Kommentar: Katharina Pötter gewinnt mehr als deutlich gegen grüne Überraschungskadidatin

Am Ende des Wahlabends stand ein Ergebnis auf den Monitoren auf der Wahlparty in der Lagerhalle, das kein Herumdeuteln mehr erlaubt: Die Osnabrückerinnen und Osnabrücker haben sich mehr als deutlich für die Osnabrückerin Katharina Pötter als ihre neue Oberbürgermeisterin entschieden.

Die aus Bad Iburg stammende und vor der Bekanntgabe ihrer Kandidatur für das höchste Amt der Stadt politisch an der Hase nicht öffentlich in Erscheinung getretene Annette Niermann, konnte auch in der Stichwahl nicht begeistern und erreichte lediglich 43,91% der abgegebenen Stimmen (Pötter: 56,09%)*.

Eine Wahlanalyse von Heiko Pohlmann

Pötter-Sieg kündigte sich bereits vor zwei Wochen an

Ein Ergebnis, das sich bereits nach dem ersten Wahlgang vor zwei Wochen deutlich abgezeichnet hatte, als nur 26,64% der Wähler für Annette Niermann stimmten, während die Kandidatinnen und Kandidaten der Osnabrücker Grünen in der Kommunalwahl mit insgesamt 29,01% das beste Ergebnis ihrer Geschichte erreichten.
Katharina Pötter konnte sich da bereits deutlich von der eigenen Partei abkoppeln. Während lediglich 25,47% der Wahlstimmen in der Kommunalwahl an die CDU gingen, erreichte Katharina Pötter eine um mehr als 10% höhere Zustimmung (35,57%) im ersten Wahlgang. Eine Oberbürgermeisterin also, die weit mehr als nur die Wähler der CDU überzeugen kann.

Grüne beklagen mediale Begleitung ihrer Kandidatin

Dass aus Reihen der Grünen die mediale Begleitung der zwei Wochen vor der Stichwahl am Rande der Wahlparty in der Lagerhalle als “mit Dreck geschmissen” bezeichnet wurde, zeugt von einem Realitätsverlust, der vermutlich vor rund einem Jahr eingesetzt hatte, als man sich auf das Wagnis der Niermann-Kandidatur eingelassen hatte.

Überraschungskandidatin aus dem Südkreis war eine Fehlbesetzung

Lange galt Volker Bajus, gebürtig zwar auch kein Osnabrücker, aber als Fraktionsvorsitzender der Grünen Ratsfraktion und Landtagsabgeordneter fest in der lokalen und regionalen Politik verwurzelt, zumindest in der Rathaus-Gerüchteküche als “der gesetzte Kandidat” der Grünen für diese Oberbürgermeisterwahl. Ein Kandidat, der nicht nur einen Wohnsitz innerhalb der Stadtgrenzen, sondern auch fachlich “das Zeug” dazu gehabt hätte grüner Rathauschef zu werden.
Warum Bajus nicht antrat und ob es vielleicht der kuriose und leistungsverachtende Zeitgeist der Grünen war, bei jeder Kandidatenfestlegung eine Frau einem Mann vorzuziehen, ist nicht bekannt.
Jedenfalls präsentierten die Grünen zur Überraschung vieler Beobachter bereits kurz nach dem vergangenen Jahreswechsel die außerhalb ihrer Südkreisgemeinde und grüner Filterblasen, zumindest in der Stadt Osnabrück, völlig unbekannte Kleinstadtbürgermeisterin aus Bad Iburg (gut 10.000 Einwohner) als ihre OB-Kandidatin, statt den zwar durchaus polarisierenden aber lokalpolitisch sehr versierten Volker Bajus aus den eigenen Reihen.
Die Quittung dafür gab es vor zwei Wochen, als das trotz grüner Welle schwache Abschneiden der Importkandidatin das noch schwächere Abschneiden bei der Stichwahl bereits vorwegnahm.

SPD empfahl trotz inhaltlicher Differenzen Niermann

Da half auch die Unterstützungserklärung der SPD nichts, mit der ihre bei der Kommunalwahl auf das schlechteste Ergebnis sei Parteigründung schwindenden Anhängerschar, auf die Grüne Kandidatin umgelenkt werden sollte.
Viel zu offensichtlich war vielen SPD-Anhängern wohl, dass die Schnittmengen zwischen dem Programm des SPD-OB-Kandidaten Frank Henning mit den Zielen von Katharina Pötter viel größer waren als die Utopien der Annette Niermann, deren Forderung nach einer autofreien Innenstadt doch sehr stark nach dem umstrittenen grünen Stadtbaurat klangen, statt nach der benötigten Zukunftssicherung in der Post-Corona-Zeit.
Dass Frank Henning bei der öffentlichen Bekanntgabe dieser Wahlempfehlung fehlte, war vielleicht kein Zufall…

SPD viel näher an Katharina Pötter als an den Grünen

Trotz hoher Zustimmungswerte in der Stichwahl wird es Katharina Pötter allerdings nicht leicht haben mit den inzwischen zur stärksten Ratsfraktion angewachsenen Grünen. Es sei denn, die Osnabrücker SPD erinnert sich an das Wahlprogramm ihres OB-Kandidaten Frank Henning und erkennt die inhaltliche Nähe zur neuen Oberbürgermeisterin.

Eine schwarz-rote Zählgemeinschaft könnte schaffen, woran Amtsvorgänger Wolfgang Griesert immer wieder gescheitert ist: Die von den Osnabrücker Grünen angeführte Blockadehaltung gegen eine sachorientierte und an den Realitäten einer finanzschwachen kleinen Großstadt orientierte Politik, in der es zum Beispiel einen schnell umgesetzten Fahrradweg rund um den gesamten Wallring braucht, aber kein nur wenige hundert Meter langes Prestigprojekt auf dem Nachhauseweg des Stadtbaurats, in dem sämtliche Bau- und Budgetstandards so überstrapaziert wurden, dass ein Weiterbau in der dort praktizierten Bauausführung niemals über eine längere Strecke finanziert werden kann.

Zusammen mit der SPD könnte Katharina Pötter Osnabrück voranbringen, mit realistischer Orientierung an der Sache und den finanziellen Möglichkeiten der Stadt, statt ideologisch verbrämter Symbolpolitik.
Dazu müsste sie allerdings auch deutlich härter gegen verwaltungsinterne Quertreiber vorgehen, als es ihr Amtsvorgänger bislang getan hat, der zu oft auf falsche und nur oberflächliche Harmonie in der Verwaltung setzte und Fehlbesetzungen an der Verwaltungsspitze nicht korrigieren wollte.

Titelfoto: Lukas Brockfeld

* alle Wahlergebnisse Stand: 26.09.2021, 23:00 Uhr


Hier finden Sie alle bislang erschienenen Meinungsbeiträge.

[Gruß vom Herausgeber] Liebe Leserin, lieber Leser, schön, dass Sie es bis hier ganz unten geschafft haben. Ein paar Zeilen weiter finden Sie noch den obligatorischen Hinweis, dass gekennzeichnete Meinungsbeiträge stets ausschließlich die Meinung des Autors wiedergeben. Aber ich möchte diesem förmlichen Disclaimer noch etwas hinzufügen. Natürlich haben Sie, wie auch ich und jeder andere Leser, eine eigene Meinung. Vielleicht weicht Ihre Meinung fundamental von diesem oder einem anderen bei uns veröffentlichten Kommentar ab, vielleicht stimmen Sie aber auch vollkommen zu oder aber Ihre Meinung ist „irgendwo dazwischen“.
Vielleicht kann ein Kommentar in der Hasepost dabei helfen neue Gedanken zu denken oder bestehende An- und Einsichten nochmals zu überdenken, dann haben wir und unsere Autoren etwas richtig gemacht und ganz generell zum Denken angeregt.

„Denken ist schwer, darum urteilen die meisten“ (C. G Jung).
Bitte denken Sie mehr, Ihr Heiko Pohlmann.


Als Kommentar, Kolumne, Meinungsbeitrag oder Satire gekennzeichnete Beiträge geben stets ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder, nicht die der gesamten Redaktion.


Liebe Leserin und lieber Leser, an dieser Stelle zeigen wir Ihnen künftig regelmäßig unsere eigene Kommentarfunktion an. Sie wird zukünftig die Kommentarfunktion auf Facebook ersetzen und ermöglicht es auch Leserinnen und Lesern, die Facebook nicht nutzen, aktiv zu kommentieren. FÜr die Nutzung setzen wir ein Login mit einem Google-Account voraus.

Diese Kommentarfunktion befindet sich derzeit noch im Testbetrieb. Wir bitten um Verständnis, wenn zu Beginn noch nicht alles so läuft, wie es sollte.

 
Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann gründete die HASEPOST 2014, basierend auf dem unter dem Titel "I-love-OS" seit 2011 erschienenen Tumbler-Blog. Die Ursprungsidee reicht auf das bereits 1996 gestartete Projekt "Loewenpudel.de" zurück. Direkte Durchwahl per Telefon: 0541/385984-11

Diese Artikel gefallen Ihnen sicher auch ...Lesenswert!
Empfohlen von der Redaktion