Guten Abend,

wo viele Niederlagen sind, da gibt es immer auch ein paar Siege. Falls nämlich die vernunftbegabte schweigende Mehrheit in Osnabrück gedacht haben möge, daß sich nach der höchstrichterlich bestätigten erneuten Freigabe des Neumarkts für den individuellen PKW-Verkehr die Verkehrssituation in der Hasemetropole insgesamt verbessern würde, so muss nach wenigen Monaten festgestellt werden, das daß ganz und gar nicht der Fall ist. Im Gegenteil: die Apologeten einer autofreien Innenstadt scheinen durch die Neumarkt-Palingenese in ihrer Kampfeslust nur weiter bestärkt worden zu sein; sie lassen weiterhin nichts unversucht, um den hier ansässigen Menschen die Lust an einer halbwegs reibungslosen motorisierten Mobilität zu verleiden.  Davon profitieren verstärkt fahrradfahrende Mitbürger, denen nun zunehmend Altäre in Form von Fahrradschnellwegen errichtet werden. Die dazu notwendigen Bauarbeiten behindern den Autoverkehr in einer dermaßen eklatanten Art und Weise, daß alleine die Entstehungsgeschichte eines solchen Fahrradschnellweges schon dazu dient, jegliche alternative Form von Mobilität zum Erliegen zu bringen. Nichts geht mehr, wenn großflächige Absperrungen an allen möglichen Zufahrtsstraßen aufgestellt werden, um den uneinsichtigen Osnabrückern ultimativ zu demonstrieren, wer in dieser Stadt eigentlich das Sagen hat. Dabei nutzen die Fahrradfahrer bei den hohen Temperaturen der vergangenen Wochen ihre Drahtesel eher selten, vielleicht höchstens, um vom Katharinenviertel zur Redlingerstraße zu gelangen und dort ausgiebig etwas gegen den vorherrschenden permanenten Durst zu tun. Ob für diese Aktivitäten millionenschwere Investitionen in Fahrradwege nötig sind, das wage ich doch zumindest zu bezweifeln. Man hätte den ein oder anderen Euro möglicherweise sinnvoller ausgeben können, zum Beispiel für die allgemeine Sanierung und Verbesserung des Osnabrücker Straßennetzes unter besonderer Berücksichtigung des zunehmenden motorisierten Individualverkehrs. Denn da können sich die Herrschaften in Politik und Verwaltung noch so sehr wenden und drehen, ein verstärktes Verkehrsaufkommen lässt sich in Osnabrück nicht leugnen. Und das liegt nicht an den Radfahrern, von denen bei übermäßiger Hitze sowie Regen, Eis und Schnee sowieso kaum etwas zu sehen ist. In Osnabrück gibt es immer mehr Autos. Trotz all der aus Steuermitteln finanzierten Maßnahmen, mit denen Autofahrern das Leben schwer gemacht werden soll.

Am unerträglichsten empfinde ich bei diesem ganzen Possenspiel allerdings die öffentliche Kommunikation der für allerlei verkehrspolitische Mißstände Verantwortlichen. Es wird sich dem Bürgergespräch permanent verweigert, stattdessen setzen Verkehrsplaner und die Fraktionsvorsitzenden von SPD und Grünen auf die Strategie der drei weisen Affen: nichts sehen, nichts hören, nichts sagen. Beziehungsweise nur denjenigen Institutionen Informationen zukommen lassen, die auf der gleichen Linie wie man selber liegen. Daß durch dieses Verhalten der allgemeine Mißmut in der Bevölkerung weiter ansteigt, scheint den handelnden Personen allerdings völlig egal zu sein. In Osnabrück wird seit Jahren nichts mehr vorangetrieben, was wirklich essentiell zur Weiterentwicklung dieser Stadt in Richtung lebenswerte Zukunft beitragen würde. Allenthalben ist höchstens Flickwerk zu erkennen, ideologisch verblendetes Durchwurschteln ohne erkennbare Effekte und ohne irgendein Konzept, eine enorme Ressourcenverschwendung zur persönlichen Befriedigung einer Handvoll selbsternannter Staatsdiener. Ein Possenspiel auf allerhöchsten Niveau. Ich wünsche mir nach dem Abklingen der Hitzewelle, daß alle Beteiligten endlich einmal mit kühlem Kopf analysieren, welches Chaos sie mittlerweile angerichtet haben und wie ihr Handeln auf die Bürger wirken mag. Denn viel schlimmer darf es wirklich nicht werden, sonst verliert Osnabrück langsam aber sicher seine Bedeutung als Oberzentrum für das südwestliche Niedersachsen. Und das kann doch nun wirklich nicht das Ziel sein. Oder etwa doch?

Ihr

Justus Möser

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