# Osnabrücker Stadtrat ringt um Zukunft und Kosten des Busverkehrs Datum: 04.06.2025 17:44 Kategorie: Aktuell URL: https://www.hasepost.de/osnabrueck-stadtrat-zukunft-kosten-oepnv-busverkehr-602860/ --- Mit knapper Mehrheit wurden in der Ratssitzung am Dienstagabend die Leitlinien für das euphemistisch „Zukunftsnetz“ genannte Busnetz der Stadt verabschiedet. Die Debatte erfolgte vor dem Hintergrund parallel laufender und inzwischen durchgesickerten Plänen, die das Busfahren in Osnabrück noch teurer und unattraktiver machen könnten. Obwohl die Änderungsanträge von CDU und Linkspartei oberflächlich nur geringfügige Ergänzungen zum Ursprungsantrag von SPD und Grünen enthielten, zeigten sich in der Debatte tiefe Gräben zwischen den Fraktionen, insbesondere zwischen CDU und der Mehrheitsgruppe aus SPD, Grünen und Volt. Die Mehrheitsgruppe hatte sich in ihrem letztlich auch knapp angenommenen Antrag auf ein Konzept verständigt, das den öffentlichen Nahverkehr deutlich ausbauen, neue Quartiere anschließen und bestehende Buslinien beschleunigen soll. CDU, FDP und die Oberbürgermeisterin lehnten den Antrag in dieser Form ab – auch, weil er ihnen in Teilen als nicht finanzierbar erscheint. ## Panzer (SPD) betont volkswirtschaftlichen Nutzen des ÖPNV Bereits zum Auftakt der Debatte stellte SPD-Ratsherr Heiko Panzer klar, worum es aus Sicht der Antragsteller geht: um mehr als nur Linien und Takte. „Unser Ziel ist es, eine lebenswerte, umweltfreundliche, vernetzte Stadt zu schaffen“, sagte Panzer. Es gehe um ein Mobilitätsangebot, das künftig mehr Menschen vom Umstieg auf den Bus überzeugen könne – etwa durch einen engeren Takt, bessere Pünktlichkeit und konkrete Beschleunigungsmaßnahmen. Für Panzer ist klar: „Nicht Autobahnen allein halten das Land zusammen, sondern eine intakte U-Bahn, Tram, Bus und Region und ICE-Linie – und eben auch der Personennahverkehr in den Städten.“ Dass sich Investitionen in den ÖPNV auch volkswirtschaftlich lohnten, sei längst belegt. Studien der TU München zufolge bringe jeder investierte Euro einen dreifachen Nutzen. ### CDU mahnt: Zuschussbedarf für ÖPNV in Osnabrück hat sich verdoppelt Doch es blieb nicht bei der Vision. Marius Keite, Fraktionsvorsitzender der CDU, sprach sich gegen den Antrag aus – zumindest in seiner ursprünglichen Form. „Uns eint das Ziel, den ÖPNV zu stärken“, sagte Keite. Aber dazu gehöre auch Ehrlichkeit in der Bewertung der Lage. Der Zuschussbedarf habe sich in den vergangenen Jahren verdoppelt. „Jeder Osnabrücker zahlt statt 90 Euro demnächst 180 Euro an Steuergeldern für den Bus – und das bevor man eine Fahrkarte kauft.“ In einer Phase des Fachkräftemangels bei Busfahrerinnen und Busfahrern erscheine der geplante Netzausbau wenig realistisch. Keite mahnte eine Prioritätensetzung an und forderte, dass Takte und Linien mit geringer Auslastung kritisch geprüft werden müssten. „Verlässlichkeit ist der Schlüssel für mehr Fahrgäste – nicht Luftschlösser.“ ### Grünen-Politiker bezweifelt Erfolg von Sparmaßnahmen Eine zentrale Reizfrage war die geplante regelmäßige Überprüfung von Parkgebühren. Die CDU forderte, auf weitere Erhöhungen zu verzichten. Auch hier war der Widerspruch deutlich. Grünen-Ratsherr Volkmar Seliger entgegnete: „Wie wollen Sie den Menschen erklären, dass sie im Stadtgebiet für jede Busfahrt ein Ticket brauchen, aber Parken auf öffentlichen Straßen in vielen Bereichen weiterhin kostenlos ist?“ Für Seliger liegt in der Parkraumbewirtschaftung ein Schlüssel zu mehr Gerechtigkeit im Verkehrssystem – und zu mehr Platz für andere Mobilitätsformen. Er betonte: „Niemand hat sich jemals gesundgespart. Das sieht man an Schienen, Brücken und Straßen in dieser Republik.“ ### Liberale fordern mehr Park&Ride in Osnabrück Analog zur CDU zeigte sich auch Oliver Hasskamp von der FDP unzufrieden mit dem Antrag der Mehrheitsgruppe. Zwar begrüßte er das Ziel, den ÖPNV zu verbessern, kritisierte aber die mangelnde Verbindlichkeit der Maßnahmen. „Das klingt alles gut, aber es bleibt zu vage“, sagte er. Besonders beim Thema Busbeschleunigung sei in der Vergangenheit wenig umgesetzt worden – trotz wiederholter Forderungen seiner Fraktion. Er sprach sich außerdem für ein flächendeckendes Park-&-Ride-Angebot aus, das im Antrag keine Rolle spiele. ### Linken-Ratsmitglied forderte verlässlichen Fahrplantakt Nicole Emektas, die an diesem Dienstag alleine ihre zusammen mit dem erneut durch Abweseheit glänzenden Ratsmitglied Kalla Wefel gebildete Gruppe vertreten musste, argumentierte für einen Änderungsantrag, der die Beibehaltung des 10-Minuten-Takts auf Metrobuslinien, des 20-Minuten-Takts auf anderen Linien sowie der Nachtbusse sichern sollte. Sie warnte eindringlich vor den sozialen Folgen von Kürzungen: „Ist das wirklich unsere Vision von Jugendmobilität im Jahr 2025 – dass Eltern mitten in der Nacht vor Clubs warten müssen, weil der öffentliche Nahverkehr versagt?“ Die Nachtbusse seien für viele junge Menschen, aber auch für Schichtarbeiterinnen und Auszubildende unverzichtbar. Doch der Antrag für verlässlich fahrende Busse fand keine Mehrheit – nur Emektas selbst stimmte zu. ### SPD-Fraktionsvorsitzende betont Wichtigkeit des Anwohnerparkens Für die SPD trat schließlich auch die Fraktionsvorsitzende Susanne Hambürger dos Reis ans Mikrofon – und reagierte empört auf die wiederholte Verwendung des Begriffs „unredlich“ in der Debatte. „Das kann ich so nicht stehen lassen“, sagte sie. Sie betonte die Bedeutung eines verlässlichen Gesamtkonzepts: „Wir brauchen einen funktionierenden Nahverkehr, aber auch flächendeckendes Anwohnerparken und Quartiersgaragen. Ohne ein gemeinsames Denken dieser Bereiche kommen wir nicht weiter.“ In ihrer persönlichen Schilderung beklagte sie das dichte Parken in Wohngebieten, das Kindern kaum noch Raum zum Spielen lasse. ### Unionspolitikerin drängt auf Umsetzung von Plänen Annette Meyer zu Strohen (CDU) schilderte in einem sehr emotionalen Beitrag ihre Frustration über wiederholte politische Ankündigungen ohne spürbare Umsetzung. Sie nannte als Beispiel neu gebaute Bushaltestellen in Hellern, bei denen kein einziger Fahrradbügel eingeplant wurde. Auch die immer wieder diskutierten Quartiersgaragen seien bisher nicht realisiert worden. „Wir reden und reden – aber wo sind die Ergebnisse?“ ### Auch Grünen-Politiker drängt auf schnelle Realisierung von Antrag Jens Meier (Grüne) widersprach dem Vorwurf der Unverbindlichkeit und warb für den beschlossenen Weg. Der Antrag sei bewusst offen formuliert, um mit einem „lernenden System“ auf Entwicklungen reagieren zu können. Er erinnerte daran, dass im Antrag lediglich eine Prüfung – nicht aber eine Erhöhung – von Parkgebühren vorgesehen sei. „Wir wollen ein Netz, das den Namen Zukunftsnetz verdient. Nicht irgendwann – sondern jetzt.“ Am Ende standen drei Anträge zur Abstimmung. Der Änderungsantrag der CDU, der unter anderem einen expliziten Verzicht auf höhere Parkgebühren und die Attraktivierung nachfrageschwacher Linien vorsah, wurde abgelehnt. Auch der Antrag von Linkspartei und Winzelmitglied Wefel fand keine Mehrheit, außer bei der einzigen anwesenden Vertreterin der Gruppe. Der Hauptantrag der Mehrheitsgruppe wurde mit knapper Mehrheit angenommen – gegen die Stimmen von CDU, FDP, AfD-Ratsmitglied Alexander Garder und Oberbürgermeisterin Katharina Pötter. --- Quelle: Hasepost.de - Die Zeitung für Osnabrück