Wenn es um die Vergabe aussichtsreicher Listenplätze geht, herrscht bei allen Parteien größte Anspannung. Die Osnabrücker AfD bewies am Wochenende erneut, dass sie unter Druck zur Selbstzerstörung neigt.

Neben der Qualifikation geeigneter Kandidaten geht es bei der Kandidatenkür auch immer um Netzwerke und und den Regional-Proporz, damit die Parteibasis und die Regionen möglichst ausgewogen repräsentiert werden. Wie parteiinterner Streit hier die Chancen auf aussichtsreiche Listenplätze zunichtemachen kann, demonstrierte die Osnabrücker AfD am Wochenende eindrucksvoll. Unter den Mitgliedern herrscht Katerstimmung.

Bei der Aufstellungsversammlung für die inzwischen auf den 15. Oktober vorgezogene Landtagswahl ging für die Osnabrücker AfD mal wieder einiges schief.
Auf insgesamt nur sieben Kandidaten konnten sich die niedersächsischen Parteimitglieder nach zwei Versammlungstagen bei der Mitgliederversammlung am vergangenen Wochenende in Walsrode einigen. Nicht dabei: Ein Kandidat aus dem immerhin viergrößten Kreisverband Osnabrück, der inzwischen aus den ehemals getrennt agierenden Kreisverbänden Stadt und Land gebildet wurde.

Störer aus den eigenen Reihen demontierten Osnabrücker AfD-Kandidaten

Ausschlaggebend für das schlechte Abschneiden der Osnabrücker AfD soll ein offener Schlagabtausch zwischen dem Osnabrücker Kreisvorsitzenden Daniel Wolf und dem Fraktionsführer und Kreistagsmitglied Martin Krieger, unterstützt durch seine als Fraktionsgeschäftsführerin tätige Tochter Waike Klaiber, gewesen sein.
Ein offensichtlich von einem AfD-Mitglied verfasster umfangreicher Bericht über die Aufstellungsversammlung, der unserer Redaktion anonym zugeschickt wurde, nennt die Vorgänge einen “Eklat”, und dass “nie zuvor ein Mitglied oder gar ein Mandatsträger von einer parteieigenen Veranstaltung ausgeschlossen” wurde.

AfD-Spitze bestätigt Eklat bei Parteiveranstaltung

Der Vorgang, der uns von einem führenden Mitglied der AfD Osnabrück, das aber ungenannt bleiben möchte, telefonisch bestätigt wurde, soll sich so abgespielt haben:
Bereits am ersten Tag der Aufstellungsversammlung sei es zahlreichen Mitgliedern aufgefallen, dass der AfD-Kreistagschef Martin Krieger und seine ihn begleitende Tochter, Waike Klaiber, eine Gruppe anderer Parteimitglieder um sich geschart hatte.
Als bei der Kandidatenvorstellung der Osnabrücker Kreisvorsitzende Daniel Wolf die Gelegenheit hatte sich vorzustellen, wurde dieser von seinem Parteifreund aus der Region Osnabrück und seiner Begleitung mit Fragen eingedeckt, die offensichtlich das Ziel hatten, ihn zu diskreditieren.
So soll in Fragen verkleidet der Vorwurf gemacht worden sein, die Osnabrücker AfD hätte bereits bestellte Wahlplakate für die Bundestagswahl wieder storniert. Verantwortlich dafür angeblich: Daniel Wolf.
Auch sollen Redebeiträge des Kandidaten immer wieder ausgebuht worden sein. Da half es auch nichts, dass Jörn König, Vorsitzender der AfD im Kreisverband Hannover Stadt Partei für Wolf ergriff und die vorgebrachten Vorwürfe als unwahr und frei erfunden erklärte.
Krieger bekam für sein Verhalten am ersten Versammlungstag eine Verwarnung, Daniel Wolf allerdings nicht die benötigte Zustimmung der Parteimitglieder für den angestrebten Listenplatz.

Doch auch am zweiten Tag setzte sich das “Spiel”, das von zahlreichen Osnabrücker AfD-Mitgliedern als gar nicht amüsant angesehen wurde, fort.
Als der Ostercappelner Gerd Graune sich ebenfalls um einen aussichtsreichen Listenplatz für die Landtagswahl bewarb, gab es von bekannter Seite erneut Zwischenrufe.
Auf Nachfrage des Versammlungsleiters, wer denn für die Störung verantwortlich sei, meldeten sich Krieger und seine Tochter Waike Klaiber. Angesichts der Vorfälle vom ersten Versammlungstag, reichte es dem Versammlungsleiter nun offenbar, und die beiden Störer sollen “unter Standing Ovations” von Saalordnern aus dem Saal verwiesen worden sein.

Osnabrück blieb ohne aussichtsreichen Listenplatz

Für die Osnabrücker AfD war damit die Aufstellungsversammlung gelaufen. Der Plan des AfD Kreistags-Fraktionsvorsitzenden war aufgegangen und sowohl Gerd Graune wie auch Daniel Wolf konnten keinen der ersten sieben Plätze auf der Landesliste erhalten. In zwei Wochen soll es eine Fortsetzung der Veranstaltung geben.
Wie unserer Redaktion von dem telefonisch kontaktierten Mitglied aus der Osnabrücker AfD-Führungsebene erklärt wurde, ist keinesfalls sicher, ob sich Kandidaten aus Osnabrück für einen der hinteren Listenplätze finden lassen. In weiten Teilen der AfD bedauere man es sehr, dass Osnabrück erneut – und das obwohl der Kreisverband ansonsten als mitgliederstark gelte – durch innere Zerrissenheit für Aufmerksamkeit gesorgt habe.

Bereits bei der Kommunalwahl 2016, wie auch bei der Aufstellung einer Direktkandidatin zur Bundestagswahl, scheiterte die Osnabrücker AfD an sich selbst.

Unsere Redaktion hat auch versucht von Kreistagsmitglied Martin Krieger und der von ihm als Fraktionsgeschäftsführerin beschäftigten Tochter Waike Klaiber eine Stellungnahme zu erhalten. Das Fraktionsbüro, das anders als bei anderen Parteien nicht im Kreishaus untergebracht ist, war jedoch unter der von der Telefonzentrale des Landkreises Osnabrück weitergegebenen Nummer vor Veröffentlichung dieses Artikels nicht erreichbar. 

 

 

 

 

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