Noch werden Beweismittel ausgewertet, und die betroffenen Mitarbeiter wurden „von ihren Arbeitsplätzen entfernt“, doch der Verdacht der im Raum steht, wiegt schwer: Korruption in der Osnabrücker Stadtverwaltung.
Gemeinsam mit einem Vertreter der Staatsanwaltschaft Osnabrück traten Oberbürgermeisterin Katharina Pötter und Verwaltungsvorständin Heike Pape am Donnerstagnachmittag kurzfristig vor die Presse.
Insgesamt fünf Mitarbeiter der Stadtverwaltung wurden am Donnerstagvormittag in einer gemeinsamen Aktion von Staatsanwaltschaft und Polizei an ihren Arbeitsplätzen in der Stadtverwaltung Osnabrück überrascht. Der Vorwurf: Die Verwaltungsmitarbeiter sollen arbeitsteilig und in Zusammenarbeit mit externen Beschuldigten gegen Bargeld die Verteilung und Unterbringung von Migranten organisiert haben.
Ein Tatverdächtiger soll bereit sein zu „singen“
Durch die kriminellen Handlungen der städtischen Mitarbeiter sollen erhebliche Summen geflossen sein, die im Rahmen der weiteren Ermittlungen in den Wohnungen der Beschuldigten gefunden wurden. Bei den Durchsuchungen kamen auch Bargeldspürhunde zum Einsatz. Oberstaatsanwalt Dr. Alexander Retemeyer sprach im Rahmen des kurzfristig einberufenen Pressetermins von einer „fünfstelligen Summe“, die sichergestellt werden konnte.
Eine Untersuchungshaft der Beschuldigten wurde nicht angeordnet, jedoch das „Angebot sich zur Sache zu äußern“, was zumindest von einem Verdächtigen nach Auskunft der Staatsanwaltschaft wahrgenommen worden sein soll.
Osnabrück nur ein Teil viel größerer krimineller Machenschaften mit Migranten?
Die zuvor verdeckt geführten Ermittlungen wurden, so der Oberstaatsanwalt, durch weitere Untersuchungen im Bereich der Schleuserkriminalität ausgelöst. Dazu wollten die Ermittler jedoch noch keine Stellungnahme abgeben. Offen ist daher auch, ob die Vorgänge in Osnabrück Teil einer größeren Kette sind, die bereits bei der Schleusung, anschließenden Asylverfahren oder der Vergabe von Aufenthaltstiteln beginnen könnte.
Konkret geht es in Osnabrück darum, dass städtische Mitarbeiter gegen Geldzahlung dafür gesorgt haben sollen, dass Migranten ihren Wohnsitz in Osnabrück nehmen konnten. Ein weiterer Aspekt der Ermittlungen betrifft den Verdacht, dass Vermieter für die Zuweisung von Wohnungen Bargeld angenommen haben.
Oberbürgermeisterin will lückenlose Aufklärung
Oberbürgermeisterin Katharina Pötter zeigte sich vor der lokalen Presse betroffen: „Wie jedes Unternehmen funktioniert auch eine Verwaltung nur dann erfolgreich, wenn den Mitarbeitenden grundsätzlich vertraut wird. Dieses Vertrauen wurde hier jedoch anscheinend gezielt missbraucht – mit Folgen, die nicht nur juristisch, sondern auch menschlich sehr belastend sind.“
Die Oberbürgermeisterin bat die Bürgerinnen und Bürger ausdrücklich um Entschuldigung und versprach in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft eine lückenlose Aufklärung.
Trotz gemeinschaftlicher Taten keine ‚kriminelle Vereinigung‘
Auch wenn nach aktuellem Ermittlungsstand mehrere städtische Mitarbeiter über verschiedene Ebenen hinweg Straftaten begangen haben sollen – zusammen mit weiteren Beschuldigten außerhalb der Verwaltung –, spricht die Staatsanwaltschaft nicht von „organisierter Kriminalität“.
Zu den externen Beschuldigten, gegen die ebenfalls ermittelt wird, machte die Staatsanwaltschaft keine Angaben. Auch zu den gesondert laufenden Ermittlungen, die zur Aufdeckung der Machenschaften in der Stadtverwaltung führten, gab es bei diesem Pressetermin noch keine weiteren Informationen.
Staatsanwalt sieht keine Verbindung zu aktuellem Fall in München
Eine Verbindung zu einem anderen aktuellen Fall der Schleuserkriminalität, der in dieser Woche in München aufgedeckt wurde, wollte der leitende Staatsanwalt nicht herstellen. Auf die Frage, ob es nicht auffällig sei, dass dies bereits der zweite Fall im Großraum Osnabrück ist, bei dem von Migranten an Verwaltungsmitarbeiter Geld gezahlt wurde, wollte Oberbürgermeisterin Pötter keine Verbindung sehen. Bereits 2024 war eine Mitarbeiterin des Landkreises Osnabrück aufgeflogen, die Einbürgerungen gegen Geschenke und Geldzahlungen ermöglicht hatte.
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Hinweis: In einer ersten, nur kurzzeitig sichtbaren Version dieses Artikels, war in der Überschrift von ‚fünf Festnahmen‘ zu lesen; die betroffenen Mitarbeiter der Stadtverwaltung wurden – wie bereits richtig im Artikel beschrieben – von ihren Arbeitsplätzen entfernt, jedoch nicht festgenommen.