Im Endspurt des Wahlkampfs machte der SPD-Bundesvorsitzende Lars Klingbeil am Freitag (21. Februar) Halt in Osnabrück. Im Oberen Foyer des Theaters kam er für anderthalb Stunden mit Wählerinnen und Wählern ins Gespräch. Dabei betonte er die Bedeutung der letzten Tage vor der Wahl und rief die Anwesenden dazu auf, aktiv um unentschiedene Wählerinnen und Wähler zu werben. „27 Prozent der Menschen haben noch nicht entschieden, das hat es so kurz vor der Wahl noch nie gegeben“, so der SPD-Chef.
Unterstützung für Thomas Vaupel
Besonders warb Lars Klingbeil für den SPD-Kandidaten für das Direktmandat, Thomas Vaupel, den er als erfahrenen Politiker mit guten Kontakten nach Berlin und tiefer regionaler Verwurzelung beschrieb. „Es entscheidet sich zwischen Thomas und der Grünen-Kandidatin, nicht zwischen FDP oder anderen Parteien.“ Außerdem betonte er die Wichtigkeit der Erststimme: „Ein Prozent kann den Unterschied machen.“
Ein zentrales Thema des Besuches war die wirtschaftliche Entwicklung. Klingbeil unterstrich die Bedeutung einer aktiven Industriepolitik: „Ich will, dass wir eine starke Automobilindustrie in Deutschland haben.“ Er kritisierte die wirtschaftspolitischen Vorstellungen von CDU-Chef Friedrich Merz scharf: „Sein Konzept besteht aus drei Säulen: Er findet Windräder hässlich, er stellt die Elektromobilität infrage, er zweifelt an grünem Stahl.“

Entlastung der arbeitenden Bevölkerung
Die SPD wolle künftig verstärkt Menschen mit mittleren und niedrigen Einkommen entlasten, so Klingbeil. Eine Einkommensteuerreform solle die Bürgerinnen und Bürger finanziell besser stellen. „Eine normale Familie hat dadurch 150 bis 300 Euro mehr im Monat.“ Auch kostenfreies Schulmittagessen und eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel seien geplant.
Der SPD-Politiker kritisierte zudem die Steuerpläne der Union, die vor allem Wohlhabenden zugute kämen. Die SPD hingegen setze auf Entlastungen – insbesondere für Erzieherinnen, Pflegekräfte und Facharbeiter.

Investitionen in Infrastruktur und Reform der Schuldenbremse
Die marode Infrastruktur in Deutschland war ebenfalls Thema. „Es gibt Teile dieses Landes, die nicht mehr funktionieren.“ Mehr Investitionen in Brücken, Straßen, Schienen und Digitalisierung seien nötig. Dafür müsse auch die Schuldenbremse reformiert werden: „Was bringt uns eine harte Schuldenbremse, wenn in zehn Jahren die Schulen und Brücken noch maroder sind?“
Auch sicherheitspolitische Herausforderungen sprach Lars Klingbeil an: „Wir wissen nicht mehr, ob wir uns auf unsere amerikanischen Freunde verlassen können.“ Deutschland müsse geopolitisch eigenständiger agieren.
Klare Aussage zur Kanzlerfrage
In der Kanzlerfrage stellte sich Klingbeil klar hinter Olaf Scholz. In Zeiten globaler Krisen brauche es Erfahrung und Besonnenheit: „In Zeiten von Kriegen brauchen wir jemanden mit Nervenstärke und internationaler Erfahrung.“ Friedrich Merz hingegen sei unentschlossen und unerfahren in Regierungsverantwortung: „Beim Thema Taurus hatte er fünf Meinungen. So kannst du keine Außenpolitik machen.“

Publikum diskutiert Nahost- und Migrationspolitik
In der Fragerunde kamen auch die Themen Nahost-Konflikt und Migrationspolitik zur Sprache. Kritische Stimmen zur deutschen Haltung gegenüber Israel und zur Bezeichnung „Menschen mit Migrationshintergrund“ wurden geäußert. Klingbeil betonte: „Uns gibt keiner etwas vor, wir sind frei gewählte Abgeordnete.“
Der Fachkräftemangel in der Pflege wurde ebenfalls diskutiert. Während der SPD-Vorsitzende die Reform der generalistischen Pflegeausbildung verteidigte, räumte er auch ein: „Es gab riesige Kritik an der generalistischen Ausbildung, deshalb wird sie evaluiert.“ Weiterhin spiele Zuwanderung eine zentrale Rolle: „Wir brauchen mehr Pflegekräfte, auch aus dem Ausland.“
Persönlicher Appell zum Wahlsonntag
Zum Abschluss verband Lars Klingbeil den Wahlaufruf mit einer persönlichen Note. Weil er am Wahlsonntag seinen 47. Geburtstag feiert, äußerte er seinen Wunsch an die Anwesenden: „Ich wünsche mir als Geburtstagsgeschenk eine SMS mit: Ich war wählen!“

