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Weltkriegsbunker in Osnabrück: Warum der Schellenberg-Bunker 2015 weichen musste

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Während des Zweiten Weltkrieges wurden in Osnabrück viele Luftschutzanlagen errichtet, von denen eine Vielzahl noch erhalten ist. Einer davon war der Schellenberg-Bunker, der am Rande des Stellplatzgeländes der Halle 81 von Volkswagen (VW) Osnabrück zur Schellenbergstraße hin stand. Der gut erhaltene Rundbunker war einer von mehreren Luftschutzanlagen, die in Osnabrück zum Schutz vor Bombenangriffen der Alliierten von der Reichsbahn erbaut wurden. Andere fast baugleiche Bunker sind noch erhalten. Doch der Schellenberg-Bunker musste weichen. 2015 wurde er von VW abgerissen.

Rundbunker der Reichsbahn in Osnabrück

Wie die meisten anderen Bunker und Luftschutzanlagen in Osnabrück ist auch der Schellenberg-Bunker auf der Internetseite Osnabrücker Bunkerwelten dokumentiert. Die Ausmaße des Bunkers sind mit 9 Metern Durchmesser und 4 Metern Höhe vermerkt, die Decken- und Wandstärke wird auf 2 Meter geschätzt, wodurch der Bunker als bombensicher galt. Der Innenraum reichte für 40 Personen aus, die auf Sitzbänken im Inneren Platz finden konnten. Die zwei Eingänge sind mit Vorbauten gegen umherfliegende Splitter und mit einer Gasschleuse versehen, die vor dem Eindringen giftiger Sprenggase, die bei den Bombenexplosionen freigesetzt wurden, schützen sollte.

Der Schellenberg-Bunker. Schematische Ansicht von oben.
Der Schellenberg-Bunker. Schematische Ansicht von oben. / Abbildung: Holger Raddatz, mit freundlicher Genehmigung

Der Rundbunker wurde 1944 von der Deutschen Reichsbahn gebaut und ist im Grunde baugleich mit vier anderen Bunkern in Osnabrück, die noch erhalten sind: Dem Kohlenbunker und dem Strohm-Bunker am ehemaligen Güterbahnhof (Lokviertel), dem Otto-Bunker an der Schinkelstraße und dem unvollendeten Rundbunker an der Bremer Brücke. All diese Schutzbauten befanden sich in der Nähe von Bahnanlagen und dienten entsprechend wohl primär dem Schutz von Fahrgästen und Angestellten der Reichsbahn.

VW übernimmt den Bunker von Karmann

Auf eine schriftliche Anfrage antwortete VW unserer Redaktion nur knapp: „Da die Projektleiter, die den Abriss seinerzeit begleitet haben, mittlerweile im Ruhestand sind, gestaltet sich die Suche nach belastbaren Informationen leider schwierig.“ Kontakt zu ehemaligen Mitarbeitern, die am Abriss und den damit in Verbindung stehenden Verfahren in Zusammenhang stehen, will man mit Verweis auf den Datenschutz nicht vermitteln. Gemäß der kurz gefassten Auskunft, die man uns gibt, ist der Bunker im Jahr 2010 mit der Übernahme von Karmann in den Besitz der Volkswagen Osnabrück GmbH gelangt. In der Zwischenzeit sei der Bunker ungenutzt gewesen. 2015 wurde er dann wohl deshalb abgerissen. Auf Anfrage teilte die Stadt Osnabrück mit, dass der Abbruch verfahrensfrei gewesen sei und entsprechend keiner Genehmigung bedurfte. Es stand auch kein Denkmalschutz dem Vorhaben im Weg.

Der Schellenberg-Bunker im Jahr 2014, ca. 1 Jahr vor dem Abriss, mit Blick auf das VW-Gelände.
Der Schellenberg-Bunker im Jahr 2014, etwa ein Jahr vor dem Abriss, mit Blick auf das VW-Gelände. / Foto: Holger Raddatz, mit freundlicher Genehmigung

Abriss für ein paar Meter mehr Stellplatz?

Holger Raddatz, Hobbyhistoriker und Mitarbeiter des Marinemuseums in Wilhelmshaven, hat sich auch mit Bunkeranlagen in Osnabrück auseinandergesetzt, über die er auf seinem Internet-Blog bunker-osnabrück.de informiert, so auch über den Schellenberg-Bunker. Raddatz vermutet im Gespräch mit uns, dass durch die Entfernung des Bunkers auf dem PKW-Abstellplatz die Rangiermöglichkeiten verbessert werden konnten. Der Bunker sollte also Platz machen für ungefähr 70 Quadratmeter mehr Fläche für den Abstellplatz. „Da die Reichsbahnrundbunker nicht mehr sehr oft vorhanden sind und dieser hier besonders gut erhalten war, ist sein Abriss umso bedauerlicher,“ beklagt der Bunkerexperte den Verlust. Jetzt gibt es nur noch drei solcher ähnlich gut erhaltenen Rundbunker der Reichsbahn in Osnabrück: Den Ottobunker und die beiden Bunker im Lokviertel.

Hier befand sich einst der Schellenberg-Bunker auf dem Rangierplatz neben der VW Osnabrück Halle 81.
Hier befand sich einst der Schellenberg-Bunker auf dem Rangierplatz neben der Halle 81 von VW Osnabrück. / Karte: OpenStreetMap (bearbeitet von Armin Maiweg)

Das Schicksal der Lokviertel-Bunker

Das Areal des zukünftigen Stadtquartiers Lok-Viertel auf dem ehemaligen Güterbahnhofsgelände, das zuletzt im Februar 2025 mit einigen Bombenräumungen im Zuge der Tiefbauarbeiten Schlagzeilen machte, tangiert neben historischen Bahnhofsgebäuden auch potentiell die dortigen Reichsbahnbunker. Holger Raddatz fürchtet, dass auch diese in Zukunft zerstört werden könnten, um Platz für das hier geplante Neubaugebiet zu machen. Auch dazu hat unsere Redaktion der Stadt eine Presseanfrage gestellt. Es sei lediglich der Kohlenbunker von den Baumaßnahmenn betroffen, heißt es in der Antwort, der weiter östlich gelegene Strohm-Bunker befinde sich auf Flächen der Deutschen Bahn und sei nicht von der Planung für das neue Lokviertel beeinflusst. Die Lok-Viertel-OS GmbH, Trägerin des Projektes, wolle den nicht denkmalgeschützten Kohlenbunker aber erhalten, indem sich um eine sinnvolle Weiternutzung bemüht werde. Im aktuellen Planungskonzept ist „eine Integration des Bunkers in einen Quartiersplatz“ vorgesehen. Die Stadt verweist aber auch darauf, dass aktuell weder genaue Informationen zur konkret geplanten Nutzung des Bunkers, noch zu möglichen An- und Umbauten vorlägen. Es habe auch keinen Input von Dritten dazu im Rahmen der Bauleitplanung gegeben. Auf eine Nachfrage unserer Redaktion zur Nachnutzung des Bunkers reagierte die Lok-Viertel-OS GmbH bislang nicht. Es bleibt also abzuwarten, welche Lösung für den Kohlenbunker gefunden wird – dasselbe Schicksal wie den Schellenberg-Bunker wird ihn aber wahrscheinlich nicht ereilen.

Der Standort des Kohlenbunkers am ehemaligen Güterbahnhof. Gut zu sehen südöstlich der Strohm-Bunker, der außerhalb der Entwicklungsfläche Lok-Viertel liegt.
Der Standort des Kohlenbunkers am ehemaligen Güterbahnhof. Gut zu sehen südöstlich der Strohm-Bunker, der außerhalb der Entwicklungsfläche Lok-Viertel liegt. / Karte: OpenStreetMap (bearbeitet von Armin Maiweg)

Denkmalschutz für Bunker?

Wenn historische Bauwerke abgerissen werden, stellt sich natürlich immer die Frage, ob es nicht sinnvoll gewesen wäre, diese unter Denkmalschutz zu stellen, der einen Abriss verhindert hätte. Der ehemalige Leiter der Osnabrücker Baudenkmalbehörde Bruno Switala, mit dem wir im Zuge des Gesprächs über die historische Stadtbefestigung Osnabrücks auch über die Perspektive der Denkmalpflege zu den Bunkern sprechen, hält die Frage des Denkmalschutz auch im Falle von Weltkriegsbunkern für wichtig: „Zum Beispiel sollte der Hochbunker am Hauptbahnhof, der mit diesen Kunstprojekten bemalt wurde, denkmalgeschützt werden. Ich finde das wichtig für den Umgang mit dieser Zeit, denn meiner Meinung nach findet da gerade eine Verharmlosung statt.“ In Osnabrück ist mit dem Gertrudenberger Loch, das im Krieg zu einem Luftschutzraum ausgebaut wurde, nur ein einziger Bunker als Kulturdenkmal geschützt. Mit dem Schellenberg-Bunker hatte sich Switala zwar nicht explizit auseinandergesetzt, dafür umso mehr mit den Hürden des Denkmalschutzes. Damit ein Bau als Denkmal geschützt werden kann, muss seine besondere geschichtliche, wissenschaftliche, städtebauliche oder architektonische Relevanz nachgewiesen werden. „Es bedarf einer Bedeutung, die das öffentliche Interesse rechtfertigt“, erklärt Switala. Doch die Eintragung eines historischen Bauwerks als Kulturdenkmal bei der zuständigen Denkmalpflegebehörde in Hannover zu erreichen, sei nicht immer einfach, denn „die Interpretation des Denkmalschutzgesetzes ist immer fall- und personenabhängig.“ Am künftigen Umgang mit dem Kohlenbunker im Lokviertel wird sich bald zeigen, ob und wie der Erhalt eines historischen Bunkers auch ohne Denkmalschutz gelingen kann.

 

  

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