Mösers Meinung: Über das Schaffen von Tatsachen

Guten Abend,

wer dieser Tage einen Ausflug nach Osnabrück plant, der wird womöglich das Kartenwerk von Google Maps zur Hilfe nehmen, um sich in dieser pulsierenden Großstadt zurechtzufinden. Sollte er dann aber vor Ort und Stelle die Übereinstimmung von Kartenwerk und tatsächlichen Gegebenheiten noch einmal überprüfen, so mögen ihm berechtigte Zweifel ob der Zuverlässigkeit des berüchtigten Internet-Giganten kommen. Der Neue Graben, der Neumarkt, die Alte Münze sowie Lyra- und Kolpingstraße werden im Kartenwerk als gut ausgebaute Straßen mit deutlich voneinander getrennten Fahrspuren ausgewiesen. Da mögen der Kurfürstendamm in Berlin oder die Nord-Süd-Fahrt in Köln gefälligst vor Neid erblassen. Wobei die Realität leider eine andere ist. Die geschätzte Osnabrücker Stadtverwaltung hat vor den diesjährigen Sommerferien den ohnehin eher jämmerlichen Zustand der hiesigen innerstädtischen Straßen durch die Errichtung von neuen Bushaltestellen weiter verschlechtert. Mit jeder Menge Beton wurde die angespannte Verkehrssituation zugespitzt, das Ergebnis war eine große Verwirrtheit von Auto- und Radfahrern, von Fußgängern und Nutzern des öffentlichen Personennahverkehrs. Als Begründung für dieses Schaffen von Tatsachen musste der erwartbare Beginn von Bauarbeiten am Neumarkt im Zuge der Errichtung eines sogenannten Shoppingcenters herhalten, von dem aber schon vor Beginn der Errichtung der neuen Bushaltestellen jeder wußte, daß es niemals realisiert werden würde.

Nun fragt sich der irritierte Beobachter der zeitgenössischen Lokalpolitik, warum die hiesigen Mitarbeiter des Bauamtes nicht in der Lage sind, diese mittlerweile völlig überflüssigen Bushaltestellen wieder zurückbauen zu lassen, und zwar in genau derselben Geschwindigkeit, in der sie errichtet wurden. Vielleicht ist der Stadtkasse mittlerweile endgültig das hierfür notwendige Kleingeld ausgegangen, immerhin ist die Possenreißerei rund um den Neumarkt nicht die einzige öffentliche und offensichtlich völlig sinnlose Geldverschwendung in jüngster Zeit. Nun dürfte dem besorgten Bürger schon seit längerer Zeit bekannt sein, daß die im eigentlichen Sinne dem Wohle der Allgemeinheit verpflichteten beamteten Staatsdiener durchaus dazu neigen, mit den ihnen anvertrauten Steuergeldern bei Bedarf leichtfertig umzugehen und diese Handlungsweise als öffentliches Interesse zu deklarieren. Aber in unserem schönen Osnabrück haben die verantwortlichen Herren den Bogen mittlerweile überspannt. Es werden Tatsachen geschaffen, die niemand braucht und die dem Wohlergehen unserer Stadt eher abträglich sind. Wem, außer den beauftragten Baufirmen, kommen die zahlreichen Umstrukturierungen des Stadtbildes zugute? Selbst die ansonsten im Bauamt hochgeschätzten Fahrradfahrer werden durch die ganzen Verrücktheiten der Stadt- und Verkehrsplaner in ihrer Leichtigkeit des Seins massiv behindert. Von den übrigen Verkehrsteilnehmern ganz zu schweigen. In dieser Stadt schwindet immer mehr das Gefühl, von verantwortungsbewussten und kompetenten Menschen vertreten zu werden. Das betrifft sowohl den Stadtrat, der für die zahlreichen Schildbürger-Streiche politisch verantwortlich ist, als auch die Verwaltung, an dessen vorderster Stelle sich Leute befinden, die nur allzu gerne unausgegorene politische Entscheidungen als Blankoscheck für Geldverschwendung und allgemeinen Murks betrachten. Das ständige Schaffen von neuen merkwürdigen Tatsachen kann über diesen Mißstand nicht hinwegtäuschen. Aber vielleicht erkennt einer der Verantwortlichen ja irgendwann, daß es so nicht weitergehen kann.

Ich wünsche allen HASEPOST-LESERN einen Montagabend, an dem es nichts zu mösern gibt!

Ihr

Justus Möser

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Justus Möser
Justus Möser
Justus ist unser "ältester Mitarbeiter", seit 1720 wandelt er durch unsere Stadt - wobei er inzwischen eher "geistert". Sein Vertreter in der Gegenwart ist unser Autor Wolfgang Niemeyer, der sich in dieser Kolumne regelmäßig darüber Gedanken macht „was würde Möser dazu meinen“?

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