Die neue Koalition plant die Einführung eines Primärarztsystems in Deutschland, bei dem Patienten künftig nur noch nach Überweisung durch einen Hausarzt zum Facharzt gehen dürfen.
Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse, begrüßt die geplante Reform und betont die Notwendigkeit einer besseren Steuerung der Patienten im Gesundheitssystem.
Primärarztsystem für mehr Koordination im Gesundheitswesen
Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse, äußerte sich in einem Interview mit der „Welt“ positiv zu den Plänen der neuen Koalition, ein Primärarztsystem in Deutschland einzuführen. Das System sieht vor, dass Patienten künftig nur noch mit einer Überweisung ihres Hausarztes einen Facharzt aufsuchen können. „Ich halte das grundsätzlich für sehr sinnvoll, wenn es gut gemacht wird“, sagte Baas der „Welt“.
Er hob hervor, dass eines der zentralen Probleme im aktuellen Gesundheitssystem die fehlende Koordination sei. Viele Patienten wüssten nicht, welchen Spezialisten sie bei bestimmten Beschwerden aufsuchen sollten. Baas erläuterte: „Ein klassisches Beispiel dafür sind Kopfschmerzen. Da könnte ich beispielsweise zum Neurologen, zum HNO-Arzt, zum Augenarzt, zum Orthopäden, zum Psychiater oder zum Hausarzt gehen. Wo man hingeht, ist leider oft Zufall.“
Bessere Steuerung durch Hausärzte und digitale Ersteinschätzung
Für Jens Baas ist es entscheidend, dass Patienten künftig gezielter durch das Gesundheitssystem geführt werden: „Also dass der Hausarzt je nach Fall sagt, ob der Besuch eines Neurologen oder eher eines Augenarztes sinnvoll ist“, erklärte er. Eine wichtige Verbesserung sei zudem, dass Patienten künftig schneller einen Facharzttermin erhalten, wenn sie zuvor überwiesen wurden.
Allerdings warnt Baas vor möglichen neuen Engpässen: „Allerdings […] bestünde die Gefahr neuer Engpässe, wenn alle erst zur Hausarztpraxis gingen.“ Um dies zu vermeiden, fordert der TK-Chef eine digitale Ersteinschätzung noch vor dem Hausarztbesuch: „Deshalb muss es auch schon vor dem Hausarztbesuch eine digitale Ersteinschätzung des medizinischen Anliegens geben“, so Baas.
Diese digitale Ersteinschätzung soll Patienten bereits vor dem Hausarztbesuch eine Einschätzung der Dringlichkeit ihrer Beschwerden geben. „Das heißt, dass Patientinnen und Patienten schon bevor sie zum Hausarzt gehen, eine digitale Einschätzung bekommen, wie dringlich es ist: Reicht zunächst eine Wärmflasche aus, ist es ein Fall für den Arzt oder sogar den Notarzt“, erläuterte Baas. Je nach Ergebnis könnten die Patienten dann einen Termin buchen, eine Videosprechstunde nutzen oder sich von nicht-ärztlichen Fachkräften beraten lassen. Die Einschätzung könne beispielsweise per App, über einen Anruf bei der Hotline 116 117 der Kassenärztlichen Vereinigungen oder direkt vor Ort am Praxistresen oder in der Notaufnahme erfolgen.
Keine kurzfristige Lösung für Finanzierungsprobleme
Die Reform wird nach Einschätzung von Jens Baas jedoch keine kurzfristigen finanziellen Entlastungen für die Krankenkassen bringen: „Ich glaube nicht, dass das Primärarztsystem zeitnah relevante Summen einsparen wird“, meinte Baas. Er betonte jedoch: „Bei dieser Reform geht es aber auch gar nicht ums Sparen: Ich hoffe, dass dadurch ein System entsteht, das wesentlich flexibler auf die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten reagiert und sie in die für sie richtigen Behandlungsangebote steuert.“
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