann, weil die Ausbildung durch die Generalisation zwar einerseits verallgemeinert wurde, andererseits aber anschließend zahlreiche Qualifizierungen möglich sind, die auf spezielle Pflegeaufgaben vorbereiten. Eine Pflegefachfrau die vorher in der Altenpflege ausgebildet wurde, hatte bislang größere Probleme in die Krankenpflege zu wechseln. Die Altenpflegeausbildung galt bislang als leichter zu bewältigen als die Krankenpflegeausbildung. Daher unterstellte man den Altenpflegern, dass sie weniger Kompetenzen in der stationären Krankenpflege haben. Dieser Imageschaden soll durch die Generalistische Pflegeausbildung ausgeräumt werden. Tatsächlich sind zwar die Arbeitsschwerpunkte in Alten- oder Krankenpflege unterschiedlich, doch auch eine Krankenpflegefachkraft, die mehrere Jahre beispielsweise in einer Hals-, Nasen-, Ohrenklinik gearbeitet hat, kann nicht ohne Einarbeitung auf eine Intensivstation oder in die Altenpflege wechseln. Wäre dies möglich, wären nicht so viele Stellen in der Intensivpflege unbesetzt.

Erwartungshaltung und erste Erkenntnisse

Die Erwartungshaltung an die Berufsreform ist gar nicht so hoch. Im Grunde ist allen klar, dass auch veränderte Ausbildungsverordnungen nicht ad hoc größere Engpässe beheben. Was hier allerdings eine signifikante Änderung bewirken könnte, ist der Umstand, dass Pflegehelfer mit Berufserfahrung die Zugangsvoraussetzungen für die Generalistische Ausbildung ab dem 2. Ausbildungsjahr erfüllen und ggf. aus dem Stamm der Helfer eine gewisse Anzahl an Fachkräften rekrutiert werden kann.

Aktuell gibt es noch keine Erkenntnisse über Ausbildungsverlauf oder den Erfolg von Ausbildungsdurchgängen, weil die neuen Regelungen noch gar nicht über einen ganzen Ausbildungszeitraum gelten.

Pflegeschulen klagten anfangs über einen erhöhten Planungs- und Verwaltungsaufwand. Der ist jedoch vor allem am Anfang zu beklagen und wird mit den neuen Jahrgängen dann ja zur Routine. Wie Auszubildende die Reform sehen, kann nicht konkret zur Gewinnung von Erfahrungen herangezogen werden, weil diese in der Regel keinen Vergleich zu anderen Ausbildungsformen in der Pflege haben.

Das Image der Pflegeausbildung

Im europaweiten Vergleich gilt das deutsche Gesundheitssystem als eines der Leistungsfähigsten. Daraus wird geschlossen, dass auch die Standards in der Pflegeausbildung sehr hoch sind. Tatsächlich ist die Qualität der Ausbildung auch nicht schlecht. Im Vergleich zu vielen anderen Ländern in der EU und weltweit, muss jedoch festgestellt werden, dass es eine Ausbildung und kein Studium ist. Inzwischen kann Pflege auch in Deutschland studiert werden, aber die Regularien von Pflegeabschlüssen in Deutschland, setzten vor allem osteuropäische Pflegeabschlüsse, die an Fachhoch- und Hochschulen erworben wurden herab und degradierten gut qualifiziertes Personal zu Helfern. Zwar ist diesen nun ein einfacherer Zugang zur Ausbildung in Deutschland möglich, doch die Schwierigkeiten die es zu meistern gilt, sind nach wie vor hoch. Allen voran gilt es sprachliche Barrieren zu überwinden und ein Sprachniveau zu erreichen, dass es ermöglicht, die komplexen Unterrichtsinhalte zu verstehen. Mündlich fällt es den meisten noch leicht, sich mitzuteilen oder auch Inhalte zu erfassen, doch Facharbeiten zu schreiben oder Prüfungen zu bestehen, gilt als schwer zu schaffende Aufgabe. Daran scheitern ausländische Pflegekräfte oft nur aufgrund von Sprachschwierigkeiten.

Die Geschichte der Pflege und wie sie das Image beeinflusst

Wer sich mit der Geschichte der Pflege beschäftigt, wird über ehrenamtlich tätige, kirchliche Würdenträger stolpern, die den Dienst am Menschen als ihre Aufgabe sahen und keinen irdischen Lohn erwarteten. Nun haben sich natürlich die Ansprüche an die Pflege grundlegend verändert, die Bereitschaft, Pflege zu honorieren jedoch nicht in gleichem Maße.

Wird für andere Berufe technisches Interesse und die Freude am Umgang mit Zahlen vorausgesetzt, so sollen Pflegende immer noch die hochmotivierten und aufopferungsvollen Menschen mit Herz sein, deren Beruf Berufung ist. Dies verklärte Bild führt dazu, dass die Gesellschaft mit Respekt und Achtung auf die Pflegenden schaut, sie aber nicht als belastungslimitierte Individuen sieht, denen die Arbeit zwar am Herzen liegt, sie aber nicht zur Selbstaufgabe zwingt. Die gesellschaftlichen Diskussionen um schlechte Bezahlung, sind gar nicht das Hauptanliegen der meisten Pflegekräfte. Viel mehr möchten sie mehr Wertschätzung erfahren, bessere Arbeitsbedingungen haben und ihren Beruf mit familiären Verpflichtungen und Freizeitinteressen vereinen können.

Auch die Patienten sind gefragt, wenn es um Wertschätzung der Pflegenden geht. Eine Klinik ist kein Hotel und eine Pflegefachfrau kein Zimmerservice. In der Altenpflege empfinden Pflegende das Anspruchsdenken der Angehörigen oft als große Belastung. Wer beruflich in der Pflege sein Bestes gibt, leidet oft selbst unter den Zuständen und vor allem unter den Umständen, die zu kritischen Pflegesituationen führen.

Fazit: Die Generalistische Pflegeausbildung wird die Pflegebranche nicht in kurzer Zeit signifikant verändern. Langfristig sind noch viele Hürden zu bewältigen, um den Pflegenotstand zu beenden. Leistungserbringer müssen aufhören, an den finanziellen Daumenschrauben zu drehen, damit Pflegende zu dem psychischen Stress nicht noch den Druck haben, die Anzahl der verbrauchten Inkontinenzeinlagen im Auge zu behalten oder Einrichtungen zwischen gesunder Ernährung und Wirtschaftlichkeit jonglieren müssen. Die Neuordnung des Berufsbildes wirkt im ersten Augenblick so, als wenn Hauptschulabsolventen keinen Zugang mehr zu Pflegeberufen haben, doch dies stimmt nicht. Sie müssen eine Pflegehelferausbildung machen, die ihnen auf die Gesamtausbildungszeit angerechnet wird und ihnen zeitgleich in der Regel eine Aufwertung des Schulabschlusses einbringt.


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Redaktion Hasepost
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