Wolfgang Griesert, Oberbürgermeister der Stadt Osnabrück, lehnt einen Beitritt zum Bündnis Seebrücke und damit eine Aufnahme zusätzlicher Menschen ab, die von privaten Organisationen mit eigens dafür gecharterten Schiffen vor der nordafrikanischen Küste aufgesammelt wurden.

Mehrere Oberbürgermeistern von Großstädten in NRW hatten sich in den vergangenen Tagen für eine Aufnahme zusätzlicher Migranten entschieden. Der Oberbürgermeister erklärt, dass er es akzeptieren wird, wenn eine Mehrheit im Stadtrat eine andere Entscheidung fällen sollte.

Am vergangenen Samstag hatte es eine Demonstration in der Osnabrücker Innenstadt gegeben, um einem Schreiben Nachdruck zu verschaffen, in dem der Stadtrat und der Oberbürgermeister zur Aufnahme zusätzlicher Migranten aufgefordert wurden.

In einem Brief, der unserer Redaktion vorliegt, teilte der Oberbürgermeister den Vertretern des Bündnis Seebrücke Osnabrück am späten Freitagabend seine Beweggründe mit.

Unsere Redaktion veröffentlicht das Antwortschreiben ungekürzt:

Sehr geehrte Damen und Herren,

erinnern Sie sich noch an den April 2015, an die Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer, als fast 1.000 Menschen auf der Flucht vor Elend und Verfolgung im Mittelmeer ertrunken sind? Dieses nicht unerwartete Unglück hat damals den Rat der Friedensstadt so entsetzt, dass er sich am 22. April 2015 mit einem Brief an die höchsten Repräsentanten Europas, Deutschlands und Niedersachsens gewandt hat, in dem es heißt:

„Wir Europäer sind nicht nur Stolz darauf, dass die Europäische Union 2012 mit dem Friedensnobelpreis geehrt worden ist, sondern sehen darin auch eine Verpflichtung zum Handeln. Wir sind stolz auf die uns verbindenden Werte der Humanität und Freiheit. Dafür stehen wir ein. Auf diese Werte beziehen wir uns, wenn wir, wie zahlreiche andere Städte auch, Flüchtlinge aufnehmen, sie zunächst versorgen, um sie so schnell wie möglich in unsere Gesellschaft zu integrieren. Diese Menschen brauchen unsere Hilfe, die wir ihnen gern geben. Wir sind glücklich, in einer Gesellschaft zu leben, in der dieses Angebot unstrittig ist […]. Sehr geehrter Präsident, verehrte Bundeskanzlerin, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, wir schämen uns dafür, dass unsere europäischen Institutionen das Leben dieser Menschen nicht schützen konnten. Und so bitten wir Sie: Verhindern Sie solche Tragödien. Tun Sie bitte sofort etwas, bevor weitere Menschen ertrinken. Retten Sie die Menschen, die vor einem solchen Risiko nicht zurückschrecken, und dabei ihr Leben aufs Spiel setzen, um ihr Leben in Europa zu retten.“

Viele tausend Tote später müssen wir feststellen, dass dieser Appell, so gut er auch gemeint gewesen sein mag, keinem Menschen das Leben gerettet hat.

Erinnern Sie sich noch an die Initiative für die Flüchtlinge in Idomeni von 2017, mit denen Bürger unserer Stadt ganz einfach helfen wollten, 50 Flüchtlinge zu retten? Sie erinnern sich: diese Initiative wurde auch vom Rat unterstützt. Die Bereitschaft, einfach zu helfen, war groß. Abermals viele tausend Tote später müssen wir wieder feststellen, dass wir keinem Flüchtling helfen konnten. Wir sind an den Institutionen gescheitert, die doch allein in der Lage sind, Flüchtlinge vor dem Ertrinken zu retten und ihnen bei uns eine Lebensperspektive zu geben, sofern sie als Asylsuchende anerkannt werden. Wir müssen also feststellen, dass allein Europa diese Möglichkeit hat, sofern die Mitgliedsstaaten dafür einstehen. Dafür setzt sich nicht zuletzt auch unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel ein. Und dafür hat auch der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius geworben. Wenn Europa nicht die Kraft aufbringen sollte, eine Lösung für die Menschen zu finden, die ihr Leben riskieren, um zu uns zu kommen, dann ist Europa an dieser Herausforderung an seine Grenze gekommen und an eben dieser vielleicht sogar gescheitert – gescheitert als Solidargemeinschaft, gescheitert aber auch als Wertegemeinschaft.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich danke Ihnen ganz herzlich für Ihr Schreiben vom 8. August 2018 und Ihr Engagement für Menschen in Not! Wie Sie wissen haben fast 5.000 Frauen, Kinder und Männer seit 2013 in der Stadt Osnabrück Zuflucht gefunden. Dank auch Ihres großen Engagements haben wir aber als Stadt keine „Flüchtlingskrise“ erlebt, sondern konnten von Anfang an die Integration aller Ankommenden fördern und positiv gestalten. So konnten wir eine Erstaufnahmeeinrichtung des Landes in der Stadt etablieren, was ohne Ihre Geste des Willkommens, ohne Ihre Unterstützung gar nicht möglich gewesen wäre. Wir haben damals im Rathaus die Öffentlichkeit über diesen Plan unterrichtet und eine unglaubliche Welle der Hilfsbereitschaft erfahren. Nicht zuletzt die vielen (ehrenamtlichen) Sprach- und Integrationsprogramme, Sport- und Kulturprojekte – die Liste der angestoßenen Begegnungs- projekte ist lang – haben dazu einen ganz entscheidenden Beitrag geleistet. Dazu gehört auch das vom Rat der Stadt Osnabrück verabschiedete aktuelle Integrationskonzept: „Von der Erstaufnahme zur Überleitung in die Regelsysteme. Geflüchtete in der Stadt Osnabrück.“ Darin wird deutlich, dass wir noch viele Herausforderungen zu meistern haben. Die Integration der Neuzugewanderten wird daher ein Schwerpunkt des kommunalen Handelns der nächsten Jahre bleiben. Dieser Schwerpunkt wird umrahmt von einer langen und fundierten Kooperation mit terre des hommes – sozusagen in umgekehrter Richtung.

Gerade auch vor dem Hintergrund dessen, was Sie gemeinsam mit den Beschäftigten der Stadtverwaltung in den vergangenen Jahren für die Geflüchteten getan haben, und auch vor dem Hintergrund der Erfahrung mit den Initiativen, Menschen direkt zu helfen, komme ich zu einem anderen Ergebnis als einige meiner Amtskollegen: Ich kann dem Rat nicht empfehlen, die Aktion „Seebrücke“ zu unterstützen, weil ich fest davon überzeugt bin, dass es entweder eine gemeinsame Lösung auf europäischer Ebene oder gar keine Lösung geben wird. Ich bitte Sie um Verständnis für diese Haltung, so sehr ich ihre Auffassung auch nachvollziehen, verstehen und akzeptieren kann. Auch der Rat wird dieses Anliegen in seiner nächsten Sitzung diskutieren und möglicherweise zu einer anderen Auffassung kommen. Auch diese werde ich selbstverständlich akzeptieren.

Ich habe mich aber aus den genannten Gründen entschieden, dem Bündnis nicht beizutreten, sondern den Fokus auf konkrete Maßnahmen für die Ankommenden zu richten. Ich danke allen Initiativen, Verbänden und Ehrenamtlichen sowie Hauptamtlichen, die tagtäglich Geflüchtete betreuen und begleiten.

Ich erlaube mir, eine Kopie dieses Schreibens den Medien zukommen zu lassen.

Mit der Bitte um Ihr Verständnis verbleibe ich

Wolfgang Griesert
Oberbürgermeister

 


 

Hinweis: Angeblich soll sich die Grüne Ratsfraktion Osnabrück inzwischen für eine Aufnahme zusätzlicher aus “Seenot” geretteter Menschen und für einen Beschluss in der nächsten Ratssitzung einsetzen.
Eine Pressemitteilung dazu wurde von dieser Ratsfraktion, die entsprechend der Kommunalverfassung nicht für eine Klientel in das Kommunalparlament gewählt wurde, sondern als hinzugewählter Teil der Verwaltung für alle Bürger tätig sein soll, erneut nur an Redaktionen verschickt, die in den Augen der Ökopartei “genehm” berichten.

Die Grüne Ratsfraktion setzt damit ihre Politik der gesteuerten und gelenkten Medieninformation weiter fort und verstösst damit unserer Ansicht nach weiterhin gegen das im Grundgesetz undiskutierbar festgeschriebene Diskriminierungsverbot, die Presse- und Meinungsfreiheit und konkret gegen das Niedersächsische Pressegesetz. 

Neben der Grünen Ratsfraktion boykottiert auch die SPD-Ratsfraktion seit ein paar Wochen die Redaktion der HASEPOST.

Hier alles über den Presseboykott der Grünen- und SPD-Ratsfraktion.