Seit dem 1. Januar 2022 geht Tübingen einen bundesweit viel beachteten Weg: Die Stadt erhebt eine kommunale Verpackungssteuer auf Einwegmaterialien. Betroffen sind Verkaufsstellen, die Speisen oder Getränke für den sofortigen Verzehr oder zum Mitnehmen anbieten. Für jede Einwegverpackung oder jedes Einweggeschirr werden in der Regel 50 Cent fällig, für Einwegbesteck weitere 20 Cent – netto. Wer stattdessen auf Mehrweg setzt, zahlt nichts. Ziel der Steuer ist klar: weniger Müll, mehr Mehrweg.
Gerichte geben grünes Licht
Die Steuer sorgte von Anfang an für Widerstand, insbesondere aus der Systemgastronomie. Nach mehreren Rechtsstreitigkeiten steht jedoch fest: Die Verpackungssteuer ist rechtlich zulässig. Sowohl das Bundesverwaltungsgericht als auch das Bundesverfassungsgericht bestätigten grundsätzlich das Modell der Stadt Tübingen.
Keine Deckelung, trotz gegenteiligen Berichts der HASEPOST
Immer wieder kursiert die Behauptung, die Verpackungssteuer sei in Tübingen auf 1,50 Euro pro Bestellung gedeckelt. So wurde es auch in einem Artikel der HASEPOST vom 15. Dezember dargestellt. Diese Darstellung ist jedoch falsch. Nach Angaben des Bundesverbands der Systemgastronomie gibt es keine solche Obergrenze.
Der Ursprung des Missverständnisses liegt in einer früheren Regelung der Stadt Tübingen selbst. Die baden-württembergische Stadt hatte zunächst eine maximale Verpackungssteuer von 1,50 Euro pro Einzelmahlzeit vorgesehen. Diese Deckelung wurde jedoch vom Bundesverwaltungsgericht kassiert. Die Begründung: Eine Obergrenze widerspreche dem Ziel der Abfallvermeidung und lasse offen, ab wann überhaupt von einer Einzelmahlzeit gesprochen werden könne. Sammelbestellungen in Fast-Food-Läden sind somit nicht möglich. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte diese Einschätzung später. Seitdem gilt: Jede Einwegkomponente zählt, ohne Limit.
Was das konkret bedeutet
Das wird besonders anschaulich beim Blick auf ein klassisches Fast-Food-Menü. Wer bei McDonald’s ein Menü bestellt, zahlt für die Verpackung von Burger, Pommes, Sauce und Getränk jeweils 50 Cent. Kommt ein Trinkhalm dazu, werden weitere 20 Cent fällig. In Summe macht das 2,20 Euro Verpackungssteuer pro Menü. Für eine vierköpfige Familie sind das also 8,80 Euro, die für den Müll zusätzlich zu den jeweiligen Menüpreisen berechnet werden. Frühestens ab 1. Januar 2027 soll ein ähnliches Modell auch in Osnabrück eingeführt werden. Wie genau es ausgestaltet wird, ist allerdings noch unklar.
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