Kommentar: Schwacher Abschluss trübt gute Saison des VfL Osnabrück

Bremer Brücke / Foto: Marc Niemeyer

Rund eineinhalb Wochen liegt das letzte Saisonspiel des VfL Osnabrück nun zurück. Den DFB-Pokal haben die Osnabrücker denkbar knapp verpasst, von einer verkorksten Saison sollte dennoch nicht gesprochen werden.

Ein Rück- und Ausblick von Maurice Guss

36 Spiele, 16 Siege (bei jeweils zehn Unentschieden und Niederlagen), 56 zu 48 Tore, 58 Punkte und Rang sechs: So schlecht liest sich die Tabellenspalte des VfL Osnabrück zum Abschluss der Saison 2021/22 eigentlich nicht, doch drei (teils deutliche) Niederlagen aus den letzten vier Spielen trüben das Bild einer an sich guten Saison. In den kommenden Monaten haben die Verantwortlichen nun Zeit, den schwachen Saisonsabschluss zu analysieren und aus den Fehlern der Spielzeit zu lernen.

Wer entlastet Heider?

Zwei Baustellen sollten dabei unbedingt im Fokus stehen: Die offensive Dreierreihe und die defensive Stabilität. Aus dem Angriff überzeugte vor dem Tor eigentlich nur der nimmersatte Marc Heider. Elf Treffer steuerte der 35-jährige Routinier bei, die ihn zum VfL-internen Top-Torschützen der Saison machen. Doch wie lange kann sich der VfL noch auf die starken Leistungen des Oldies verlassen?

In der zurückliegenden Saison konnten die Stürmer Ba-Muaka Simakala (acht Tore) und Felix Higl (vier) nur selten konstant für Entlastung sorgen, die erfahrenen Sören Bertram und Andrew Wooten enttäuschten (auch bedingt durch Verletzungen) nahezu auf ganzer Linie. Wie wichtig ein verlässlicher Torjäger jedoch ist, zeigte sich insbesondere in Person von Baris Atik, der sich bei VfL-Fans zwar wenig beliebt macht, jedoch gleich 19 Treffer auf dem Weg zum Meistertitel des 1. FC Magdeburg beisteuerte. Grund zur Hoffnung gibt den Fans des VfL allerdings die Verpflichtung von Regionalliga-Torjäger Erik Engelhardt, der zudem auch von der Mentalität gut an die Bremer Brücke passen könnte.

Und noch etwas zum Thema Offensive: Mit Sebastian Klaas (wechselt zum SC Paderborn) und Aaron Opoku (Ende der Leihe) verlassen den VfL insgesamt 36 Scorerpunkte ohne finanzielle Gegenleistung. Diese 36 Tore und Assists gilt es in der kommenden Saison zu ersetzen. Dabei dürfte auf zwei Osnabrücker eine zentrale Rolle zukommen: Zum einen wäre da Sven Köhler, der in dieser Saison so richtig Fuß fassen konnte und auch körperlich überzeugte, zum anderen machte auch Lukas Kunze als Überraschung der Saison auf sich aufmerksam. Aus der Regionalliga kommend hatte der 23-Jährige kaum Probleme bei der Eingewöhnung in neuer Umgebung und neuer Liga und dürfte bei einer ähnlichen Entwicklung in der kommenden Saison eine noch wichtigere Rolle im Team einnehmen. Mit Neuzugang Jannes Wulff schlägt bestenfalls ein ähnlicher Typ in der kommenden Saison den Kunze-Weg ein.

Taffertshofer-Verlängerung wäre wichtig

Hinter Klaas und Köhler sollte dringend mit dem „Sheriff“ Ulrich Taffertshofer verlängert werden. Dessen Vertrag ist zum Saisonende ausgelaufen, Gespräche werden aktuell offenbar geführt. Taffertshofer überzeugte dabei weniger durch geniale Momente am Ball, sondern durch Einsatz und die benötigte Drittliga-Mentalität. Der 30-Jährige ist sich für keinen Zweikampf zu schade und geht außerdem auf dem Platz als Anführer des insgesamt sehr jungen Mittelfelds voran. Wie wichtig der „Sheriff“ dabei ist, zeigte sich in den abschließenden vier Saisonspielen, in denen er fehlte und die Gegentorquote umgehend auf 2,5 Tore pro Spiel anstieg.

An dieser schwachen Quote konnte auch die zweitligaerfahrene Innenverteidigung um Maurice Trapp, Timo Beermann und Lukas Gugannig kaum etwas ausrichten. Eventuell bringt der 21-jährige litauische Nationalspieler Benas Šatkus zur neuen Saison die dringend benötigte Frische in die Verteidigung vor dem meist überzeugenden Torhüter und Publikumsliebling Philipp Kühn, an dem wohl auch in der kommenden Saison kein Vorbeikommen sein wird. Wie junge Neuzugänge in das VfL-Spiel integriert werden können, zeigen die positiven Beispiele in der Außenverteidigung. Dort überzeugten Omar Haktab Traore und Florian Kleinhansl über weite Teile der Saison, präsentierten sich laufstark und hin und wieder auch torgefährlich.

VfL-Kader muss breiter werden

Ein weiterer wichtiger Aspekt, der in der Transferphase berücksichtigt werden sollte, ist die Kaderbreite: Bestes Beispiel ist erneut Meister Magdeburg, der den VfL im letzten Saisonspiel mit einer halben B-Elf überrollte. Angesichts der finanziellen Lage und der geschilderten positiven Erfahrungen wird der VfL dabei auch in diesem Transferfenster voraussichtlich eher auf junge Spieler aus der Regionalliga setzen. Erfahrene Spieler wie ein Terrence Boyd (Kaiserslautern) sind, das wissen auch die Verantwortlichen, schlichtweg nicht zu finanzieren. Dies hat zwar zur Folge, dass der VfL sich auch in der kommenden Saison wieder mit finanziell überlegenen Gegner konfrontiert sieht, doch es gibt genügend Beispiele im Profifußball wie auch der Osnabrücker Weg erfolgreich sein kann. Dabei ist allerdings auch eine realistische Erwartungshaltung von Nöten, die eben auch umfasst, dass der VfL aktuell noch nicht zweitligareif ist.

Was ist zu erwarten?

Ob der VfL Osnabrück in der kommenden Saison zum Aufstiegsaspiranten wird, ist bei einem erneut ausgeglichenen Teilnehmerfeld, zu dem auch Dynamo Dresden wieder gehört, kaum vorherzusagen. Eine positive Entwicklung wäre, wenn Spieler wie Klaas, Kunze, Kleinhansl oder Neuzugang Engelhardt den nächsten Karriereschritt gehen und diesen auch mittelfristig beim VfL absolvieren. Hinzu kommen dann ebenfalls mittelfristig bessere Trainingsbedingungen dank eines neuen Zentrums. Die Aussichten könnten also aus fußballerischer Sicht definitiv schlechter sein. Gelingt es den Verantwortlichen den Kader in der Spitze und vor allem in der Breite weiterhin zu verbessern, könnte es auch in der kommenden Saison wieder des Öfteren an der Bremer Brücke knistern. Ein wichtiger Erfolg wäre dabei die Qualifikation für den DFB-Pokal, sei es über Platz vier in der Liga oder den Landespokal. Auf dem Weg des Vereins zurück in Liga zwei dürfte ein solcher Erfolg finanziell sehr helfen. Wie sich der VfL dazu in Stellung bringt, wird sich in den kommenden Wochen und Monaten noch weiter zeigen.


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Maurice Guss
Maurice Guss
Maurice Guss absolvierte im Herbst 2019 ein Praktikum bei der HASEPOST. Im Anschluss berichtete er zunächst als freier Mitarbeiter über spannende Themen in Osnabrück. Seit 2021 arbeitet er fest im Redaktionsteam und absolviert ein Fernstudium in Medien- und Kommunikationsmanagement. Nicht nur weil er selbst mehrfach in der Woche auf dem Fußballfeld steht, berichtet er besonders gerne über den VfL Osnabrück.

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