Morgen-Kommentar: Wir sollten mehr lachen, gerade in diesen Zeiten

Die öffentliche Diskussion kennt im Moment nur unschöne Themen: Angela Merkel will das Infektionsschutzgesetz verschärfen, Armin Laschet und Markus Söder werden sich in Punkto Kanzlerkandidatur einfach nicht einig und Karl Lauterbach ist sich auch nach 13 Monaten Corona-Krise nicht zu schade, ein Horrorszenario nach dem anderen heraufzubeschwören.

Ein Kommentar von Wolfgang Niemeyer

Viel mehr an wichtigen Dingen scheint es nicht zu geben, zumindest in der Medienberichterstattung. Dabei wäre es durchaus an der Zeit, ein wenig optimistisch nach vorne zu schauen. Dank der Einbindung der Hausärzte wird in Deutschland endlich in nennenswerter Weise geimpft, die befürchtete dritte Welle bleibt in ihrer prognostizierten Wucht aus und durch gezielte Teststrategien rückt die Öffnung von Einzelhandel und Gastronomie in greifbare Nähe. Da mögen die Kassandrarufe aus dem Kanzleramt und vom Robert Koch-Institut noch so sehr nachhallen, eine Rückkehr zu unserem sogenannten alten Leben steht auch in Deutschland kurz bevor. In Großbritannien wird schon wieder in den Pubs gefeiert, zwar nur im Außenbereich, dafür aber mit noch mehr Inbrunst als vor der Pandemie. Frankreich und Österreich kündigen umfassende Öffnungsschritte ohne Berücksichtigung der Inzidenzwerte für den Mai an. Mit solcherlei Ankündigungen wollen die Regierenden in diesen Ländern Hoffnung verbreiten und ihrer Bevölkerung endlich eine Perspektive geben. 

Auf die Idee mit dem Hoffnung und Perspektiven geben ist man hierzulande noch nicht gekommen. Stattdessen wird für den heutigen Sonntag eine nationale Gedenkveranstaltung für die Opfer des Coronavirus angekündigt. Bundespräsident Steinmeier hat dazu aufgerufen. Die Akzeptanz im Volk könnte nach Einschätzung von Experten eher mäßig sein, weil es auch in den nächsten Wochen noch weitere Virusopfer geben wird und das Gedenken deshalb viel zu früh stattfindet. Aber diese Aktion ist trotzdem bezeichnend für Deutschland: aufgeblasene Symbolpolitik ersetzt konkretes und effektives Handeln. Das war zum Beispiel bei den Themen Klima, Bildung und Digitalisierung schon lange vor Corona der Fall, hat sich aber in den letzten Monaten bei der Impfstoffbeschaffung, bei der Krisenkommunikation und bei der Gewährleistung von Testmöglichkeiten in erschreckender Weise bestätigt. In weiten Teilen der Bevölkerung ist deshalb schon von Staatsversagen die Rede, aber die verantwortlich handelnden Personen ignorieren diese Kritik geflissentlich und basteln stattdessen unablässig an immer neuen Gesetzen und Verordnungen, um das öffentliche Leben kontinuierlich herunterzufahren.

Es gibt ein probates Gegenmittel, um das Versagen von Politik und Verwaltung einigermaßen zu ertragen. Mit Humor geht alles besser, das wußte schon Karl Valentin. Und diese Erkenntnis hat sich aktuell bis zu Karl Lauterbach herumgesprochen, der seine Panikattacken mittlerweile durchaus selbstironisch unters Volk zu bringen versucht.  Wer genau hinschaut, der vermag selbst bei der Bundeskanzlerin bisweilen Anwandlungen von Fröhlichkeit zu erkennen.  Zwar nur in ganz feinen Nuancen, aber immerhin. Und Olaf Scholz, bekannt als personifizierte Witzlosigkeit, wurde noch vor kurzem von Markus Söder ein schlumpfiges Grinsen unterstellt. Deshalb besteht durchaus Hoffnung, daß wir Deutschen die Engländer endlich eines Besseren belehren können, die uns ja ständig einen gewissen Mangel an Humor unterstellen. Wir sollten sowieso mehr lachen und uns ein bisschen lockerer machen, grade in diesen schwierigen Zeiten. Das ist gut für die Gesundheit von Körper und Seele. Und die Seele braucht nach unzähligen Wochen der Ungewissheit und des allgemeinen Dilletantismus dringend etwas Aufbauhilfe. Schauen wir also genau hin, wenn Jens Spahn einen Rohrkrepierer nach dem anderen als glänzenden Erfolg verkaufen möchte. Oder wenn Peter Altmaier so tut, als würde er wirklich etwas von Wirtschaft verstehen. Oder wenn Kanzleramtsminister Braun die nächste Durchhalteparole raushaut. Dann haben wir endlich wieder was zu lachen.

Video und Titelfoto: Glomex / SAT.1


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Wolfgang Niemeyer
Wolfgang Niemeyer
Wolfgang Niemeyer ist freier Autor der HASEPOST und ein Kenner der Hasestadt. Bei uns schreibt er ganz privat aber immer meinungsstark und gut für kontroverse Diskussionen. Musikalisch kennt man ihn (nicht nur) zwischen Rosenplatz und Westerberg als "der Niemeyer" von "Niemeyer & Konsorten".

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