Das Felix-Nussbaum-Haus in Osnabrück hat durch eine bedeutende Schenkung drei bislang unbekannte Werke von Felka Platek erhalten, die ab sofort in dem Museum zu sehen sind. Die weltweit größte Sammlung ihrer Werke umfasst nun über 30 Gemälde. Die drei neuen, wertvollen Porträts, die enge Beziehungen zu ihren Unterstützern in der Zeit des Verstecks belegen, wurden von Maryvonne Collot und Alain Van Zieleghem überreicht. Mit dieser Schenkung eröffnen sich neue Perspektiven auf das Leben und Schaffen des Künstlerpaares Nussbaum/Platek im Brüsseler Exil.
Ein bewegender Moment der Erinnerung
„Das ist ein emotionaler Moment. Die Schenkung der drei Kunstwerke ist von unschätzbarem Wert“, erklärte Erster Stadtrat Wolfgang Beckermann bei der Übergabe der Gemälde. „Osnabrück trägt eine besondere Verantwortung für das Erbe Nussbaums.“

Maryvonne Collot berichtete, dass die Wohnung ihrer Familie in Brüssel einst mit Gemälden von Felix Nussbaum und Felka Platek gefüllt war. Ein Paket mit den drei nun überreichten Porträts hatte sie von einer Cousine – als Dank für die Hilfe bei einem Umzug – erhalten, bei der die Werke über Jahrzehnte unentdeckt geblieben waren. Erst beim Auspacken erkannte Collot deren historische Bedeutung und entschied, sie dem Felix-Nussbaum-Haus zu schenken.
Neue Erkenntnisse über das Versteck in Brüssel
Bisher ging man davon aus, dass Nussbaum und Platek in Brüssel in der Rue Archimède 22 wohnten und zum Malen in die Rue Général Gratry 23 gingen. Nun ist jedoch belegt, dass das Künstlerpaar tatsächlich in der Rue Général Gratry 23 im Souterrain Zuflucht fand – ein Versteck mit drei Räumen und Gartenblick, das ihnen von der Familie Giboux-Collot angeboten wurde. Die Familie entwickelte in dieser Zeit eine enge Bindung zu dem Künstlerpaar und unterstützte sie bis zu ihrer Verhaftung 1944. Auch ein Junge namens Jaqui, bekannt durch Nussbaums Gemälde „Jaqui auf der Straße“, soll sich bei der Brüsseler Familie versteckt haben.

Neue Perspektiven auf Nussbaums Hauptwerke
Die nun geschenkten Werke entstanden 1943: Porträts von Augustine Collot und ihren Kindern Albert und Yvonne Giboux. Sie sind nicht nur künstlerisch wertvoll, sondern auch historische Dokumente, die die enge Verbindung zwischen der Familie Giboux-Collot, Felix Nussbaum und Felka Platek belegen.
Auch die Entstehungsgeschichte von Nussbaums berühmtesten Gemälden muss neu betrachtet werden. Werke wie „Selbstbildnis mit Judenpass“ und „Triumph des Todes“ entstanden nicht nur in der Rue Général Gratry, sondern während der Zeit im Versteck bei Familie Giboux-Collot. Nach der Verhaftung des Paares verblieben diese Werke bei der Familie, wodurch sie bis heute erhalten blieben.

Korrektur der bisherigen Geschichtsschreibung
Die bisherigen Annahmen über Nussbaums Exilzeit basierten vor allem auf den Berichten des Brüsseler Kunsthändlers Willy Billestraet, der mit Yvonne Giboux liiert war. Seine Darstellungen erwähnten jedoch nicht die maßgebliche Rolle der Familie Giboux-Collot. Erst die jetzt neu erlangten Erkenntnisse durch Maryvonne Collot bringen die Unterstützer des Künstlerpaares ins Licht der Geschichte.
„Die neu gewonnenen Erkenntnisse legen einen wertvollen Grundstein für weiterführende Forschungen“, betonte Kuratorin Anne Sibylle Schwetter. Auch der Autor Mark Schaevers will die neue Geschichtsschreibung in die Überarbeitung seines bekannten Nussbaum-Buches „Orgelmann“ aufnehmen.