# Professor der Uni Osnabrück will Sportunterricht umdenken: „Sportunterricht muss mehr sein als höher, schneller, weiter“ Datum: 10.10.2025 10:45 Kategorie: Aktuell URL: https://www.hasepost.de/professor-der-uni-osnabrueck-will-sportunterricht-umdenken-sportunterricht-muss-mehr-sein-als-hoeher-schneller-weiter-642219/ --- Seit diesem Jahr hat Prof. Dr. Benjamin Zander die Professur „Sportwissenschaft mit dem Schwerpunkt Sport und Gesellschaft“ an der Uni Osnabrück inne. Schon seit seiner Schulzeit begeisterte er sich für Sport, was ihn dazu motivierte, auch sein Studium danach auszurichten. Doch in der Gestaltung des Sportunterrichts in der Schule findet er noch einige Makel. ## Der schulische Rahmen sei ein Problem Wenn man von sich aus Sport triebt, dann kann man sich frei aussuchen welche Sportart, wann, und wie lange man sie machen möchte. In der Schule sieht das anders aus, erzählt Prof. Dr. Benjamin Zander: „Sportunterricht ist hingegen oft ein großformatiges Angebot, bei dem alle das Gleiche machen müssen, und das über einen längeren Zeitraum hinweg.“ Dadurch können Schülerinnen und Schüler eine eher negative Einstellung zum Schulsport entwickeln. „Hinzu kommt, dass beim Sport der ganze Körper zur Disposition steht. Und ein Körper hat – trotz aller Anstrengungen – nun mal seine Limitationen, sei es bei der Größe oder beim Gewicht, auf das man auch nur bedingt Einfluss nehmen kann. Es kann Schülerinnen und Schüler tief treffen, wenn ihr Körper auf einmal so sichtbar gemacht wird“, fügt der Sportwissenschaftler hinzu. ### Sport wird in der Gesellschaft etwas überhöht Von der Gesellschaft und Gleichaltrigen gibt es Anerkennung, wenn man sportlich aktiv ist und Krankenkassen fördern sportliche Aktivitäten, bei den Schülerinnen und Schülern kann also ein gewisser Druck entstehen sich ebenfalls mit dem Sport auseinanderzusetzen. Und das hat auch Auswirkungen auf den Unterricht selbst. „Vom Sportunterricht wird daher mehr verlangt als bloße Bewegungsangebote: Er muss auch Räume für Reflexion und Urteilskompetenz schaffen, damit Kinder und Jugendliche u.a. lernen, die gesellschaftliche Bedeutung von Bewegung, Spiel und Sport kritisch einzuordnen.“ ### Auch Umkleiden stellen Hemmschwellen dar „Das Wichtigste ist zu wissen: Das ist ein sehr intimes Miteinander“, betont Zander. Besonders Schülerinnen und Schüler, die nicht etwa durch den Vereinssport damit vertraut sind, verbinden mit gemeinschaftlichen Umkleiden oft negative Erinnerungen – gerade in der Pubertät. „Sportlehrer müssen sich in Schülerinnen und Schüler hineindenken können, die mit weniger Freizügigkeit groß geworden sind“, erklärt er weiter. Dem kann man beispielsweise entgegenwirken, indem beim Schwimmunterricht Handtücher mit in das Schwimmbad genommen werden dürfen, um sich zwischendurch zu bedecken, oder die Schülerinnen und Schüler statt in eine Sammelumkleide jeweils für Jungen und Mädchen, in kleineren Freundesgruppen in eine Umkleide zu schicken. „Zudem bin ich dafür, sich dafür stark zu machen, auch Menschen, die sich nicht eindeutig einem Geschlecht zuordnen, einen Raum zu geben.“ ### Noten seien nicht unbedingt ein Problem „Eher der Ton, in dem man Schüler anspricht“, erklärt Zander. Noten sollen den Schülerinnen und Schülern einen Ansporn geben auch über den Unterricht hinaus in ihr Leben als Ressource für Gesundheit und Persönlichkeitsentwicklung zu integrieren. Deswegen ist der Prozess der Notengebung tatsächlich sehr komplex. In der Praxis müssen Lehrerinnen und Lehrer also oft auf einfachere Methoden zurückgreifen, mit denen dieses Ziel oft nicht erreicht werden kann. Um den Sportunterricht also zu verbessern, schlägt Prof. Dr. Benjamin Zander nicht vor, die bekannten Sportarten zu ersetzen, da sie oft auch einen kulturellen Wert haben. Stattdessen soll zusätzlich auf freie Bewegung und Spiel gesetzt und zugleich pädagogische Zielstellungen in individualisierten Lernsettings in den Vordergrund gerückt werden. „Dann sehen Schülerinnen und Schüler vielleicht auch mehr Sinn in den Angeboten, können sich besser selbst entfalten und kreativ sein.“ --- Quelle: Hasepost.de - Die Zeitung für Osnabrück