Osterbotschaft: Bischof Bode ruft zu Hoffnung und Zuversicht auf

Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode hat in seiner Osterbotschaft zur Hoffnung und Zuversicht aufgerufen.

In der gegenwärtigen bedrückenden Situation komme es darauf an, die österliche Botschaft von der Auferstehung Jesu Christi im Blick zu behalten, sagte Bode in der Osternachtfeier im Osnabrücker Dom am Karsamstagabend (11. April), die per Livestream im Internet übertragen wurde.

„Ostern ermutigt uns, eben doch mehr Leben in allem zu entdecken als das, was dagegen spricht.“ Viele Menschen erlebten zurzeit die Hilfsbereitschaft anderer und sie spürten, wie notwendig gute Kommunikation sei, sagte Bode. Das „Miteinander auf Abstand“ könne ein neues Füreinander sein. Die positiven Reaktionen auf die im Internet übertragenen Gottesdienste aus dem Osnabrücker Dom und die vielfältigen Angebote in den Kirchengemeinden seien „Argumente des Lebens“, betonte Bode: „Manchem mögen sie winzig erscheinen, sie sind aber von hoher Bedeutung in diesem ganzen Drama.“

Wortlaut der Predigt von Bischof Dr. Franz-Josef Bode
in der Osternachtfeier im Dom zu Osnabrück am 11. April 2020:

„Winzig sind die Argumente des Lebens gegen den Tod.“ Dieser Satz eines modernen Osterliedes, liebe Schwestern und Brüder, ist mir ganz neu in den Sinn gekommen in dieser beispiellosen Zeit und in dieser bisher nie gekannten Weise, die österlichen Tage begehen zu müssen.

Unmittelbar vor der Bereitung dieser Predigt habe ich vom Tod unseres Domkapitulars Herbert Brockschmidt und der schweren Erkrankung meines Onkels erfahren. Die gefährlichen Spuren des Coronavirus breiten sich aus, kommen näher und betreffen viele sehr persönlich, nicht nur durch die Krankheit selbst, sondern auch durch die unabsehbaren sozialen Folgen in der ganzen Gesellschaft, und das weltweit.

Winzig sind die Argumente des Lebens gegen den Tod. Die vielen Äußerungen von Wissenschaftlern und Politikern – von sehr differenzierten und verantwortlichen bis hin zu sehr populistischen – machen das Argumentieren für das Leben nicht leichter. In der lähmenden Ungewissheit um den Ausgang dieses Prozesses haben die Menschen zwar viel Zeit, aber wenig Muße. Angespannte Unruhe macht sich breit.

Winzig sind die Argumente des Lebens und der Hoffnung in einer so bedrückenden Situation. In dem besagten Osterlied heißt es dazu:

Aller Augenschein sagt
ein Grab ist ein Grab
tot ist tot
aus ist aus
fertig nichts weiter

Der Augenschein zeigt tatsächlich Menschen mit Existenzangst, Menschen mit Angst vor Arbeitslosigkeit, Menschen, deren Liebe und Treue zerbrochen oder missbraucht wird, Menschen, die nicht nur wegen Corona weder ein noch aus wissen, denn die Umweltzerstörung, die Leiden der Menschen überall auf der Welt, die totbringenden Kriege gehen ja weiter.

Ja, winzig sind die Argumente des Lebens gegen den Tod. – Die Osterbotschaft in solcher Situation zu verkünden, ist eine ganz besondere Herausforderung. Das Halleluja möchte einem im Hals stecken bleiben.

Dennoch brauchen Christen von all dem nichts herunterzuspielen oder zu überspielen. Denn wir feiern in diesen Tagen einen Gott, den das alles nicht kalt lässt. Im Gegenteil. In seinem Sohn Jesus Christus sehen wir einen Menschen vor uns, der Verrat, Verleumdung, Verleugnung, Angst, ja Folter und Tod durchgemacht hat, um Menschen auch dort zu begegnen, wo sie wie er schreien: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Wir sehen einen Menschen vor uns, der von der Logik des Todes zugrunde gerichtet wird, der aber gerade darin alle an sich zieht, um sie mitzunehmen in ein größeres Leben.

Winzig sind die Argumente des Lebens gegen den Tod. Es sind ein weggerollter Stein, aufgefaltete Leinentücher, Begegnungen auf dem Wege, die das Herz brennen lassen, gemeinsames Brotbrechen, Hauch des Geistes. Noch einmal ein Zitat aus dem erwähnten Osterlied:

Eine winzige Hoffnung gegen allen Augenschein
ein kleines Licht in so viel Finsternis
ein paar fassungslose Menschen vor einem leeren Grab ein Halleluja auf den Lippen

So schwach die Argumente sein mögen, sie haben doch Geschichte gemacht, die viele menschliche Machenschaften und Mächte überdauert hat und überdauern wird. Es sind Argumente, die unendlich vielen Menschen Hoffnung, Halt und Zuversicht gegeben haben. Es sind Argumente, die ihnen Kraft gaben und geben, Leid und Tod nicht zu verdrängen, sondern auf sich zu nehmen und durchzutragen.

Die Argumente des Lebens mögen schwach erscheinen, gerade in dieser geradezu irrealen Zeit, die uns doch so real betrifft. Dennoch spüren ganz viele Menschen durch die Erschütterung ihres Lebens, wie notwendig gute Kommunikation ist, wie sehr wir von der Hilfsbereitschaft und dem Einsatz anderer leben, dass unser Miteinander „auf Abstand“ ein neues Füreinander sein kann in den zahllosen Ideen, die geboren werden für das Bestehen dieser Situation, und wie wertvoll die ungeheure Bereitschaft ist, das Letzte zu geben in all den Bereichen, die dem Erhalt des Lebens unmittelbar dienen.

Auch die hohe positive Reaktion auf unsere Gottesdienste im Dom und auf die vielfältigen sinnstiftenden Angebote der Gemeinden sind Argumente des Lebens. Manchem mögen sie winzig erscheinen, sie sind aber von hoher Bedeutung in diesem ganzen Drama.

Ostern ermutigt uns, eben doch mehr Leben in allem zu entdecken als das, was dagegenspricht. Wo das gelingt, wo Begegnung geschieht mit dem Auferstandenen in Galiläa und mit seinen Argumenten des Lebens, wird Ostern brisant. Zumal das Osterevangelium uns gleich zweimal nach Galiläa schickt, um dem Auferstandenen zu begegnen. Nach Galiläa, wo alles begonnen hat mit den kleinen und großen Heilungserfahrungen durch Jesus, mit den wunderbaren Gleichnissen und Worten des Lebens und den tiefbewegenden Begegnungen.

Dort, wo sich der Neuanfang des Heils gezeigt hat, finden wir den Auferstandenen bis heute: in der Zuwendung zum Menschen in Krankheit und Not; in der Begleitung derer, die nicht allein zurechtkommen; in den vielen Worten und Gesten der Aufrichtung und Zuneigung; in der Neu-Entdeckung des Wortes Gottes und dem schmerzlichen Vermissen des eucharistischen Brotes.

Gerade jetzt, gerade heute brauchen wir noch intensiver die Kirche, die nach Galiläa geht, um ganz nah an der Seite der Menschen zu bleiben. Ich konnte nicht ahnen, wie unsere Überlegungen unlängst in der Silvesterpredigt sich in so kurzer Zeit bewahrheiten und noch vertiefen würden.

Gott ist der Herr der Geschichte. Er wird alle Tränen abwischen; Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Das Ostergeschehen ist letztlich nicht zu begreifen, aber wir dürfen uns daran klammern, uns mitreißen lassen. Dann eröffnen sich neue Möglichkeiten, mit denen nicht zu rechnen war. Kreuz und Auferstehung befreien aus Ängsten, befreien zu neuem Einsatz für das Leben, für das eigene wie das der anderen, besonders der Verzweifelten, der Armen, der ratlos Suchenden.

Gott hat die Lust am Leben nicht verloren. Deshalb ist die Feier dieser Tage des Sterbens und des Auferstehens Christi für uns und für alle in dieser außergewöhnlichen Zeit lebensnotwendig; nicht nur trotz allem, was geschieht an Leid und Tod, sondern gerade deswegen. Denn winzig, aber gewichtig sind die Argumente des Lebens gegen den Tod! Sie geben unserem Leben Zukunft und Hoffnung.

Ja, wir dürfen, um mit dem vor 75 Jahren hingerichteten Pater Alfred Delp zu sprechen, auch in dieser Zeit mit ihren tödlichen Gefahren dem Leben trauen, weil Gott es mit uns lebt.

Amen.


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