Ex-Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hat scharfe Kritik an den Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD geübt. Der Politiker bemängelt insbesondere die umfangreichen und seiner Meinung nach wirklichkeitsfremden Koalitionsvereinbarungen, die die Arbeit des Parlaments im Voraus präjudizieren.
Kritik an umfangreichen Vereinbarungen
Norbert Lammert äußerte sich vor der Konstitution des neuen Bundestags auf einer Veranstaltung des Nachrichtenmagazins Politico kritisch über die Art und Weise, wie Koalitionsvereinbarungen immer voluminöser geworden sind. „Es ist eine der fragwürdigen Traditionen der deutschen bundesrepublikanischen Demokratie, dass von Legislaturperiode zu Legislaturperiode mit immer größerem Ehrgeiz Koalitionäre die beginnende Legislaturperiode präjudizieren wollten durch eine möglichst enzyklopädische Koalitionsvereinbarung“, sagte Lammert.
Verhandlungsstruktur im Visier
Lammert kritisierte die Organisation der Verhandlungs-Arbeitsgemeinschaften von Schwarz-Rot. „Ich würde mir eigentlich wünschen, dass nach der Erfahrung von drei aufeinanderfolgenden Legislaturperioden, die jeweils durch nicht vorhersehbare Großereignisse transformiert wurden, wir mit der nächsten Koalition nicht die Wiederauflage genau dieses gut gemeinten Missverständnisses erleben.“ Union und SPD verhandelten den Koalitionsvertrag zu Beginn in 16 Arbeitsgemeinschaften (AGs) mit je 16 Verhandlern.
Folgen für das Parlament
Lammert mahnte, dass die erfolgenden „Detailregelungen“ „eine Entmündigung eines Parlaments, bevor es zusammengetreten ist“ bewirken. Der CDU-Politiker warnte mehrfach vor einer „Präjudizierung“ des Parlaments durch die Vorab-Festlegung in vielen einzelnen Punkten. „Die Abgeordneten haben nicht mehr die Chance, die Prioritäten zu setzen“, kritisierte Lammert.
Über Grundsatzfragen müsse man sich verständigen, so Lammert weiter, doch er stellte die Frage in den Raum, ob beispielsweise die „Mütterrente“ oder die „Absenkung des Mehrwertsteuersatzes für die Gastronomie“ wirkliche Grundsatzfragen seien. Aus der Perspektive eines Wählers würde er sich eher eine fünf- bis zehnseitige Koalitionsvereinbarung wünschen, in der die Koalitionspartner deutlich machen: „Das sind die großen Themen, mit denen wir uns beschäftigen wollen.“
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