Mösers Meinung – zum Thema “Freiheit”

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Guten Abend,

endlich ist Wochenende! Haben Sie in den letzten Tagen mal über die Freiheit nachgedacht? Ich habe das getan, und es ist mir dabei angst und bange geworden. Eine kluge Frau hat mal gesagt: „Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden.“ Sie hat Recht. Ich halte viel davon, die Freiheit als einen unserer größten Schätze zu bewahren und mit allen Mitteln kompromißlos zu beschützen. Vor ein paar Jahrhunderten habe ich mal geschrieben: „Wenn ich Polizeikommissarius wäre, die Leute sollten mir wenigstens ein- oder zweimal im Jahr, auf der Kirmes oder auf Fastnacht, völlige Freiheit haben, einige Bände springen zu lassen, oder ich hieße nicht Herr Kommissarius. Unsre heutige Mäßigkeit macht lauter Schleicher.“

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Damit will ich niemandem zu nahe treten, aber ich finde, daß die ganzen Schleicher, denen wir täglich auf der Arbeit, in den vielen Medien, auf den Ämtern, in den Schulen und vor allem in der Politik begegnen, schleichend unsere Freiheit kaputtmachen. Das sollten wir uns nicht gefallen lassen. Man muß die Möglichkeit haben, zu sagen, was Sache ist, ohne daß man gleich scheel angesehen wird. Denn das macht doch unser Menschsein aus: die Möglichkeit, etwas anzunehmen oder abzulehnen, etwas zu hinterfragen oder gutzuheißen, einverstanden zu sein mit unserem Dasein und allem, was dazugehört, oder eben auch dagegen zu sein. Und nicht alles klaglos hinzunehmen.

Ich habe an den Menschen in meiner Osnabrücker Heimat immer sehr geschätzt, daß sie kein Blatt vor den Mund nehmen, wenn ihnen Sachen nicht passen. Sie lassen sich nicht einfach mit ein paar warmen Worten von irgendetwas überzeugen, wenn sie das Gefühl haben, daß es dabei nicht mit rechten Dingen zugeht. Auf gut Deutsch gesagt: Sie lassen sich kein X für ein U vormachen. Man mag ihnen deshalb eine gewisse Sturheit vorwerfen, ich nenne das gesunden Menschenverstand.

Mittlerweile habe ich aber das Gefühl, daß der gesunde Menschenverstand immer öfter außer Kraft gesetzt wird. Man muß doch jede Sache, auch wenn sie uns als noch so toll und alternativlos verkauft wird, auf seine Vor- und Nachteile betrachten dürfen und zu einer eigenen Meinung kommen können, ohne daß einem gleich ein Mangel an Empathie, ohne daß einem Kaltherzigkeit, Blödheit, politische Verblendung oder noch viel, viel Schlimmeres vorgeworfen wird. Wenn ich heute ein wichtiges öffentliches Amt innehätte, dann würde ich die Menschen, für die ich zuständig bin, vor allem ermutigen, ausgiebig und leidenschaftlich für oder gegen eine Sache zu streiten, ohne daß sie ausgegrenzt, beleidigt und fertiggemacht werden. Denn das ist Rufmord, die Waffe der Feiglinge.

Ein kluger Mann, seines Zeichens Kollege von mir und leider viel zu früh von uns gegangen, meinte zum Thema Meinungsbildung mal folgendes: „Man sollte Distanz halten, sich nicht gemein machen mit einer Sache, auch nicht mit einer guten, nicht in öffentliche Betroffenheit versinken, im Umgang mit Katastrophen cool bleiben, ohne kalt zu sein.“ Dieses Recht muß jedem Menschen zugestanden werden. Denn sich nicht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten, gemein machen zu müssen, das ist Freiheit. Das wir das sagen dürfen, was wir fühlen, was wir empfinden, was uns bedrückt und was uns Angst macht, ohne daß wir uns vor irgendwelchen Konsequenzen fürchten müssen, das zeichnet unsere Gesellschaft aus. Im Großen wie im Kleinen. Wir alle zusammen müssen aufpassen, das uns diese Freiheit nicht von den Schleichern weggenommen wird. Sie wollen uns klein und brav haben? Ich werde mich dagegen wehren! Die Freiheit nehme ich mir…

Bis nächsten Freitag und liebe Grüße.

Ihr

Justus Möser


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Justus Möser
Justus Möser
Justus ist unser "ältester Mitarbeiter", seit 1720 wandelt er durch unsere Stadt - wobei er inzwischen eher "geistert". Sein Vertreter in der Gegenwart ist unser Autor Wolfgang Niemeyer, der sich in dieser Kolumne regelmäßig darüber Gedanken macht „was würde Möser dazu meinen“?

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