Kommentar: Stoppt die Wahlplakate-Schlammschlacht (auf dem Wall)!

Wahlplakat um Wahlplakat: Der Grünstreifen am Wall strotzt nur so von politisch “schlauen” Sprüchen. / Foto: Schulte

Es ist wieder soweit: Wahlen stehen vor der Tür, unverkennbar an den drölftausend Wahlplakaten in der Hasestadt. Dabei will ich gar nicht wissen, wie viel Steuergelder und Ressourcen das Spektakel kostet, das wohl kaum nützlich ist. Denn wer wählt bitte aufgrund eines überdimensionalen Plakates mit einem platten Spruch seine politischen Vertreter?

Eine Kommentar von Jasmin Schulte

Auf gefühlt jedem freien Fleckchen Grün auf dem Osnabrücker Wall steht eine sogenannte mobile Großfläche von 2,90 mal 3,70 Meter mit einer wetterfesten Sperrholzplatte, die von einer Stahlrohrkonstruktion getragen wird. Die Plakate-Schlammschlacht wird allerdings nur wenig erreichen, denn in wenigen Metern Abstand stehen dort die riesigen Wahlsprüche, die beim Vorbeifahren sowieso nicht gelesen werden (sollten!). Das heißt: Wenn ich am ersten vorbei bin und vier weitere folgen, kann ich ganz sicher nicht alle lesen und habe sowieso vier von fünf vergessen – und rege mich ehrlich gesagt auch nur darüber auf.

Rund 200 Millionen Euro stehen bei einer Bundestagswahl als staatliche Parteienfinanzierung zur Verfügung. Wie viel davon für den Wahlkampf genutzt wird, entscheiden die Parteien selbst. Bei der Wahl 2021 sind nach Angaben des MDR ohne CSU und AfD (da diese keine Angaben zu ihrem Wahlbudget machen wollten – ahja) alleine mindestens 60,8 Millionen Euro für den Wahlkampf ausgegeben worden. Eine horrende Summe – was könnte man mit diesem Geld wohl alles anstellen? Schulen und Sporthallen sanieren, die Digitalisierung vorantreiben oder einen Beitrag für den Hunger in der Welt leisten? Ach, i wo! Lieber massig Wahlplakate, Kugelschreiber und Postkarten bedrucken lassen. Ist doch total sinnvoll, wenn an einer Laterne drei Plakate übereinander angebracht werden – wirkt mindestens drei Mal so gut.

Eine Studie der Konrad Adenauer Stiftung hat ergeben, dass 92 Prozent der Befragten Wahlplakate wahrgenommen haben – wohl bemerkt wahrgenommen. Das bedeutet weder dass sich dadurch ihre Meinung verändert, noch dass sie mit der unnötigen Geld- und Ressourcenverschwendung einverstanden waren. “Wie diese Wahlwerbung die Menschen genau beeinflusst, lässt sich mit dieser Studie nicht sagen – und auch anders angelegte Studien werden größte Schwierigkeiten haben, einen entsprechenden Einfluss zu beweisen oder zu widerlegen”, heißt es dort. Denn die Wahlentscheidung hänge von vielen Aspekten ab – absolut und ich lehne mich aus dem Fenster und sage, dass kein Aspekt davon bunte Plakate mit “fetzigen” Sprüchen sind – oder etwa Stephan Weils Aufdruck “Keine Zeit für Sprüche”. Danke für diese Info. Und was habe ich davon? Maximal platt gedrückter Rasen, versperrte Sicht und ich bin auch keinen Schritt weiter.

Ressourcen sparen – Wasser, Gas, Strom. Das ist der Tenor seit vielen Wochen. Aber dann haben wir noch das Geld und die Ressourcen, Wahlplakate herzustellen und jeden freien Grünstreifen damit zu bepflastern? So schlecht kann es uns ja nicht gehen. Denn auch für Papier wird Wasser, Energie und Holz gebraucht. In genau solchen Momenten hat man doch wirklich das Gefühl, veräppelt zu werden. Da hilft auch kein Öko-Papier, das bei Wahlplakaten sowieso so gut wie nie eingesetzt wird.

Also, liebe Politikerinnen und Politiker, lasst die flachen Wahlsprüche und unnötigen Plakate sein. Sprecht mit den Menschen, hört euch an, was ihnen auf der Seele brennt und nein, auch billige Kugelschreiber, Dankeschön-Schokoladen und Postkarten müssen nicht sein. Vermutlich landen 90 Prozent davon sowieso im Müll – und die anderen 10 Prozent sind wohl einfach nur zu faul, die Giveaways wegzuschmeißen.

Dennoch: Liebe Osnabrückerinnen und Osnabrücker denkt daran, am 9. Oktober euer Kreuz bei der Landtagswahl zu machen. 


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Jasmin Schulte
Jasmin Schulte
Jasmin Schulte begann im März 2018 als Redakteurin für die Hasepost. Nach ihrem Studium der Germanistik und der Politikwissenschaft an der Universität Vechta absolvierte sie ein Volontariat bei der Hochschule Osnabrück. Weitere Stationen führten sie zu Tätigkeiten bei einer lokalen Werbeagentur und einem anderen Osnabrücker Verlag. Seit März 2022 ist Jasmin Schulte zurück bei der HASEPOST und leitet nun unsere Redaktion. Privat ist Jasmin Schulte als Übungsleiterin tätig, bloggt über Literatur und arbeitet an ihrem ersten eigenen Roman.

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