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Kurz nach Schuldenentscheid im Bundestag: Osnabrücker Kommunalpolitiker wollen ran an das Geld

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Die aktuelle Stunde im Rat der Stadt Osnabrück zum Thema „Finanzausstattung der Kommunen verbessern“ wurde noch vor der Bundestagswahl beantragt, doch durch die laufenden Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD sowie die Verabschiedung des XXL-Schuldenpakets durch den Bundestag, nur wenig mehr als eine Stunde vor Beginn der Ratssitzung, erhielt die Debatte besondere Brisanz.

Vor allem Redner der Osnabrücker SPD und Grünen machten deutlich, wie groß die Begehrlichkeiten auf kommunaler Ebene sind, auch wenn es noch nichts zu verteilen gibt.
In vorsichtiger Opposition zu ihrem Kanzlerkandidaten Friedrich Merz, der inzwischen mit Vollgas einer massiven Neuverschuldung der Bundesrepublik das Wort redet, warnten Vertreter der Osnabrücker CDU vor steigender Verschuldung und forderten Bürokratieabbau. Die Osnabrücker FDP sieht den Schuldenkurs hingegen auch aus kommunaler Perspektive uneingeschränkt kritisch, während ein Vertreter der Linkspartei auf eine stärkere Besteuerung von Vermögenden drängt.

Grüne: „Get things done gegen Extremismus“

Jens Meier (Grüne) eröffnete die Debatte mit scharfer Kritik an der bisherigen Finanzpolitik der CDU und FDP. Er betonte die Notwendigkeit, kreditfinanzierte Investitionen gezielt in Bildung, Wirtschaft und Klimaschutz zu lenken. „Die Menschen müssen das Vertrauen in den Staat zurückgewinnen“, mahnte Meier und warnte davor, dass eine mangelnde Handlungsfähigkeit der Politik die extreme Rechte stärke. Zudem forderte er eine konsequente Weitergabe der Bundesmittel an die Kommunen, um eine stabile Finanzbasis zu gewährleisten.

CDU: „Erst Verantwortung übernehmen, dann Forderungen stellen“

Für die CDU konterte Marius Keite die Kritik und warf insbesondere den bisherigen Regierungsparteien Versäumnisse in der Finanzpolitik vor: „Wenn man nach drei Jahren aus dem Amt scheidet und die Wirtschaft so weit vor die Wand gefahren hat, dann kann man nicht von der neuen Regierung erwarten, dass sie das sofort richtet.“ Er betonte, dass auch die Kommunen verantwortungsvoll mit ihren Ressourcen umgehen müssten und kritisierte die Einführung neuer Bürokratiemaßnahmen durch Grüne und SPD.

SPD: „Wohnungsbau als Schlüsselfrage“

Die Fraktionsvorsitzende der SPD, Susanne Hambürger dos Reis, lenkte die Aufmerksamkeit auf die dramatische Wohnungsnot: „Bundesweit fehlen 550.000 Wohnungen, und die Zahl wird sich bis 2030 verdoppeln, wenn wir nicht gegensteuern.“ Sie begrüßte das neue Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz, forderte aber gezielte Mittel für den sozialen Wohnungsbau. Auch auf lokaler Ebene müsse der Abbau bürokratischer Hürden beschleunigt werden.

FDP: „Wir geben Geld aus, das unsere Kinder bezahlen müssen“

Dr. Thomas Thiele (FDP) warnte eindringlich vor der steigenden Verschuldung und dem internationalen Signal, das Deutschland mit der Aufweichung der Schuldenbremse sende. „Wir waren einmal die Vorreiter in Europa mit einem stabilen Schuldenmanagement – das ist jetzt vorbei.“ Er forderte eine verstärkte Beteiligung der Privatwirtschaft an Investitionen und eine kritische Prüfung staatlicher Ausgaben.

Grüne: „Stillstand ist keine Option“

Sarah Schaer (Grüne) hielt im Anschluss an den Redebeitrag des FDP-Fraktionsvorsitzenden dagegen: „Wenn Städte nicht mehr investieren können, bedeutet das Stillstand.“ Sie kritisierte die zögerliche Haltung der FDP zur Reform der Schuldenbremse und betonte, dass Generationengerechtigkeit nicht heißt, „den Kindern eine schuldenfreie Stadt zu hinterlassen, in der Schulen bröckeln und Krankenhäuser unterfinanziert sind.“

CDU: „Bürokratieabbau und Energiepreise als Schwerpunkte“

Levon Bosche (CDU) sah den Bürokratieabbau als eine wesentliche Stellschraube für bessere kommunale Finanzen: „Oft scheitern Projekte nicht am Geld, sondern an zu langen Genehmigungsverfahren.“ Zudem forderte er Maßnahmen zur Senkung der Energiepreise, um die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.

Finanzieller Befreiungsschlag (SPD) oder viel zu wenig für Osnabrück (FDP)

Robert Alferink (SPD) lobte das beschlossene Sondervermögen als „finanziellen Befreiungsschlag“ und sah darin eine Möglichkeit, Osnabrück langfristig zu entlasten. Oliver Hasskamp (FDP) zeigte sich skeptischer: „Unsere Stadt wird voraussichtlich nur 19 Millionen Euro aus dem Finanzpaket erhalten – das reicht bei weitem nicht aus.“

Frank Henning (SPD): „Jede Zugverspätung produziert neue AfD-Wähler“

Besonders emotional wurde es, als Frank Henning (SPD) in freier Rede das Wort ergriff. Er warnte eindringlich davor, dass die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der politischen Handlungsunfähigkeit extreme Parteien stärke. „Bei jedem Zug, der verspätet ankommt, produzieren wir neue AfD-Wähler“, betonte Henning.

Linkspartei: „Vermögensteuer wieder einführen“

Dr. Henry Gehrs (Linkspartei) kritisierte die fehlende soziale Gerechtigkeit im aktuellen Finanzkonzept: „Seit 1997 hat Deutschland auf bis zu 700 Milliarden Euro Einnahmen verzichtet, weil die CDU-Regierung die Vermögensteuer abgeschafft hat. Es wird Zeit, das zu korrigieren.“

Volker Bajus (Grüne) sieht in der Schuldenbremse eine „Zukunftsbremse“

Den Schlusspunkt setzte Volker Bajus (Grüne), der neben Frank Henning – wohltuend für den Zuhörer – seinen Redebeitrag ohne Manuskript sprach und mit deutlichen (und frei formulierten und nicht abgelesenen) Worten die Verantwortung der neuen Bundesregierung einforderte: „Die Schuldenbremse war nie eine Entlastung der zukünftigen Generationen, sondern immer eine Zukunftsbremse. Jetzt liegt es an CDU und SPD, die richtigen Prioritäten zu setzen und nicht wieder Wahlgeschenke zu verteilen.“

 
Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann gründete die HASEPOST 2014, basierend auf dem unter dem Titel "I-love-OS" seit 2011 erschienenen Tumbler-Blog. Die Ursprungsidee reicht auf das bereits 1996 gestartete Projekt "Loewenpudel.de" zurück. Direkte Durchwahl per Telefon: 0541/385984-11

  

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